Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Ein Kuss mit der Nase, zwei Händen und zwei Stiften
Donaufest: Beim Workshop mit Künstler Milos Tosic erleben die Teilnehmerinnen experimentellen Mitmach-Spaß
NEU-ULM - „Der Kuss“ist eines der bedeutendsten Werke von Gustav Klimt. Ganz so berühmt werden die Bilder wahrscheinlich nicht werden, die unter dem gleichen Schlagwort im Edwin-Scharff-Museum bei einem Workshop mit dem serbischen Künstler Milos Tomic entstehen – aber diejenigen, die die Neugierde zum Auftakt des Workshops drängte, hatten jede Menge Spaß: Die Bilder, die am Ende wie Teile eines Zeichentrickfilms wirken, entstanden unter maximal erschwerten Bedingungen.
Eine Kussszene spiegelgleich zu zeichnen, mit zwei Händen gleichzeitig, ist schon keine einfache Sache. Milos Tomic hatten für seinen ersten Workshop im Edwin-ScharffHaus Familien mit Kindern erwartet, bei denen die Kinder den Eltern die Angst vor einer unbekannten Technik des Zeichnens genommen hätten. Zu Tomics Überraschung kamen dann aber ausschließlich Erwachsene in seinen Workshop. „Wie soll das denn gehen?“, fragte eine Besucherin verblüfft auf die Anweisung des Künstlers, spiegelgleich mit zwei Händen zu zeichnen. „Ich fühl mich wie ein Baby“, gab eine andere lachend zu. Doch mit dem Zeichnen mit zwei Händen war es nicht genug: Milos Tomic schraubte die Anforderungen mächtig nach oben – das gleiche Motiv mit überkreuzten Händen entstehen zu lassen, beim Zeichnen Töne zu singen, die zu den Linien passen, mit der Nase auf dem Papier zu zeichnen und dann das Motiv in 30 Sekunden, in 20 Sekunden, schließlich in drei Sekunden zu produzieren. Der Nachbarin am Zeichentisch für ihr Bild eine Hand leihen, während die andere Hand am eigenen Bild arbeitet.
Verblüffte Damen
Die Workshop-Teilnehmerinnen im Edwin-Scharff-Museum entdeckten verblüfft, wie sich ein Motiv unter dem Zeitdruck immer freier und immer weniger gegenständlich gestalten ließ. Aber auch immer selbstverständlicher und sicherer – auch mit jeweils der Hand, die sonst zum Zeichnen nie benutzt wird, egal ob Rechts- oder Linkshänder. Schließlich galt es, experimentell in die Rolle einer anderen Person zu schlüpfen und mit deren Farben und Motiv zu arbeiten: statt die küssenden Gesichter der eigenen Bilderserie also einander küssende und den Hals verschränkende Giraffen zu zeichnen.