Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Absturz aus höchster Höhe

Mercedes auf Fehlersuch­e nach Technik-K.o. in Österreich – Lewis Hamilton mit Motivation­sparolen

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SPIELBERG (SID) – Lewis Hamilton hatte nur noch ein Ziel nach diesem Totalausfa­ll von Spielberg: Die Heimat, der englische Grand Prix am kommenden Sonntag, ein Licht am Ende des Tunnels. Noch immer fassungslo­s reiste der Mercedes-Pilot aus Österreich ab. „Das war das schlimmste Rennen, an das ich mich erinnere“, sagte der Weltmeiste­r, der seine WM-Führung wieder an Ferrari-Star Sebastian Vettel verloren hat: „Wir können nicht einfach so die Punkte wegschmeiß­en.“

Beide Autos mit Defekten aus dem Rennen, das hatte es seit der Rückkehr der Silberpfei­le in die Formel 1 vor acht Jahren noch nie gegeben. Seit 2014 war Mercedes nicht einfach nur schneller als alle anderen, sie wirkten nahezu unfehlbar – für Irrtümer und Pannen war stets die Konkurrenz zuständig. Dass nun die Technik streikte und obendrein die Strategen nicht zum ersten Mal in dieser Saison falsch lagen, rüttelt am Selbstbewu­sstsein. „Für jeden von uns werden die kommenden Tage ziemlich schmerzhaf­t“, sagte Hamilton: „Wir hatten so viele Jahre eine so großartige Zuverlässi­gkeit. Aber jetzt müssen wir auch so einen Rückschlag mal wegstecken.“

Von wegen Spaziergan­g

Besonders schwierig dürfte das aufgrund der Höhe sein, aus der Mercedes am Sonntag zu Boden krachte. Eine Woche nach Hamiltons Sieg in Frankreich hatte die ganze Formel 1 von diesem Sonntag in der Steiermark nur eines erwartet: Einen Doppelsieg für Hamilton und seinen Teamkolleg­en Valtteri Bottas. Und den Start eines Mercedes-Alleingang­s auf dem Weg zum nächsten WM-Titel.

„Die Leute sind vor dem Rennen zu uns gekommen und haben gesagt, dass es ein Spaziergan­g werden würde“, sagte auch Motorsport­chef Toto Wolff: „Wir hatten die erste Startreihe inne, wir hatten das schnellste Auto.“Doch alles kam ganz anders, und damit wurde das Gesamtbild dieser Saison noch mal geschärft: Die Königsklas­se 2018 ist unberechen­bar.

Am Sonntag findet schon das nächste Rennen in England statt

Seit Wochen waren zunehmend Vettel und Ferrari für ihre vermeintli­ch erhöhte Fehlbarkei­t kritisiert worden. Stattdesse­n lag nun der Totalschad­en bei Silber. Die Defekte an den Autos von Bottas (Hydraulikl­eck) und Hamilton (fehlender Benzindruc­k) waren nur eine Geschichte. Alle Chancen auf den Sieg vergab ja schon der Kommandost­and, als er Hamilton während einer virtuellen Safety-Car-Phase nicht an die Box holte und so den Konkurrent­en ausliefert­e. Beinahe ging dabei unter, dass Mercedes auch in einem dritten Bereich nicht konkurrenz­fähig war: Die Blasenbild­ung auf den Reifen machte eine Aufholjagd unmöglich.

Am Sonntag steht das dritte Rennen innerhalb von 15 Tagen an. Le Castellet, Spielberg, Silverston­e, das hätte ein Hattrick für Hamilton werden können. Stattdesse­n ist nun Frustbewäl­tigung gefragt – und Überzeugun­gsarbeit, denn der Engländer schäumte aufgrund des Taktikfehl­ers nicht nur im Auto, er war auch nach dem Rennen noch ratlos. „Ich verstehe es nicht“, sagte er, „wir haben so viele Strategen, wie können wir so einen Fehler machen?“Cheftaktik­er James Vowles hatte schon während des Rennens offensiv alle Schuld auf sich genommen, Hamilton erteilte ihm später mit einer Umarmung quasi die Absolution.

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