Schwäbische Zeitung (Laupheim)

150 Jahre im Zeichen eines Erfolgsmod­ells

Volksbank Raiffeisen­bank Laupheim-Illertal feiert Jubiläum und die genossensc­haftliche Idee

- Von Roland Ray

LAUPHEIM - Mit einer Gala im Kulturhaus hat die Volksbank Raiffeisen­bank Laupheim-Illertal am Freitag ihr 150-jähriges Bestehen gefeiert. Die Festredner priesen die Robustheit und ungebroche­ne Aktualität des genossensc­haftlichen Prinzips.

„Was einer allein nicht schafft, das schaffen viele“: Dieser Gedanke stand schon bei der Gründung des „Landwirtsc­haftlichen Kreditvere­ins zu Erolzheim“am 11. Januar 1868 und der „Gewerbeban­k Laupheim“wenige Monate später Pate. Sie fiel in eine Zeit politische­r Umbrüche und eines radikalen ökonomisch­en Wandels, blickte der Vorstandsv­orsitzende der VR-Bank Laupheim-Illertal, Dieter Ulrich, vor 350 geladenen Gästen zurück. Die Industrial­isierung veränderte die Lebensbedi­ngungen und die Warenprodu­ktion rasant. Die einfache Bevölkerun­g führte ein hartes Leben, oft war es ein Kampf ums Überleben.

Genossensc­haftlich organisier­te Darlehensk­assen und Sparverein­e sollten die Nöte lindern; Vordenker waren der Jurist und Sozialrefo­rmer Hermann Schulze-Delitzsch (1808 1883) und der preußische Kommunalbe­amte Friedrich Wilhelm Raiffeisen (1818 - 1888). Im Fokus standen dabei Hilfe zur Selbsthilf­e, Selbstvera­ntwortung und Selbstverw­altung. Indem gut situierte Bürger ihre Ersparniss­e den Spar- und Kreditvere­inen anvertraut­en, konnten Handwerker, Bauern und Kleingewer­betreibend­e das Kapital für notwendige Anschaffun­gen leihen.

Glücklich über Besuch aus USA

An der Gründung der Laupheimer Gewerbeban­k, wie ihr Erolzheime­r Pendant Keimzelle der heutigen VRBank, waren jüdische Bürger maßgeblich beteiligt. Besonders die Familie Heumann spielte mehr als 60 Jahre – bis zur Machtergre­ifung durch die Nationalso­zialisten – eine bedeutende Rolle. 19 Nachkommen aus Amerika feierten am Freitag das Jubiläum mit. Ulrich erinnerte an das Schicksal des Bankdirekt­ors Richard Heumann, 1942 in Auschwitz ermordet, und zeigte sich „glücklich und dankbar, dass die Enkel, Urenkel und Ururenkel sich wieder auf den Weg nach Laupheim gemacht haben und uns bereits zum dritten Mal besuchen“.

„Unser Bankhaus hat zwei Weltkriege, drei Währungsre­formen und mehrere Finanzkris­en überstande­n“, blendete Ulrich über in die Gegenwart. Die heutige Bank mit 50 000 Kunden und 27 000 Mitglieder­n sei in den vergangene­n Jahren trotz schwierige­r Rahmenbedi­ngungen enorm gewachsen. „Wir sind uns der Verwurzelu­ng in der Region bewusst und leisten mit Überzeugun­g unseren Beitrag zum Gemeinwohl“, betonte Ulrich. Die Präsenz in der Fläche bleibe Dieter Ulrich, Vorstandsv­orsitzende­r der VR-Bank Laupheim-Illertal

ein wichtiger Punkt. Auch in Zukunft baue man auf ein solides Fundament und eine „wundervoll­e Idee“: Gemeinscha­ft.

In allen Krisen bewährt

„You’ll never walk alone“: Diese Solidaritä­tsbekundun­g aus der Welt des Fußballs beschreibe trefflich das genossensc­haftliche Prinzip, sagte Oberbürger­meister Gerold Rechle, Festredner des Abends. 2017 sei dieses Prinzip auf die Unesco-Liste des immateriel­len Kulturerbe­s der Menschheit gesetzt worden. „Es ist ein Erfolgsmod­ell“, basierend auf dem Leitbild des ehrbaren Kaufmanns, betonte Rechle. Die Genossensc­haftsbanke­n hätten sich in allen Krisen bewährt, „sie sind zuverlässi­g

und lassen ihre Mitglieder nicht im Regen stehen, wenn es mal ungemütlic­h wird“. Dank der festen Verankerun­g vor Ort wüssten die Bankmitarb­eiter aus erster Hand, worüber sie zu urteilen und zu entscheide­n haben. Diese Kundennähe sei eine eindeutige Stärke, und „Verwurzelu­ng schafft Vertrauen“. Er sei überzeugt, so Rechle, dass dieses Geschäftsm­odell künftig eine noch stärkere Anziehungs­kraft entfalten werde, nicht zuletzt im Spiegel der Finanzmark­tkrise.

Die VR-Bank Laupheim-Illertal nannte der OB einen bedeutende­n Pfeiler in der Geschichte der Stadt und der Region. Er würdigte auch das soziale Engagement der Bank, die regelmäßig­e Förderung von Vereinen und caritative­n Institutio­nen und die Unterstütz­ung beim Carl-LaemmlePro­duzentenpr­eis. Als Geschenk hat Rechle einen Gingko-Baum gewählt, Symbol der Hoffnung und Freundscha­ft. „Vielleicht wird er ja im Schlosspar­k gepflanzt.“

Die von der SWR-Journalist­in Andrea Müller moderierte Gala wartete mit einer Vision auf: „Frieda“, ein sprechende­r Roboter, der dereinst bei der Kundenbetr­euung zum Einsatz kommen könnte, gab Kostproben ihrer Kommunikat­ionsfähigk­eit. Eine Gesprächsr­unde auf der Bühne bekräftigt­e den Stellenwer­t des Genossensc­haftsgedan­kens. „Er ist absolut zeitgemäß“, urteilte Gerhard Schorr, Direktor des baden-württember­gischen Genossensc­haftsverba­nds. Im Zeitalter fortschrei­tender Digitalisi­erung wird die Idee nicht zuletzt von jungen Bankmitarb­eitern wie Olivia Rehmann gelebt. „Wir machen Banking von Menschen für Menschen“, unterstric­h der Aufsichtsr­atsvorsitz­ende der VR-Bank Laupheim-Illertal, Alexander Schöllhorn.

Musikalisc­he Glanzlicht­er setzten das Salon-Trio der Musikschul­e (Richard Brenner, Petr Hemmer, Helmut Zeihsel) und Interprete­n aus dem Carl-Laemmle-Musical „Makin’ Hollywood“: Sarah Schick, Marisa Hartelt, Annika Leanyvari und David Oesch trugen einige der schönsten Songs vor. Mit einer Feuershow im Schlosshof begeistert­e Stephan Schneider aus Blaubeuren. Bewirtet wurden die Gäste von heimischen Caterern, mit Produkten aus der Region.

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FOTOS (4): VOLKER STROHMAIER Im Kulturhaus und im Schlosshof hat die Volksbank Raiffeisen­bank Laupheim-Illertal mit ihren Gästen gefeiert.
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