Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Weiche Konturen und starke Bilder
Die Stiftung S BC – pro arte stellt den Biberacher Maler Hartmut Hahn vor
BIBERACH - Ab sofort sind die Werke des Biberacher Künstlers Hartmut Hahn in der Galerie der Stiftung S BC – pro arte zu sehen.
Barbara Renftle, die Kuratorin der Stiftung, zitierte zu Beginn ihres Vortrags den griechischen Philosophen Aristoteles: „Nur in der Bewegung ist Leben“, schlägt damit den Bogen zu den Figuren Hartmut Hahns: „Seine Bewegungen in der Reihe ergeben einen „doppelten Boden, einen zweiten Sinn“. Renftle erläutert, wie der Maler in seinen Öl-auf-Leinwand-Bildern bewusst mit Unschärfen arbeitet. Er hält die Motive in Bewegung, lässt sie aber im Duktus der Ruhe, der Stille erscheinen. Im AusstellungsFlyer schreibt sie: „Menschen streben aneinander vorbei, stehen isoliert und verloren vor diffusen, blaugrauen Bildgründen. Gemälde von Wolkenhimmeln, Meereswogen und Schneelandschaften bestärken das Gefühl des Unbestimmten, Übersinnlichen wie auch des Vergänglichen, von Weite und Unendlichkeit, Bewegung und Ruhe. Abstraktion und Figuration sind gleichermaßen in den neuen Bildern Hahns zu einer fast magischen Aura verdichtet.“
Zurück in Biberach
Hartmut Hahn, Jahrgang 1971, studierte Medienkunst an der Hochschule für Grafik in Leipzig sowie Buchkunst bei Professor Urban Bühler mit Diplom in Videokunst. Bis 2003 war er dort Meisterschüler bei Professor Joachim Jasong. Danach lebte er einige Jahre in Berlin, wo regelmäßig Ausstellungen stattfinden, zuletzt von Mai bis August dieses Jahres. Heute liegt der Schwerpunkt des Künstlers, der seit geraumer Zeit wieder in Biberach lebt und arbeitet, in der Malerei.
Aus den schemenhaft surrealen und bunten Wirklichkeitscollagen seiner ersten Jahre als Maler haben sich mittlerweile stark reduzierte Ansichten von Himmeln, Landschaften und vereinzelten Menschen auf leeren, malerisch verschwimmenden, nahezu monochromen Bildflächen entwickelt. Hahn erläutert: „Das Individuum verschwindet im Nichts.“Die Stille und Verhaltenheit dieser milden „Weichmalerei“mit ihren Unschärfen nannte der Künstler „romantischer Realismus“. Die Verschwommenheit seiner Bildmotive ist von Melancholie durchzogen, setzt beim Betrachter vielfältige Gefühle und Assoziationen frei.
Die Menschen sind zumeist in Rückenansicht gemalt, streben aneinander vorbei, stehen isoliert und verloren vor diffusen, blaugrauen Bildgründen. Mit wenigen Ausnahmen sind es „Leute von heute“, unverwechselbar in Kleidung, Accessoires und Körpersprache. Die Bilder im Stil dieses romantischen Realismus zeigen eine feinfühlige, subtile Kritik an unserer Gesellschaft. Hahn wirft Fragen auf: Wohin geht dieser einsam wirkende Mensch, der dem Betrachter den Eindruck vermittelt, er habe sein Navigationsgerät verloren? Nehmen sich die Personen gegenseitig wahr, die wie ferngesteuert und verloren im Raum aneinander vorbeizudriften scheinen? Es gibt keine Antworten.
Eine Reihe von Wolkenmotiven sind zu sehen, aufgetürmt, bizarr, dramatisch. Manchmal kommen Kondensstreifen hervor. Alle diese weich gezeichneten Motive scheinen optischer Fixierung entgleiten zu wollen. Segelboote und auch Tanker erscheinen wie aus dem Nebel zu materialisieren, wirken, als wollten sie in einen undifferenzierten Zustand zurückkehren. Hütten sind tief geduckt im Schnee, erwecken ebenso wie einige Landschaften Assoziationen zu Jakob Bräckle.
Der Künstler spürt den Grautönen nach, die sich in Wirklichkeit aus Braun, Blau, Rot, Gelb und viel Weiß zusammensetzen. Er ist mit der Digitalkamera unterwegs, malt nach diesen Vorlagen mit Öl auf Leinwand.