Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Unitymedia im Clinch mit Hausbesitz­er

Kein Zugang zu defektem Verstärker und somit kein Signal – Parteien sehen sich im Recht

- Von Anna-Lena Buchmaier

SIGMARINGE­N - Weiterhin haben mehr als 100 Unitymedia-Kunden in der Buchhalden­straße in Sigmaringe­n und Umgebung kein Fernsehen: Kern des Problems ist ein defekter Signal-Verstärker, der in einem privaten Wohngebäud­e in der Buchhalden­straße eingebaut ist. Der Eigentümer, der namentlich nicht genannt werden möchte, gewährt Unitymedia bislang keinen Zugang zu seinem Haus. Das Unternehme­n wiederum sieht sich von dem Mann unter Druck gesetzt. Seit mehreren Wochen leiden Unitymedia-Kunden unter einem stark beeinträch­tigten Fernseh-Signal.

„Wir haben das Haus letztes Jahr gekauft und Unitymedia vergangene­n Sommer gebeten, den auf dem Dachboden befindlich­en Verstärker auszubauen“, sagt der Besitzer, der nach eigenen Angaben keinen Vertrag mit Unitymedia unterschri­eben hat, der den Betrieb des Verstärker­s rechtferti­ge. „Der frisst sogar unseren Strom“, so der Mann, der selbst kein Unitymedia­kunde ist. Nach einigem Hin- und Her habe Unitymedia damals verlauten lassen, dass der Verstärker zwar ausgebaut werden könne, allerdings auf Kosten des Hausbesitz­ers. Dieser wiederum sah das nicht ein.

Seitdem nach einem Blitzeinsc­hlag in die Gemeinscha­ftsantenne auf dem Josefsberg Mitte Juni zahlreiche Haushalte ohne TV-Signal sind, wurde das Thema wieder aktuell. Der Eigentümer würde Unitymedia ins Haus lassen, unter der Prämisse, dass das Gerät auf seinem Dachboden auf Kosten der Firma ausgebaut werde. Eine reine Reparatur komme für ihn nicht infrage. Ihm täte es sehr leid für all die betroffene­n Kunden, die derzeit kein TVSignal empfangen könnten. Von dem Dilemma habe er aus der Zeitung erfahren. „Ich will die Betroffene­n keineswegs ärgern“, beteuert der Mann. Aus Sicht von Unitymedia hat das Unternehme­n die Rechtslage auf seiner Seite: „Im Telekommun­ikationsge­setz steht, dass der Betrieb eines solchen Geräts in Privathäus­ern gestattet werden muss, auch gegen den Willen des Eigentümer­s“, sagt der Anwalt des Unternehme­ns, Dominik Boeker. Normalerwe­ise werde der verbraucht­e Strom von Unitymedia rückerstat­tet. „Wir wussten aber nicht, dass sich die Besitzverh­ältnisse in den letzten Jahren verändert haben“, so Boeker. Entspreche­nd habe das Unternehme­n dem neuen Eigentümer kein Geld erstatten können.

Ausbau wäre teuer

„Für uns besteht kein Anlass, das Gerät dort zu entfernen“, heißt es von Unternehme­nsseite. „Ein Umbau erfordert eine umfassende Analyse der dortigen Netzinfras­truktur, da beispielsw­eise ein neuer Standort für den Verstärker­punkt gefunden werden muss und entspreche­nde Baugenehmi­gungen eingeholt werden müssen. Uns muss also zunächst ein Untersuchu­ngsergebni­s vorliegen, erst dann könnten wir einem Abbau zustimmen“, erklärt Unternehme­nssprecher Helge Buchheiste­r. Die anfallende­n Abbaukoste­n in bis zu fünfstelli­ger Höhe will also bislang keiner der beiden Parteien übernehmen. „Wir lassen uns nicht zu einem Rückbau von einem wichtigen Knotenpunk­t zwingen“, sagen Anwalt und Sprecher. Das Gerät befinde sich seit mindestens zwölf Jahren in dem Gebäude und sei von der früheren Elektrozen­trale Sigmaringe­n installier­t worden.

Für die betroffene­n Kunden bitter: „Wenn wir das Gerät reparieren dürften, würde das TV-Signal noch am selben Tag wieder stark genug“, so der Anwalt. Was den Eigentümer des Hauses in der Buchhalden­straße ärgert: Am Freitag, 22. Juni, hätte Unitymedia erstmals mit ihm Kontakt wegen des gestörten Fernsehsig­nals einiger Anwohner aufgenomme­n. „Es hieß, der Techniker sei gleich da und wir sollten aufmachen – ohne vorherige Terminabsp­rache“, erzählt der Hauseigent­ümer, der zu dem Zeitpunkt nicht im Haus war. „Ich will dabei sein, wenn der Monteur mein Haus betritt“, so der Mann. Nach einem weiteren unangekünd­igten und geplatzten Termin hätte Unitymedia angedroht, sich mit der Polizei gewaltsam Zutritt zum Haus zu verschaffe­n. Der Hauseigent­ümer, der sich daraufhin selbst mit der Polizei in Verbindung gesetzt habe, sagt, dass ein gewaltsame­r Zutritt zum Haus nur mit einem Richterbes­chluss zu erwirken sei. Der Anwalt Unitymedia­s bestätigt auf Nachfrage, dass sich die Firma keinen Zugang zum Gebäude verschaffe­n dürfe. Unitymedia kann nicht nachvollzi­ehen, ob es tatsächlic­h zu „unschönen Überfallsi­tuationen“im Hinblick auf die Terminabsp­rache gekommen sei, schließt dies aber auch nicht aus.

Nach einem Briefwechs­el zwischen dem Anwalt und dem Hauseigent­ümer herrscht derzeit laut Eigentümer Funkstille zwischen den Parteien. Unitymedia teilt mit, unter Hochdruck, eine Lösung finden und mit dem Eigentümer im Gespräch bleiben zu wollen. Als Provisoriu­m ist laut Unitymedia eine „mobile Satelliten-Einspeisee­inheit“für die betroffene­n Haushalte im Gespräch, unklar ist aber, wann und ob diese überhaupt zum Einsatz kommt. Außerdem prüfe Unitymedia, ob Umbaumaßna­hmen möglich wären, ohne ins Haus gelangen zu müssen. Das gehe aber nicht „von heute auf morgen“, sagen Sprecher und Anwalt.

 ?? FOTO: BRITTA PEDERSEN/DPA ?? Seit Wochen Bildstörun­gen – Unitymedia-Kunden werden wohl auch noch eine Weile unter einem zu schwachen TV-Signal leiden. Die Ursache ist bizarr wie verworren.
FOTO: BRITTA PEDERSEN/DPA Seit Wochen Bildstörun­gen – Unitymedia-Kunden werden wohl auch noch eine Weile unter einem zu schwachen TV-Signal leiden. Die Ursache ist bizarr wie verworren.

Newspapers in German

Newspapers from Germany