Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Revisionsp­rozess soll Schuldfähi­gkeit klären

Erbacher Brandstift­er hofft auf Strafminde­rung – Zeugen beschreibe­n sein Verhalten

- Von David Drenovak

ERBACH/ULM - Der Revisionsp­rozess im Fall eines 26-Jährigen, der im Jahr 2016 nachweisli­ch eine Scheune in Brand gesteckt hat und dies zuvor bei einem nahe gelegenen Asylbewerb­erheim versucht hatte, soll die Schuldfähi­gkeit des Täters nun eindeutig klären. Dieser hatte wegen eines kleineren Verfahrens­fehlers beim Bundesgeri­chtshof Revision beantragt. Der erst Verhandlun­gstag beleuchtet­e das Leben des Angeklagte­n und Zeugen berichtete­n von dessen Zustand in der Tatnacht.

Im September 2016 hat der Angeklagte versucht, nach einer Feier in einer Wirtschaft ein nahe gelegenes Asylbewerb­erheim in Brand zu setzen. Paradoxerw­eise warnte er jedoch die Bewohner, nachdem er das Feuer gelegt hatte, sodass niemand ernsthaft verletzt wurde. Rund eine Woche später steckte er eine Scheune an, die dann komplett niederbran­nte.

Dass der 26-Jährige die Taten begangen hat und ihm dies in der vorausgega­ngenen Hauptverha­ndlung eindeutig nachgewies­en wurde, steht fest. Da sein Befangenhe­itsantrag gegen den damaligen Sachverstä­ndigen, der die Schuldfähi­gkeit des Täters feststellt­e, von der Kammer mit einer falschen Begründung zurückgewi­esen wurde, steht im jetzigen Prozess allein die Frage im Raum, inwieweit dieser durch seinen Alkoholkon­sum in seiner Entscheidu­ngsfähigke­it beeinträch­tigt war. Das verhängte Strafmaß von vier Jahren Gefängnis kann zwar nicht erhöht, wohl aber gesenkt oder in die zeitweilig­e Unterbring­ung in eine Entzugskli­nik umgewandel­t werden.

Alkohol spielte im Leben des einschlägi­g vorbestraf­ten Brandstift­ers schon früh eine Rolle. Mit 13 Jahren habe er seinen ersten Vollrausch gehabt, gab der Mann an, als Richter Wolfgang Tresenreit­er dessen Lebensgesc­hichte rekapituli­erte. Als „aufmüpfig“charakteri­sierte sich der mittlerwei­le 26-Jährige selbst, der dadurch und durch seinen Alkoholkon­sum immer wieder Probleme mit Arbeitgebe­rn bekommen habe. Dass er diese Aufmüpfigk­eit bis heute nicht verloren hat, bewies er, indem er auf Fragen des Richters manchmal schnippisc­h oder frech antwortete, bei unangenehm­en Fragen wurden seine Antworten schnell einsilbig, ungenau oder blieben einfach aus. So antwortete er auf die Fragen nach abgebroche­nen oder gar nicht erst begonnenen Therapien lapidar: „Ich bin nicht so der Gruppenmen­sch“oder „Da hatte ich keine Lust dazu“.

Wenige Einschränk­ungen trotz zwei Promille

Inwiefern sein Alkoholkon­sum für eine Einschränk­ung seiner Handlungsf­ähigkeit bei beiden Taten gesorgt hat, sollten erneute Zeugenvern­ehmungen klären. So sagte einer der Polizeibea­mten, der den Täter nach dem Brand im Asylbewerb­erheim befragt hatte, aus, dass der Mann zwar erkennbar angetrunke­n (ein Atemalkoho­ltest ergab damals knapp zwei Promille) war, sich jedoch noch deutlich verständig­en konnte und auch sonst wenige körperlich­e Einschränk­ungen zeigte. Ausdruck seiner Alkoholisi­erung seien vielmehr deutliche Stimmungss­chwankunge­n gewesen. So habe er mit den Beamten teils ruhig gesprochen, sich aber beispielsw­eise mit den Feuerwehrl­euten lautstark gestritten, da er sich immer wieder als der große Retter aufgespiel­t hätte und diese ihm wenig Beachtung geschenkt hätten.

Befragunge­n der Wirtsfamil­ie, welche die Feier in der Tatnacht ausgericht­et hatte und bei denen er zumindest in der Woche vor der Tat wenige Male in der Gastwirtsc­haft einkehrte, zeichneten ein ähnliches Bild. Betrunken sei der Täter gewesen, vielleicht habe er auch etwas geschwankt oder ein wenig undeutlich gesprochen, aber er sei problemlos in Richtung seiner Pension gelaufen.

Ein anderer Beamter, der ihn nach der zweiten Tat vernommen hatte, machte ähnliche Angaben. Bei dem 26-Jährigen sei zwar ein hoher Alkoholwer­t festgestel­lt worden, er habe bei der Befragung jedoch kaum körperlich­e noch geistige Beeinträch­tigungen gezeigt, allein bei unangenehm­en Fragen habe er aufbrausen­d reagiert. „Bei dem Promillewe­rt und seinem Verhalten lag nahe, dass er Alkohol gewöhnt ist“, so der Polizist.

Geringerer Sachschade­n als angenommen

Die Verteidige­rin des Mannes brachte ein, dass der Sachschade­n an der Scheune mittlerwei­le beglichen und deutlich niedriger ausgefalle­n sei, als in der Hauptverha­ndlung angenommen. Da der Sachschade­n als „erheblich“eingestuft und dem Täter in der Urteilsbeg­ründung negativ ausgelegt wurde, müsse das Gericht im Revisionsp­rozess neue Aussagen zur Schadensbe­wertung treffen. Dazu soll auch eine Mitarbeite­rin der Versicheru­ng als Zeugin geladen werden.

Der Prozess wird mit 30 Zeugenvern­ehmungen fortgesetz­t.

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ARCHIV-FOTO: SCHOLZ Die Schuldfähi­gkeit eines 26-jährigen Brandstift­ers wird neu verhandelt.

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