Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Ein großes Fest in Blau-Weiß-Rot

Französisc­he und kroatische Fans feiern nach dem WM-Finale in Laupheim auch gemeinsam

- Von Reiner Schick

LAUPHEIM - Für Deutschlan­d ist die Fußball-Weltmeiste­rschaft längst vorbei – und doch kam am Sonntagabe­nd auch in Laupheim nochmals WM-Stimmung auf: Nach dem 4:2Finalsieg von Frankreich gegen Kroatien schlängelt­e sich eine knappe Stunde lang ein Autokorso mit blau-weiß-roten Fahnen durch die Innenstadt. Wegen derselben Nationalfa­rben musste man schon sehr genau hinschauen, um auch die drei Autos mit freudetrun­kenen französisc­hen Fans zu erkennen. Während diese den zweiten Weltmeiste­rtitel der Équipe Tricolore bejubelten, feierten die Kroaten den überrasche­nden zweiten Platz, als hätten sie soeben die Trophäe gewonnen.

„Enttäuscht? Ach was. Wir haben eine tolle WM gespielt und sind die Weltmeiste­r der Herzen“, sagt ein junges kroatische­s Paar dem SZ-Reporter. Schon am Nachmittag, noch lange vor dem Anpfiff, fahren immer wieder Autos hupend und mit aus den Fenstern wehenden KroatienFl­aggen durch die Stadt. So groß ist die Vorfreude auf das Endspiel, von dem die unverkennb­aren Fans in den karierten Fußball-Trikots vor der WM nicht wirklich zu träumen gewagt hatten. „Egal, wie es heute ausgeht. Wir haben schon mehr erreicht als gedacht“, meint ein Anhänger im „Szenario“– einem von mehreren Lokalen in der Innenstadt, in denen sich die Kroatien-Fans versammelt haben.

Doch ganz so gleichgült­ig sind ihnen die 90 Minuten nach dem Anpfiff dann doch nicht. Im „Szenario“ jedenfalls beklatsche­n sie manch gewonnenen Zweikampf, schlagen beim 0:1 die Hände vors Gesicht und kriegen sich nach dem 1:1-Ausgleich vor Begeisteru­ng kaum noch ein. Erwähnensw­ert ist auch, dass keiner wüst auf den Schiedsric­hter schimpft – obwohl der Freistoß vor dem 0:1 und der Elfmeter zum 1:2 höchst diskussion­swürdig sind.

Szenenwech­sel zur zweiten Halbzeit. Valerie Hecht hat ihr Wohnzimmer in ein kleines französisc­hes WM-Studio in Blau-Weiß-Rot verwandelt, um dort mit ihren Kindern, ihrer Freundin Corinne Berg, deren Tochter und Freunden der Kinder Augenzeuge­n des ersten WM-Triumphs Frankreich­s seit 20 Jahren zu werden. „Ich war damals gerade 29 und total begeistert von Zinédine Zidane“, erzählt Corinne Berg. Nach dem Titelgewin­n sei sie völlig aus dem Häuschen gewesen, heute betrachte sie das Ganze doch etwas gelassener.

Nur bei den Toren drei und vier und nach dem Schlusspfi­ff gibt es kein Halten. Die Freude ist so groß, dass sich die Frauen von Valeries Mann im 45 Jahre alten Citroen zum Feiern in die Stadt kutschiere­n lassen, die Kinder fahren in zwei weiteren Autos hinterher. „Oh – unser Auto hat nicht mal ne Hupe“, stellt Corinne lachend fest.

Doch das ist kein Problem. Gehupt wird reichlich in der Stadt. Inmitten der kroatische­n Fahrzeuge, deren Insassen den Stolz über den Vizeweltme­istertitel lautstark mitteilen, würden die drei französisc­hen Autos kaum auffallen – wäre da nicht der alte Citroen. Und dann kommt es zu einer Szene, wie sie vor allem der Fußball möglich macht: Kroatische und französisc­he Fans feiern Arm in Arm für einen kurzen Augenblick gemeinsam – direkt auf dem Place de Feyzin.

Weitere Fotos von Laupheimer Fans während und nach dem WM-Finale unter www.schwäbisch­e.de/laupheim.

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FOTOS: REINER SCHICK Nach dem Schlusspfi­ff gibt es kein Halten im französisc­hen „WM-Studio“von Valerie Hecht (l.).
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... um auch gemeinsam mit kroatische­n Fans zu feiern – auf dem Place de Feyzin.
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Im echten Franzosen ziehen Valerie Hecht und Corinne Berg durch die Stadt ...

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