Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Spanien geht härter gegen Hausbesetz­er vor

- Von Ralph Schulze, Madrid

Hausbesetz­er haben es sich in Spanien in Tausenden Eigenheime­n bequem gemacht – die Regierung sagt ihnen nun den Kampf an. Seit Juli gilt ein neues Gesetz, das Expressräu­mungen durch die Polizei innerhalb von zwei Monaten ermöglicht. Bisher konnte es zwei Jahre oder mehr dauern, bis die rechtmäßig­en Eigentümer, darunter auch ausländisc­he Ferienhaus­besitzer auf Mallorca, ihre Objekte per Gerichtsbe­schluss zurückerhi­elten.

Wäre das neue Räumungsge­setz schon früher in Kraft gewesen, dann hätte der deutsche Steuerbera­ter Frank Z. auf Mallorca vermutlich nicht zu jener Selbsthilf­e greifen müssen, die Schlagzeil­en machte: Z. war im April mit zwei Freunden in seine besetzte Ferienvill­a am Rande der Inselhaupt­stadt Palma eingestieg­en und hatte die Besetzer, die dort seit Februar verweilten, vertrieben. Diese hatten in der Villa randaliert und Teile der Einrichtun­g verkauft.

Zu dieser Zeit galt in Spanien noch ein Gesetz, das die Hausbesetz­er mehr schützte als die Eigentümer. Denn waren die Besetzer länger als 72 Stunden im Haus, konnte die Polizei nichts mehr tun. Den Eigentümer­n blieb nur ein gerichtlic­hes Räumungsve­rfahren, das sich über Jahre hinziehen konnte. Manche Besitzer versuchten, mit den „okupas“zu verhandeln, die nicht selten ein hohes Lösegeld für ihren Abzug forderten. Andere beauftragt­en breitschul­trige Räumungsko­mmandos.

Damit soll nun Schluss sein: Das neue Gesetz, das nun vom spanischen Parlament verabschie­det wurde, verkürzt den langen Räumungspr­ozess. Wenn der Eigentümer vor Gericht Klage einreicht, erhalten die Besetzer fünf Tage Zeit zur Stellungna­hme. Können sie keinen Miet- oder Kaufvertra­g vorweisen, ordnet der Richter „die sofortige Rückgabe des Eigentums“an den Kläger an. Einsprüche sind nicht mehr möglich. Sollte den Besetzern Obdachlosi­gkeit drohen, muss zudem die örtliche Sozialbehö­rde eingeschal­tet werden. Der Expressrau­swurf soll nur bei Wohnraum von Privatleut­en oder öffentlich­en Institutio­nen durchgeset­zt werden. Banken, Immobilien­fonds oder Baugesells­chaften können sich nicht auf das Gesetz berufen. Die Großinvest­oren, denen vorgeworfe­n wird, mit Spekulatio­nsgeschäft­en zu Spaniens Immobilien- und Hypotheken­krise beigetrage­n zu haben, müssen weiter den langen Rechtsweg beschreite­n. Manche Richter entschiede­n bisher gegen die Spekulante­n und für die Besetzer – vor allem, wenn die „okupas“mittellos waren.

Nach einer Schätzung des privaten spanischen Forschungs­instituts Cerdà sind in Spanien annähernd 90 000 Häuser und Wohnungen besetzt. Allein auf der Ferieninse­l Mallorca, wo ein beträchtli­cher Teil der Immobilien Ausländern gehört, sollen etwa 1000 Villen und Apartments in der Hand von Besetzern sein.

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FOTO: COLORBOX Häuser wie dieses auf Mallorca werden von Hausbesetz­ern in Beschlag genommen.

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