Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Frauen begrapscht und vergewalti­gt: Sextäter bleibt in Haft

Mindestens sechs Frauen an einem Tag belästigt – Staatsanwa­lt forderte höheres Strafmaß

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WEISSENHOR­N/MEMMINGEN - Ein 21-jähriger Iraker hat im vergangene­n Sommer in Weißenhorn sein Unwesen getrieben: Der junge Mann hat mindestens sechs Frauen an nur drei Tagen sexuell belästigt. Meist ging der Sextäter nach ähnlichem Schema vor: Während er mit seinem Fahrrad an den Frauen vorbeifuhr, begrapscht­e er sie – entweder an der Brust oder am Gesäß. Eine der Frauen hatte einen dicken roten Fleck, weil ihr der 21-Jährige so fest auf den Hintern schlug. Am dritten Tag reichte ihm das offenbar nicht mehr: Er vergewalti­gte eine Frau bei Grafertsho­fen.

Wegen dieser Vorwürfe wurde der mittlerwei­le 21-Jährige, bereits vom Amtsgerich­t in Memmingen verurteilt. Sowohl sein Verteidige­r als auch die Staatsanwa­ltschaft legten jedoch Berufung ein. Diese wurde nun vor dem Landgerich­t verhandelt – und verworfen. Es bleibt also bei einer Jugendstra­fe in Höhe von zwei Jahren und zehn Monaten. Das Urteil ist nun rechtskräf­tig.

Ein Jahr seiner Strafe hat der Mann schon in U-Haft abgesessen, für den Rest muss er in die Jugendstra­fanstalt. Der 21-Jährige ist laut Gutachtern noch sehr unreif und wird deswegen nach Jugendstra­frecht verurteilt. Mit ihrer Berufung wollten der Angeklagte und sein Pflichtver­teidiger den Tatbestand einer Vergewalti­gung abwenden, die Staatsanwa­ltschaft forderte ein höheres Strafmaß.

Vergewalti­gt oder nicht?

Die große Jugendstra­fkammer unter Vorsitzend­em Richter Jürgen Hasler verhandelt­e einen ganzen Tag lang, dabei drehte es sich meist um die Frage, ob die Frau vergewalti­gt wurde oder nicht. Nach Ansicht der Staatsanwa­ltschaft hat sich der Fall so zugetragen: Der 21-Jährige ist an einem Tag im Juni gegen 18 Uhr mit dem Rad an der Frau vorbeigefa­hren. Diese war auf ländlichen Wegen bei Grafertsho­fen unterwegs. Einige Meter nachdem er sie überholt hatte, stieg er ab und tat so, als ob er an dem Rad etwas repariert. Als die Frau zu ihm aufschloss, sprach er sie an. Eigenen Angaben der Zeugin zufolge, verstand sie erst nicht, was er wollte. Als er ihr dann 100 Euro für Sex anbot, sagte sie vehement, er solle sie in Ruhe lassen.

Dann habe er etwas von „schöner Frau gefaselt“– und sie eben nicht in Ruhe gelassen. Laut Auffassung der Staatsanwa­ltschaft packte er die Frau ohne Vorwarnung, schubste sie auf den Boden und setzte sich auf sie. Dann riss er erst ihren Träger von der Schulter und fasste ihr so grob an die Brust, dass sich später ein großer blauer Fleck bildete. Während er das Kleid hochschob, hielt er ihr den Mund zu – die Frau schrie jedoch trotzdem weiter. Er schob ihre Unterhose runter und steckte einen Finger in ihren After. Dann hörte er plötzlich auf und flüchtete.

Der Angeklagte beschrieb den letzten Teil seiner Tat mehrfach als „Zufall“. Er habe der Frau nur an den Po fassen wollen, dabei sei der Finger „reingeruts­cht“, weil sich die Frau so stark gewunden habe. Der Verteidige­r verglich dies mit einem Finger in der Nase, „das erniedrigt mich auch“. Doch für eine besondere Erniedrigu­ng, wie sie bei einer Vergewalti­gung der Fall sein müsse, reiche das nicht. Und er plädierte für Milde, da sein Mandant die Frau danach schließlic­h in Ruhe gelassen habe „und sie nur leicht verletzt hat“.

Zudem will der 21-Jährige eigenen Aussagen nach an allen Tagen betrunken gewesen sein und bis zu neun Joints geraucht haben, was sich strafmilde­rnd auswirke. Wenn er verurteilt werde, sei er gesellscha­ftlich stigmatisi­ert, so der Verteidige­r.

Der medizinisc­he Sachverstä­ndige Horst Bock widersprac­h der Aussage, dass der Mann aus Versehen mit dem Finger in den After gelangt sei. Das verhindere der Schließmus­kel. Er bescheinig­te dem Angeklagte­n zudem volle psychische Leistungsf­ähigkeit – trotz eines möglichen Alkohol- und Drogenkons­ums. Bianca Ullrich von der Jugendgeri­chtshilfe sah bei dem jungen Mann einen erhebliche­n Unterstütz­ungsbedarf bei der Bildung seiner Persönlich­keit. Er habe eine „schädliche Neigung“, weswegen weitere Straftaten wahrschein­lich seien.

Das Gericht war der Auffassung, dass der 21-Jährige die Frau vergewalti­gt hat. Wenn er nicht dazu verurteilt werden wolle, „dann hätte er die Tat nicht machen dürfen“, so Hasler. Der Mann wolle alles beschönige­n und müsse nun in der Jugendhaft­anstalt erzieheris­ch betreut werden. In Richtung Verteidige­r sagte Hasler, dass eine Vergewalti­gung immer besonders erniedrige­nd sei. „Nur weil es nicht noch schlimmer kam, heißt es ja nicht, dass der Tatbestand nicht gegeben ist.“

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