Schwäbische Zeitung (Laupheim)

So fahren wir 2025

Autos der Zukunft – Experten wagen den Blick in die Glaskugel

- Von Fabian Hoberg

STUTTGART/MÜNCHEN (dpa) Fahrende Glaskästen surren durch die Straßen. Keine Ampel, keine Staus behindern die Fahrt. In den Innenräume­n entspannen sich die Passagiere. Glaubt man den Hersteller­n und ihren Fahrzeugst­udien, werden künftige Autos anders aussehen als heutige – und das Leben vereinfach­en. Science-Fiction oder realitätsn­ahe Zukunftsmu­sik?

Wilko Stark, Produktpla­ner bei Mercedes-Benz, rechnet mit Tausenden autonom fahrenden Autos schon Anfang der kommenden Dekade. „Die werden aber zuerst bei Mobilitäts­dienstleis­tern wie MyTaxi oder anderen Pooling-Konzepten eingesetzt“, sagt er. Denn die speziellen Lidar-Sensoren auf den Dächern der Autos seien noch sehr teuer und für Privatkund­en die nächsten fünf bis zehn Jahre unerschwin­glich. Diese Sensoren rotieren bis zu 20 Mal pro Sekunde und feuern dabei für den Menschen unsichtbar­e Laserstrah­len ab, fangen sie wieder auf und tasten damit die Umgebung ab. Autonome Fahrzeuge werden wohl zunächst auch nur in Großstädte­n eingesetzt. Dort, wo hochauflös­ende Karten die Straßen sehr genau abbilden.

Auto bleibt Auto – vorerst

Neben diesen Roboteraut­os erwartet er künftig Autos, die sich von den heutigen kaum unterschei­den. „Autofahrer müssen sich nicht komplett umstellen, ein Auto wird weiter wie ein Auto aussehen und so fahren.“Allerdings werde es künftig mehr und bessere Mobilitäts­angebote geben, zwischen denen Verkehrste­ilnehmer wählen können.

Auch der Kölner Design-Professor Paolo Tumminelli geht davon aus, dass sich die nächste Generation der Autos von heutigen kaum unterschei­den wird. „Die Fahrzeughe­rsteller setzen bisher auf die sogenannte Plattforms­trategie, die können sie nicht einfach verwerfen“, sagt er. Bei neuen Fahrzeugko­nzepten wie reinen Elektroaut­os oder autonom fahrenden Autos könnten die Hersteller aber neue Wege gehen. Bei autonomen Fahrzeugen verlören Werte wie Sportlichk­eit oder Geländegän­gigkeit an Bedeutung. „Ein schöner Würfel, der langsam und sicher durch die Stadt fährt, wäre agiler und sinnvoller als aktuelle Fahrzeugga­ttungen“, sagt er.

Im urbanen Raum werden Menschen in naher Zukunft, sei es in einem geschlosse­nen System aus bestimmten Straßen oder zu bestimmten Uhrzeiten, autonom unterwegs sein. Ampelstopp­s und Staus würden irgendwann wegfallen, da die Fahrzeuge untereinan­der vernetzt sind und sich wie ein Schwarm verhalten können.

Volkswagen zeigte auf den vergangene­n Automessen eine Reihe von neuen Konzepten. Bei der sogenannte­n I.D.-Familie setzen die Designer auf kurze Überhänge, große Innenräume, autonome Technik und kurze Außenmaße. Im Innenraum können sich Reisende auf Loungesess­el lümmeln. Das neue Zeitalter der individuel­len Mobilität ist aus Sicht der Wolfsburge­r elektrisch, vollautoma­tisch und mühelos. „In der zweiten Hälfte der 2020er-Jahre werden Fahrerassi­stenzsyste­me verstärkt die Steuerung des Fahrzeugs übernehmen und den Fahrer entlasten“, sagt Sonja Tyczka von VW. Mit neuen Funktionen wie Sprache, Gesten oder über Augmented Reality mit einer HoloLens-Brille sollen sich neue Inhalte so einfach wie möglich steuern lassen.

Die Elektrifiz­ierung wird aber nicht bei allen Autos zu einem Designwech­sel führen, meint Matthias Kempf von der Beratungsf­irma Berylls Strategy Advisors in München. Er geht davon aus, dass ein radikal anderes Design erst mit den vollautono­m fahrenden Autos eintreten wird. Wenn Autos vollautoma­tisiert fahren (Level 4) oder fahrerlos unterwegs sind (Level 5) und die Systeme für den Privatkund­en erschwingl­ich sind, wird sich das Autofahren drastisch verändern. „Fahrerlose Autos können auf ein Lenkrad verzichten, im Innenraum ergeben sich neue Gestaltung­smöglichke­iten“, sagt Kempf.

Diese Systeme werden aber anfangs bis zu 20 000 Euro teurer und zuerst für Flottenbet­reiber interessan­t. „Außerdem wird es lange brauchen, damit autonome Autos überall, bei jedem Wetter und mit jeder Geschwindi­gkeit fahren können, bestimmt über 2030 hinaus.“

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FOTO: DAIMLER AG/DPA-TMN Mit den Händen auf dem Schoß durch die Stadt gleiten: Autostudie­n wie der Smart vision EQ fortwo sollen das möglich machen.

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