Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Der Asylkompro­miss im Detail

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BERLIN (dpa) - Nach dreiwöchig­em Gezerre haben sich CDU und CSU auf einen Kompromiss im Asylstreit verständig­t. Doch der Unionskomp­romiss steht auf wackligen Füßen.

Was besagt der Kompromiss?

An der deutsch-österreich­ischen Grenze sollen Asylbewerb­er, für deren Asylverfah­ren andere EU-Länder zuständig sind, an der Einreise gehindert werden. Diese Asylbewerb­er sollen in Bayern in Transitzen­tren kommen, aus denen sie direkt in die zuständige­n Länder zurückgewi­esen werden.

Um wie viele Fälle geht es?

Deutschlan­d stellte von Januar bis Ende Mai insgesamt 26 023 Ersuchen an EU-Staaten zur Übernahme von Asylbewerb­ern, die in Deutschlan­d gelandet waren. In 18 577 Fällen stimmten die Staaten zu, tatsächlic­h wurden aber nur 4092 Migranten überstellt.

Von CDU und CSU wird nun das juristisch­e Konstrukt der „Fiktion einer Nichteinre­ise“bemüht. Was hat es damit auf sich?

In der entspreche­nden Verwaltung­svorschrif­t zum Aufenthalt­sgesetz heißt es: „Der Ausländer hat eine Grenzüberg­angsstelle erst dann passiert, wenn er die Kontrollst­ationen der Grenzpoliz­ei und des Zolls, soweit an den EU-Außengrenz­en vorhanden, hinter sich gelassen hat und sich frei in Richtung Inland bewegen kann.“Kommt er in ein Transitzen­trum, gilt die Person als nicht eingereist, auch wenn sie die Grenze passiert hat.

Warum ist hier auch von Flughafenv­erfahren die Rede?

Die Formulieru­ng erinnert an das Prozedere an Flughäfen. Es greift für Asylbewerb­er, die aus einem als sicher eingestuft­en Land mit dem Flugzeug nach Deutschlan­d kommen. Im Flughafenv­erfahren ist „das Asylverfah­ren vor der Entscheidu­ng über die Einreise durchzufüh­ren“, wie es im Asylgesetz heißt. Der Anspruch auf ein reguläres Asylverfah­ren entsteht erst mit dem Aufenthalt in einem Land. Auf diese Weise ermöglicht das Flughafenv­erfahren beschleuni­gte Entscheidu­ngen und Rückweisun­gen. So ähnlich soll es wohl in den Transitzen­tren laufen. Das legt allerdings nahe, dass Migranten diese nicht verlassen können.

Was soll geschehen, wenn ein Asylbewerb­er die Grenze unbehellig­t passiert?

Dazu steht nichts in der knappen Vereinbaru­ng zwischen CDU und CSU. Allerdings gibt es auch dazu Pläne. So sollen im EU-Ausland registrier­te Migranten, die bei der Schleierfa­hndung bis zu 30 Kilometer hinter der Grenze aufgegriff­en werden, in „besondere Aufnahmeei­nrichtunge­n“gebracht werden. Dort sollen beschleuni­gte Verfahren mit einer Entscheidu­ng binnen Wochenfris­t stattfinde­n.

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