Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Rote Fahnen in München

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Wenn die Worte „Freistaat“und „Bayern“fallen, denken viele an Lederhosen, Berge und die CSU. Dass das Begriffspa­ar einen revolution­ären Ursprung hat und auf den Sozialiste­n Kurt Eisner zurückgeht, dürften auch viele Christsozi­ale nicht wissen. Im November jährt sich der Umsturz, der Eisner zum ersten Ministerpr­äsidenten des Freistaats gemacht hat, zum 100. Mal. Passend dazu hat Hans Well, lange Jahre Text- und Ideengeber der Volksmusik­revoluzzer Biermösl Blosn, zusammen mit seiner Frau Sabeeka Gangjee-Well ein Hörspiel geschriebe­n: „Rotes Bayern. Die Münchner Revolution 1918 und die Räterepubl­iken 1919“.

Darin erzählt er über zwei Stunden lang – dramaturgi­sch aufgehängt an einem Gang durch das Haus der Bayerische­n Geschichte – vom Krieg als Ursache der Revolte, dem Umsturz, dem Enthusiasm­us und der Naivität der Revolution­äre, späteren roten Auswüchsen und dem brutalen Terror der siegreiche­n, bürgerlich­en Weißen. Texte von Lion Feuchtwang­er, Oskar Maria Graf oder Victor Klemperer sind zu hören. Dass Wells Herz links schlägt, ist unverkennb­ar. Den ein oder anderen Seitenhieb auf Eisners schwarze Nachfolger kann er sich nicht verkneifen.

Sprecher sind Gisela Schneeberg­er und Gert Heidenreic­h, für die Musik sorgen die Wellbappn, das sind Hans Well und seine drei Kinder. Sie spielen Lieder aus der Zeit, aber auch eigene Stücke. „Rotes Bayern“ist kein literarisc­her Hörspielge­nuss. Für Freunde der Freistaats mit historisch­em Interesse ist das Hörspiel aber zu empfehlen. (mh)

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