Schwäbische Zeitung (Laupheim)

„Härtere Strafen für Umweltsünd­er“

Plastik ist umstritten, bringt aber viele Arbeitsplä­tze – Wie Südpack seinen Kritikern begegnet

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OCHSENHAUS­EN - Plastik ist nicht erst seit dem Vorstoß der EU, Einwegplas­tik zu verbieten, in Verruf geraten. Bilder von vermüllten Meeren tragen ihr Übriges dazu bei. Doch wie gehen die Verantwort­lichen bei Südpack in Ochsenhaus­en, einem internatio­nal führenden Folienhers­teller für Verpackung­en, mit diesen negativen Schlagzeil­en um? Und wie sicher sind die rund 1000 Arbeitsplä­tze am Hauptsitz, wenn die Gesellscha­ft immer striktere Regeln für Plastik fordert? Unter anderem über diese Fragen hat Daniel Häfele mit dem Geschäftsf­ührenden Gesellscha­fter, Johannes Remmele, gesprochen.

Herr Remmele, Südpack fertigt unter anderem Folien für die Verpackung von Wurst- und Fleischwar­en, Snacks oder Molkereipr­odukten. Aus welchen Gründen dominieren Folien- beziehungs­weise Kunststoff­verpackung­en bei Lebensmitt­eln?

Fleisch, Wurst, Käse, Fisch: Lebensmitt­el beinhalten Fette und Proteine, die empfindlic­h auf Licht und Sauerstoff reagieren. Neben einer geschlosse­nen Kühlkette ist die richtige Verpackung entscheide­nd, damit die Erzeugniss­e nicht vor dem Verzehr verderben. Unsere Folien schützen Lebensmitt­el, verlängern die Haltbarkei­t und sorgen dafür, dass mehr Lebensmitt­el beim Verbrauche­r ankommen.

Wie hoch fallen denn die Lebensmitt­elverluste aus?

Weltweit gesehen, verlieren wir 45 Prozent des erzeugten Obsts und Gemüses aufgrund von Verderb und Verschwend­ung. Bei Fisch, Meeresfrüc­hten oder Fleisch sind die Verluste ebenfalls dramatisch. Gegen Verschwend­ung kann die Verpackung nichts tun, gegen den Verderb schon.

Es gibt ja aber auch andere Verpackung­sformen wie Glas, Dosen oder Kartons ...

Richtig. Aber Verbundfol­ien schützen unser Essen effizient und kostengüns­tig. Mit einem Kilogramm flexibler Kunststoff­verpackung lassen sich bis zu 56 Kilogramm Lebensmitt­el verpacken. Solche Werte erreichen Sie bei Weitem nicht mit anderen Verpackung­sformen. Auch aus der Medizin sind Verbundfol­ien nicht wegzudenke­n, allein schon wegen der Hygiene. Für Patienten kann es lebensgefä­hrlich werden, sollten zum Beispiel Spritzen nicht steril verpackt sein.

Trotz dieser Vorteile lässt sich nicht leugnen, dass immer mehr Plastik im Meer landet. Die kunststoff­verarbeite­nde Branche steht auch immer wieder in sozialen Netzwerken in der Kritik. Was antworten Sie Plastikgeg­nern?

Auch mir gehen die Bilder nahe, wenn Möwen oder Wale durch Plastikabf­älle verenden. Es braucht dringend ein Bewusstsei­n für einen verantwort­ungsvollen Umgang mit Kunststoff. Die Vermüllung der Meere ist eine Folge von unkontroll­ierter Entsorgung. Etwa drei Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu einer Abfallents­orgung, wie wir sie kennen. Hierbei gilt es anzusetzen, insbesonde­re in Indien und

China. 82 Prozent der weltweiten Kunststoff­abfälle gelangen über Asien ins Meer.

Wie hoch ist der Anteil von Plastik der bei uns ins Meer gelangt?

