Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Long live our Teaching-Queen
Janet Weiß hat 44 Jahre an der Volkshochschule Laupheim Englisch unterrichtet
LAUPHEIM - „Der Teufel hole diese Leute und ihre Sprache“, lästerte der Dichter Heinrich Heine über die Briten und ihre in seinen Ohren schwer verständliche Art zu reden. Darüber amüsiert sich Janet Weiß königlich. 44 Jahre hat sie an der Laupheimer Volkshochschule Englischkurse gegeben, und kaum weniger rekordverdächtig ist, dass die meisten Teilnehmer jahrzehntelang bei der Stange blieben. Freundschaften fürs Leben sind so entstanden.
Am Mittwoch ist Janet Weiß, 1946 in der englischen Grafschaft Cheshire geboren, als Dozentin verabschiedet worden. Der Vormittagskurs schwenkte Union Jacks und widmete seiner „Teaching-Queen“einen selbstgetexteten Goodbye-Song. Sarah Wuttke vom VHS-Team überreichte Blumen und eine Ehrenurkunde, die Janet Weiß lebenslangen gebührenfreien Zugang zu den Angeboten der Volkshochschule garantiert. Der zweite, noch länger existierende Kurs kam am Abend in der Schranne zusammen, um auf das Wohl der Lehrerin anzustoßen und in Erinnerungen zu schwelgen.
Sichtlich gerührt schilderte Janet Weiß, wie sie 1973 an einem nebelverhangenen Sonntag erstmals nach Laupheim kam und mit ihrem Mann das Gymnasium suchte, an dem er künftig unterrichten sollte: „Da liefen Hühner über die Straße und ich sagte mir: Hier bleibe ich bestimmt nicht lange.“Von wegen! Gottfried Weiß war bis zu seiner Pensionierung am CLG. Und seine Frau, die in Bingley (West Yorkshire) Englisch und Französisch für das Lehramt studiert hat, wurde als Nachfolgerin von Konrektor Josef Braun eine Institution an der VHS.
Von der ersten Stunde an saß Jürgen Hattebuhr in ihrem Kurs. „Ich habe im Flugzeugbau gearbeitet“, erzählt er. „Da wird vieles auf Englisch bezeichnet und dafür wollte ich fit sein.“Auch andere Kursteilnehmer trachteten danach, ihre Englischkenntnisse für berufliche Zwecke zu erweitern. Die pure Freude an Fremdsprachen hat dagegen Alfred Ehrhart bewogen, 1976 zum Abendkurs zu stoßen. Mit 90 Jahren ist er jetzt der Senior.
Englische Grammatik und den korrekten Gebrauch der Zeiten hat Janet Weiß ihren Schülern vermittelt, britische Geschichte und Landeskunde; sie hat ihnen Dickens und Jane Austen näher gebracht und Konversation betrieben. Ein Dauerthema waren – of course! – die Royals. „In den Kursstunden ging es immer konzentriert zur Sache“, berichtet Anita Krattenmacher. „Danach sind wir immer eingekehrt.“
Aus Kursteilnehmern wurden Freunde
Womit angedeutet ist, wie es zu einer derart langen gemeinsamen Wegstrecke kommen konnte: In Janet Weiß’ Gruppen ist etwas gewachsen, das weit über den Englischunterricht hinaus reicht. Dozentin und Schüler feiern zusammen, gehen gemeinsam ins Kino oder Restaurant, helfen sich gegenseitig in vielen Lebenslagen, sprechen einander Mut und Trost zu. Für die VHS-losen Wochen im Jahr wurde jeweils ein Ersatzprogramm vorbereitet. „Aus Kursteilnehmern wurden Freunde“, brachte es Janet Weiß am Mittwoch auf den Punkt. „Freunde, auf die man sich verlassen kann.“Beste Freundinnen wie Renate Kiesle und Thea Feuerer, die sich in den 1980er-Jahren auf einer EnglandExkursion kennenlernten und das Hotelzimmer teilten. Und so verwundert es nicht, dass die Kursteilnehmer sich immer von Neuem angemeldet haben und nur selten ein Platz frei wurde. Anfragen gab es genug.
Apropos: Gereist sind Janet Weiß und ihre VHS-Schüler gern und regelmäßig. In die Metropole London – of course! –, aber auch in den Südwesten Englands, nach Schottland und Irland, auf Shakespeares Spuren, in die türkische Heimat eines Kursteilnehmers und in die Heimat der Dozentin. Noch heute schwärmen sie von einem „Barn Dance“in Cheshire, eine jener geselligen Tanzveranstaltungen nach alter Tradition. Und auch jetzt, zum guten Schluss, stand noch einmal eine London-Reise an.