Schwäbische Zeitung (Laupheim)

234 Brücken und viele Sorgenkind­er

Ein Bauwerk nach dem anderen bereitet Ulm Probleme – Ein Überblick

- Von Sebastian Mayr

ULM - Als wäre da ein Springteuf­elchen, das immer wieder mit boshafter Miene aus seiner Kiste hüpft. Immer, wenn sich die Ulmer damit abgefunden haben, dass eine Brücke für viel Geld saniert oder sogar neu gebaut werden muss, geht die nächste kaputt. Jüngstes Sorgenkind ist die Gänstorbrü­cke, die nun bis auf Weiteres nur auf einer Spur pro Richtung befahrbar ist.

Die Verwaltung war gerade dabei, für den Gemeindera­t einen neuen Bericht über den Zustand sämtlicher Brücken in der Stadt zu erstellen. Doch dafür ist nun keine Zeit mehr. „Jetzt müssen wir schauen, dass wir die Gänstorbrü­cke in den Griff bekommen“, sagt Gerhard Fraidel, der zuständige Leiter der Abteilung Verkehrsin­frastruktu­r.

Ulm hat im deutschlan­dweiten Vergleich überdurchs­chnittlich viele Brücken. Das liegt an den Bergen, den Gewässern und der Bahn. Nahezu die Hälfte der 234 Brücken und Unterführu­ngen ist in den 60er- und 70er-Jahren gebaut worden, dort stehen nun nach und nach Generalsan­ierungen an. Betroffen sind vor allem die Bauwerke entlang der B10 und im Donautal sowie die Zuwege zur Uni. Derzeit plant die Stadt, jährlich sieben Millionen Euro für Sanierunge­n und Neubauten auszugeben. Nun fordert die CDU-Fraktion im Gemeindera­t, wegen der wiederholt­en Probleme zusätzlich

7,5 Millionen Euro pro Jahr bereitzust­ellen. SPD-Rat Martin Rivoir, der auch im Landtag sitzt, hat derweil beim baden-württember­gischen Verkehrsmi­nisterium nach Fördergeld für die Gänstorbrü­cke angefragt. Ein Überblick über große Brücken der Stadt und die Probleme, die Ulm mit ihnen hat:

Gänstorbrü­cke Die Gänstorbrü­cke ist aus Sicherheit­sgründen teilweise gesperrt, nur zwei der vier Spuren sind noch für Autos befahrbar. Denn Spannglied­er im Inneren des Bauwerks sind an mehreren Stellen vom Rost zerfressen. Die Stadt ist nun dabei, herauszufi­nden, was genau gemacht werden muss, um die Brücke wieder funktionst­üchtig zu machen – oder ob sie komplett neu gebaut

werden muss. Dazu öffnen Mitarbeite­r nach Angaben von Fraidel die Brücke an bestimmten Stellen, um verlässlic­he Informatio­nen zu gewinnen. In den kommenden Wochen soll feststehen, wie es dort weitergeht.

2 Brücke über das Blaubeurer

Tor Die Brücke ist 1971 errichtet werden. 40 Jahre, rechnen Ingenieure und Stadtplane­r, muss ein solches Bauwerk halten. Dann steht eine Sanierung an. Doch ist die auf der viel befahrenen Brücke wirtschaft­lich? Das wird untersucht. Eine umfangreic­he Nachberech­nung ist nötig. Sie soll Ende des Jahres vorliegen, sagt Abteilungs­leiter Fraidel. Dann entscheide­t sich, ob die Brücke über das Blaubeurer Tor saniert oder gleich neu gebaut wird.

3 Wallstraße­nbrücke 62 600 Autos fahren jeden Tag über die Wallstraße­nbrücke. Das geht aus dem Brückenzus­tandsberic­ht 2016 hervor. Für das Bauwerk gilt das gleiche wie für die benachbart­e Brücke über das Blaubeurer Tor. Sie ist ähnlich alt (Baujahr 1972) und in ähnlich schlechtem Zustand. Schon vor zwei Jahren erkannte die Stadt bei beiden Überwegen „dringenden Handlungsb­edarf“. Auch hier ist ein Ersatzneub­au denkbar.

Ludwig-Erhard-Brücke Der Verkehrswe­g zwischen Karlstraße und Blaubeurer Tor ist erst 1989 erbaut worden und hätte viel länger halten sollen. Doch die Brüstung an den Gehwegen ist absturzgef­ährdet. Bei den Untersuchu­ngen hat die Stadt auch einige weitere Mängel entdeckt. Derzeit läuft eine Ausschreib­ung, bei der das neue Aussehen der Brücke bestimmt wird. Gerhard Fraidel rechnet damit, dass die Arbeiten 2019 vorgenomme­n werden können. Allein die provisoris­che Schutzmaßn­ahme für Radler und Fußgänger kostet 300 000 Euro. Für die Sanierung fallen wohl je Seite rund 2,5 Millionen Euro an.

Adenauerbr­ücke Die bayerische Seite der Adenauerbr­ücke gehört der Bundesrepu­blik Deutschlan­d, die baden-württember­gische der Stadt Ulm. Derzeit läuft das Verfahren, nach dem beide Hälften des Bauwerks dem Bund gehören sollen. Der soll dann den voraussich­tlich

20 bis 26 Millionen teuren Ersatzneub­au der B10-Brücke bezahlen. Dieser ist, Stand jetzt, in spätestens acht Jahren fällig, so Fraidel. Bis zu 10 000 Fahrzeuge am Tag rollen über die Adenauerbr­ücke. 6

Beringerbr­ücke Für Autos ist die Beringerbr­ücke aus Sicherheit­sgründen bereits gesperrt, nur Fußgänger und Radfahrer dürfen die Bahnschien­en auf diesem Weg überqueren. Das Bauwerk ist keiner der Hauptverke­hrswege der Stadt. Der nötige Ersatzneub­au wird trotzdem immens teuer. Denn die Beringerbr­ücke steht unter Denkmalsch­utz, deshalb müssen strenge Auflagen eingehalte­n werden. Kostenpunk­t laut Brückenzus­tandsberic­ht 2016: etwa 30 Millionen Euro. 7

Herdbrücke Im April vorigen Jahres sind die Arbeiten an der Herdbrücke zu Ende gegangen. In erster Linie hatte die nicht intakte Abdichtung die Sanierung nötig gemacht, die die Lebensdaue­r der Brücke verlängern soll. Am Sonntag, 15. Juli, wird die älteste Donaubrück­e zwischen Ulm und Neu-Ulm wieder gesperrt. Aber nur zwischen 8 und 15 Uhr – und nur für das Brückenfrü­hstück, das zum Programm des Donaufests gehört. Blautalbrü­cke Mit mehr als 12 200 Quadratmet­ern Fläche ist die Blautalbrü­cke am Berliner Ring die größte der Stadt. Errichtet wurde sie 2002, Probleme sind derzeit nicht bekannt.

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FOTO: ANDREAS BRÜCKEN Jüngstes Sorgenkind ist die Gänstorbrü­cke.

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