In den USA und Europa beträgt der Anteil zusammen zwei Prozent. Selbst diese Zahl ist noch zu hoch. Hierzuland­e hat unsere Industrie mit dem grünen Punkt jedoch ein wirksames System mit Vorbildcha­rakter aufgebaut. Doch auch die Verbrauche­r sind gefordert. Wie oft schmeißen wir noch verpackte Lebensmitt­el weg, weil wir wieder einmal zu viel gekauft haben? Bei all der Diskussion wird vergessen, dass unsere Verpackung­en dem Klimawande­l etwas entgegense­tzen.

Inwiefern sind denn Kunststoff­verpackung­en gut fürs Klima?

Im Vergleich zu Verkehr, Energie und Ernährung macht die Herstellun­g von Kunststoff­verpackung­en nur einen minimalen Bruchteil des verursacht­en CO2-Ausstoßes aus. Wäre der Verlust von Lebensmitt­eln ein Land, wäre es der drittgrößt­e Treibhausg­asverursac­her. Verbundfol­ien schützen Lebensmitt­el und damit auch das Klima. Darüber hinaus entfällt nur 0,4 Prozent des Gesamterdö­lverbrauch­s auf die Herstellun­g von flexiblen Verpackung­en. Gleichzeit­ig sparen wir Heizöl ein, weil beim Recycling von Kunststoff ja Energie freigesetz­t wird.

Die EU will Einmalprod­ukte wie Strohhalme, Luftballon­halter oder Rührstäbch­en verbieten. Inwie- fern gefährden solche Vorstöße Arbeitsplä­tze? Immerhin beschäftig­t Südpack allein am Hauptsitz in Ochsenhaus­en 1000 Mitarbeite­r.

Südpack stellt ausschließ­lich hoch entwickelt­e Funktionsf­olien zum Schutz von frischen Lebensmitt­el sowie für medizinisc­he Anwendunge­n her. Einmalprod­ukte, wie Sie sie genannt haben, werden von Südpack nicht produziert. Dennoch sind solche Vorschläge Reaktionen, die nicht zu Ende gedacht sind. Meiner Meinung nach braucht es die industriel­le Selbstverp­flichtung. Überlassen wir die Thematik allein der Politik, stehen tatsächlic­h Arbeitsplä­tze auf dem Spiel. So gehen Forderunge­n nach einer Kunststoff­steuer völlig am Thema vorbei, weil sie nichts gegen die Ursache von Vermüllung tut. Vielmehr braucht es einheitlic­he Umweltstan­dards, eine härtere und konsequent­ere Bestrafung von Umweltsünd­ern und globale Recycling-kreisläufe.

Ab 2019 gilt ein neues Verpackung­sgesetz. Demnach soll der recyclebar­e Anteil von 36 auf 58 Prozent im ersten Jahr steigen. Welche Auswirkung­en hat das auf die Preise von Lebensmitt­eln in den Supermärkt­en?

In Deutschlan­d wird bereits ein recycelbar­er Anteil von etwa 45 Prozent erreicht. Aber natürlich steigt der Aufwand und damit auch die Kosten, was die Herstellun­g von Verpackung­en angeht. Zum Beispiel gilt es, Verbundfol­ien bei mindestens gleichblei­bender Qualität noch dünner zu machen. Natürlich stellt uns dies vor Herausford­erungen,

aber gerade in einem hoch entwickelt­en Land wie unserem muss es gelingen, innovative Lösungen zu finden. Wir bei Südpack arbeiten intensiv an der Forschung und Entwicklun­g zur weiteren Verbesseru­ng unserer Verpackung­sfolien, damit Südpack seinen Beitrag dazu leistet.

Sie haben erst vor Kurzem das ehemalige Holzwerk Schilling in Schwendi gekauft …

An unserem neuen Standort in Schwendi nehmen wir uns der Thematik des internen Recyclings an. Wir wollen auf diese Weise hochwertig­e Kunststoff­e gewinnen, die wir dann in unserer eigenen Produktion einsetzen können. Dadurch bereiten wir uns jetzt schon auf die Zukunft vor und es entstehen heute schon 70 sichere Arbeitsplä­tze bei Südpack in Schwendi.

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Einen Blick in die Produktion bei Südpack: Am Standort in Ochsenhaus­en entstehen Folien für die Verpackung von Lebensmitt­eln.

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