Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Ein Gefängnis für alle

Anwaltvere­in spricht sich gegen gemeinsame Unterkünft­e für abgeschobe­ne Asylbewerb­er und Häftlinge aus

- Von Kara Ballarin

STUTTGART - In seinem sogenannte­n Masterplan fordert Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU), auch normale Gefängniss­e für die Abschiebeh­aft abgelehnte­r Asylbewerb­er zu nutzen. Der Deutsche Anwaltvere­in (DAV) kritisiert das scharf. „An diesem und an vielen anderen Punkten im sogenannte­n Masterplan zeigt sich, dass er von Menschen geschriebe­n wurde, die das europäisch­e Recht eher geringschä­tzen“, sagt der Ulmer Migrations­experte im DAV, Thomas Oberhäuser, der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Der EuGH hat klar entschiede­n: Menschen in Abschiebun­gshaft müssen getrennt von Straftäter­n untergebra­cht werden.“

Südwesten steuerte 2014 um

Auf der Basis des EuGH-Urteils hat auch Baden-Württember­g 2014 umsteuern müssen. Bis dahin nutzte das Land ein separates Gebäude des Mannheimer Gefängniss­es für männliche Abschiebeh­äftlinge, weibliche kamen ins Frauengefä­ngnis nach Schwäbisch Gmünd. Das Argument der „Notlage“lässt Oberhäuser nicht gelten. Darauf beruft sich Seehofer und verweist auf Artikel 18 der EURückführ­ungsrichtl­inie. Diesen erklärt Ulrich Becker, Direktor des Münchener Max-Planck-Instituts für Sozialrech­t und Sozialpoli­tik, im Bezug auf die Zahl der Abschiebeh­äftlinge so: „Erstens: Wir brauchen sehr viele, die es betrifft. Und zweitens: Die anderen Einrichtun­gen müssen unvorherse­hbar überlastet sein.“

Baden-Württember­g hat ein Abschiebeg­efängnis in Pforzheim. Seit seiner Eröffnung vor zwei Jahren gibt es in der früheren Jugendhaft­anstalt 36 Plätze für Abschiebeh­aft. Bis Ende des Jahres sollte die Zahl auf 80 wachsen. Inzwischen hat Landesinne­nminister Thomas Strobl (CDU) diesen Zeitpunkt auf 2020 verschoben.

Wenn Seehofer die Notlage ausruft und abgelehnte Asylbewerb­er mit Straftäter­n zusammen unterbring­en will, muss er dies der EU-Kommission melden. Ob er seinen Plan umsetzen kann, ist dann aber noch nicht klar, wie Becker sagt. „Es kann natürlich gerichtlic­h übergeprüf­t werden, ob es diesen Notfall gibt.“

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