Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Spiegel der Sinne

Charlotte Mumm aus Amsterdam experiment­iert im Projektrau­m Putte mit Kontrasten

- Von Florian L. Arnold

NEU-ULM - Wer den Non-ProfitProj­ektraum für aktuelle Kunst in Neu-Ulm „Putte“derzeit betritt, sieht Hände. Der ganze Boden ist mit einer Fotocollag­e der in Amsterdam lebenden Charlotte Mumm bedeckt, auf dem die Hände der Künstlerin zu sehen sind, dicht an dicht, mehr Geflecht oder Gewächs als Teil des menschlich­en Körpers. Diese Art von „Irritation“ist ganz nach dem Geschmack der 1980 geborenen Künstlerin, die bis zum 15. Juli den Projektrau­m mit Installati­onen und Objekten bespielt.

Mumm, die als Meistersch­ülerin bei Urs Lüthi studierte, interessie­rt sich für Materialie­n und Materialko­ntraste. Glas und Beton sieht man in der Putte gekoppelt. Andere Kontraste sind etwa Schwere und Leichtigke­it, die in der Ausstellun­g blickfange­nd im Eingang ihr Kontrastsp­iel entfalten: Betonlinse­n werden durch signalrote Stoffbände­r so miteinande­r gekoppelt, dass sie ausbalanci­ert über dem Kopf des Betrachter­s schweben; verkleiner­te Varianten dieser Arbeit sind auch im zweiten Raum zu sehen, vis-à-vis einer Wand mit austreiben­den (Bio-)Kartoffeln. Das „Bio“ist in diesem Fall wichtig, wie Galerielei­terin Janina Schmid erläutert: „Die Supermarkt­kartoffeln treiben nicht aus. Sie trocknen irgendwann, aber sie treiben nicht“. Sie sind also nicht mehr natürlich. Gerade die Triebe der Kartoffeln aber sind es, die für die Installati­on wichtig sind – nicht nur, weil sie farblich sehr ähnlich wirken zu dem Hände-Mirakel am Boden. „Jede Kartoffel ist ein Individuum, da ist viel Körperlich­es und Lebendiges“, sagt Mumm zum Reiz der Pflanze in der Installati­on. Zugleich will sie in dieser Arbeit auch den Irrwitz transporti­eren, der dem menschlich­en Umgang mit Natur und Ressourcen zugrunde liegt.

Paradoxien sind ein weiteres Phänomen, dem die junge Künstlerin nachspürt. Dass jedes Objekt, jede Installati­on durch die Fantasie des Betrachter­s anders wirken kann, ist intendiert. So spielt jeder Betrachter eine Art „Grammatik des Raumes“durch, während er sich mit den Kontrasten von schön-hässlich, hart-weich, hell-dunkel befassen muss. Die „schöne Imperfekti­on“ist es, die Mumm tatsächlic­h sucht und darstellt, die Intimität des Verletzlic­hen. So geht man am Ende mit der Frage aus dieser Ausstellun­g heraus, was man wirklich gesehen hat – und was sich in der eigenen Fantasie wie von selbst zusammense­tzte.

„Die Vorstellun­g meiner Hände“ist bis 15 Juli freitags von 16 bis 20 und samstags von 14 bis 18 Uhr zu sehen.

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FOTO: FLORIAN ARNOLD Leicht und schwer: eine Impression aus „Die Vorstellun­g meiner Hände“in der Putte. Im Glas spiegelt sich die Künstlerin.

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