Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Familie prügelt Opfer ins Krankenhaus
Vater, Mutter und Tochter stehen wegen schwerer Körperverletzung vor Gericht
EHINGEN (jon) - Das Ehinger Amtsgericht hat drei Mitglieder einer Familie (Vater, Mutter und Tochter) zu insgesamt 17 Monaten Gefängnis auf Bewährung und 90 Tagessätzen à zehn Euro sowie zur Zahlung von 4000 Euro Schmerzensgeld verurteilt. Richter Wolfgang Lampa sah es als erwiesen an, dass Vater, Mutter und Tochter Anfang Februar dieses Jahres gemeinsam eine schwere Körperverletzung gegen den Nachbarn der in Munderkingen lebenden Tochter begangen haben.
Drei Angeklagte, ein Nebenkläger, sechs Zeugen und zwei Dolmetscher waren vor dem Ehinger Amtsgericht notwendig, um Licht ins Dunkel zu bringen. Streckenweise bot die Verhandlung durchaus Potenzial für eine Filmkomödie und auch Richter Wolfgang Lampa hatte zu manchem Zeitpunkt Schwierigkeiten, seine Nerven zu behalten.
Eltern wohnen in Laupheim
Aber der Reihe nach: Gegen 12.40 Uhr am 3. Februar dieses Jahres kam das Opfer, ein 49-jähriger Maschinen- und Anlagenführer, nach Hause. Im Hausflur des Mehrfamilienhauses, in dem die Tochter der beiden Mitangeklagten aus Laupheim lebt, traf er den Familienvater an. Diesen grüßte er nach eigenen Worten freundlich und wünschte noch einen schönen Tag. „Plötzlich hat er mich von hinten angegriffen und auf mich wie wild eingeschlagen“, berichtete das Opfer vor Gericht. Aufgrund des einsetzenden Geschreis und Tumultes, kamen schließlich Mutter und Tochter aus der Wohnung. Während die Mutter es bei Schreien und Festhalten bewenden ließ, hatte sich die Tochter inzwischen mit einer Holzlatte bewaffnet. Mit dieser drosch sie auf das Opfer ein, sodass dieses schließlich blutüberströmt war. Als weitere Nachbarn hinzukamen, ließ das Trio von seinem Opfer ab. Das Ergebnis: zwei Tage Krankenhaus, fünf Tage Halskrause, Schädelprellung, zwei Risswunden im Gesicht, starke Schmerzen und bis heute andauernde Angstzustände.
Bis Richter Wolfgang Lampa und der Staatsanwalt das Geschehen bis ins kleinste Detail aufgedröselt hatten, gingen jedoch gut vier Stunden ins Land. Dabei reichten die Mutmaßungen von einer Verschwörung der Hausgemeinschaft gegen die Angeklagten bis hin zur Kritik am gesellschaftlichen System durch einen 78jährigen Zeugen, der vor Gericht seine latente rechte Gesinnung gegenüber den Angeklagten nicht im geringsten verbarg. Das brachte den Richter so in Rage, dass dieser schließlich den Zeugen mit deutlichen und lauten Worten in die Schranken wies. Letztendlich bestätigten aber alle Zeugen die Aussagen des Opfers so glaubwürdig, dass es für das Gericht als erwiesen galt, dass die Angeklagten die Tat auch begangen haben.
Sohn der Angeklagten flippt aus
Der Familienvater, der bereits mehrere Verurteilungen wegen Betrugs und Körperverletzung auf dem Kerbholz hat, wurde zu zehn Monaten auf Bewährung und zur Zahlung von 2000 Euro Schmerzensgeld verurteilt. Die Mutter erhielt eine Strafe von sieben Monaten auf Bewährung und muss 1000 Euro Schmerzensgeld zahlen. Die Tochter hingegen wurde aufgrund der Tatsache, dass sie noch keine Vorstrafe hat, zu 90 Tagessätzen à zehn Euro verurteilt. Auch sie muss 1000 Euro Schmerzensgeld an das Opfer zahlen. Die Angeklagten müssen die Kosten der Nebenklage und die Gerichtskosten übernehmen. Das Urteil ist noch nichts rechtskräftig.
In was für einer Gesellschaft sich die Angeklagten befinden, wurde hingegen während einer kurzen Unterbrechung der Gerichtsverhandlung deutlich. Nachdem Richter, Staatsanwalt und Gerichtsdienerin den Raum verlassen hatten, flippte der im Publikum sitzende Sohn der Angeklagten verbal völlig aus und bedrohte das Opfer erneut. Nur durch Einschreiten anderer Zuschauer und der Anwältin der Nebenklage konnte verhindert werden, dass es nicht schon wieder zu einer körperlichen Auseinandersetzung mit dem Opfer kam.