Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Von Pferdeflüsterern und Hobbyschraubern
Die SZ blickt hinter die Kulissen des großen Festumzugs am Sonntag
Die SZ blickte hinter die Kulissen des großen Festzugs am Sonntag.
LAUPHEIM - Ruhig hält Karo Krebsz die Zügel der braun-schwarzen, feingliedrigen Pferde. „Villia“und „Moritz“nehmen die Köpfe hoch und tänzeln auf der Stelle. Hinter ihnen steht Besitzer Johann Bosch und fädelt das Geschirr seiner Rösser auf die Achse des Wagens mit den „Laupheimer Talern“. Das Gefährt steht in Reih’ und Glied mit sechs weiteren Festwagen vor einer der großen Heimatfesthallen. Überall auf dem weitläufigen Gelände laufen Menschen hin und her, werden Pferde von Hängern geladen, gestriegelt und geschmückt, schlängeln sich Traktoren und Arbeitsfahrzeuge durch das Gedränge. In zwei Stunden fällt der Startschuss zum großen Festumzug.
Ein letztes kräftiges „Zurück“von Johann Bosch, ein leichter Klaps seiner Begleiterin, und die beiden reich geschmückten Warmblutpferde sind mit dem Wagen verbunden. Johann Bosch kommt seit 27 Jahren aus Schemmerberg nach Laupheim, um beim Heimatfest „vorzuspannen“. Er weiß, wie die meisten Kutscher, Teilnehmer und Helfer, wo er parken kann und wo er „seinen“Festwagen findet. Bei Fragen wendet er sich an die Heimatfestfreunde. Seit acht Uhr sind diese am Bauhof, um die Wagen vor den Hallen in Position zu bringen und letzte Handgriffe zu tun. „Es gibt eine große Excel-Tabelle, in der genau drin steht, welcher Wagen wo für welches Gespann bereit steht“, sagt Thomas Röhrl, der Vorsitzende der Heimatfestfreunde. „Aber bei uns funktioniert fast alles noch durch direkte Kommunikation – man schwätzt halt miteinander.“
Auf dem Stellplatz neben dem Talerwagen geht Jörg Habermann in die Knie und sieht ein letztes Mal nach den Schrauben eines grün-roten Erntegeräts mit spinnenartigen Gliedern. Die Sämaschine aus dem Jahr 1920 ist das erste Mal beim Festumzug dabei. Etwa 1000 Arbeitsstunden haben Habermann und seine Freunde von der Schigger-Bude Laupheim in die Restaurierung gesteckt. Da alle Teile perfekt sitzen, können sich die Jungs zurücklehnen und dem bunten Treiben gelassen zusehen.
Mittlerweile haben viele Kutscher ihre Pferde zu den Wägen geführt und angespannt. Schwere Kaltblüter schütteln die Köpfe, das Klingeln unzähliger Glöckchen schallt über die Höfe und durch die Hallen. Die Zurufe der Menschen werden lauter, Bewegungen schneller und aufgeregter. Der Rauch aus Öfen und Traktorschloten vermischt sich mit einem strengen Zitronengeruch – Bremsenmittel für Pferde und Kutscher. Die ersten Wagen setzen sich in Bewegung, fahren rechts oder links am Feuerwehrhaus vorbei und fädeln sich in den Straßenverkehr ein. Zwei Polizisten stehen bereit und machen den Autofahrern unmissverständlich klar, welche Pferdestärken am Heimatfest Vorfahrt haben.
Johann Bosch lenkt seinen Talerwagen schwungvoll um die Kurve, muss aber nach wenigen Metern an die Seite fahren und kommt auf dem Gehweg zum stehen. Karo Krebsz schwingt sich vom Bock und rennt zum Bauhof zurück. „Peitsche vergessen“, kommentiert Bosch und lacht. Seine Kollegen winken ihm scherzend zu und lenken ihre großen und kleinen Gefährte geschickt vorbei.
Jeder Teilnehmer des Umzugs bekommt einen festen Platz zugewiesen. Die großen Wagen reihen sich in der Langen Straße auf; alle paar Minuten gibt es ein abenteuerliches Überholmanöver, damit jeder in die richtige Position kommt. Fußgruppen versammeln sich in den zulaufenden Seitengassen, die Musiker stellen sich in der Abt-Fehr-Straße auf.
Zwölf Umzugshelfer sind an verschiedenen Orten positioniert und sorgen dafür, dass alle richtig stehen, laufen und fahren. Hannes Maucher, der Leiter der Festzugskommission, hat den Überblick über die Organisation. „Bei der Aufstellung kommt alles zusammen, monatelange Arbeit und Planung, jahrelange Erfahrung – alle sind konzentriert“, sagt er. „Ein bisschen chaotisch wird es erst beim Auflösen des Zuges, wenn das Protokoll vor Euphorie und Aufregung gern mal vergessen wird.“