Schwäbische Zeitung (Laupheim)
„Wir sind voller Vorfreude“
Baustetten und das Tal der Béthune feiern am Wochenende 50 Jahre Partnerschaft
Baustetten und das Tal der Béthune feiern 50 Jahre Partnerschaft.
BAUSTETTEN - Ein Festwochenende steht in Baustetten vor der Tür. Gefeiert werden 50 Jahre Partnerschaft mit den sechs französischen Gemeinden im Tal der Béthune. Mehr als 50 Gäste aus der Normandie reisen am Freitag an, sie kommen bei mehr als 30 privaten Quartiergebern unter.
Gesucht und gefunden
Zwei Pfarrer haben vor einem halben Jahrhundert den Boden für die „Jumelage“bereitet. Der französische Seelsorger Claude Retout wollte 1968 mit Landwirtschaftsschülern das Nachbarland besuchen. „Ich wollte, dass sie über den eigenen Tellerrand hinaus schauen und Menschen in Deutschland begegnen“, sagte er in einem SZ-Interview. Die Diözese Rottenburg vermittelte ihn an den Baustetter Pfarrer Georg Spohn. Bei ihm fiel das Ansinnen auf fruchtbaren Boden. Spohn war 1945 in französische Kriegsgefangenschaft gekommen, er durfte sein Theologiestudium mit anderen Pfarranwärtern im „Stacheldrahtseminar“von Chartres fortsetzen. Das hat ihn geprägt. „Ob Zufall oder Fügung: Retout und Spohn haben sich gefunden und nicht wieder losgelassen“, hat Baustettens Ortsvorsteher Dietmar Kögel die beiden gewürdigt. Sie sind inzwischen verstorben, die Freundschaft zwischen Baustetten und dem Tal der Béthune aber wird zum Teil bereits in der dritten Generation gepflegt.
Josef Sontheimer war ein Mann der ersten Stunde im Baustetter Partnerschaftskomitee. „Wir haben damals extra einen kleinen Chor zusammengestellt und beim Besuch in der Normandie vierstimmig in der Kirche gesungen“, erinnert sich der 89-Jährige. Mit dem Feste feiern hatten es die französischen Freunde anfangs weniger, erzählt er, „doch mit den Jahren haben sie uns übertrumpft“. Von der herzlichen Aufnahme ganz zu schweigen: „In einem Jahr haben wir bei einem Metzger übernachtet, da wog ich nach einer Woche fünf Kilo mehr.“
Vor zwei Jahren ist Sontheimer erstmals nicht mit in die Normandie gereist, aus gesundheitlichen Gründen. Das Jubiläum am Wochenende aber feiern er und seine Frau Gertrud ganz sicher mit.
Wie ein guter Wein
Eineinhalb Regalmeter Partnerschaft stehen bei Ursula Klinker in blauen, weißen und roten Ordnern – offizieller Schriftverkehr und Berichte im Namen des Partnerschaftskomitees, dem sie und ihr Mann Willy bis heute angehören. Außerdem sind da fünf stattliche Plastikboxen, sie enthalten die gesammelte private Korrespondenz mit den französischen Freunden. Über Gott und die Welt hat man einander geschrieben, und zu fast jedem Brief, jeder Postkarte fällt der Baustetterin, die bereits 1968 einen Landwirtschaftsschüler mit Namen Alain beherbergte, eine Geschichte ein. Zum Beispiel jene von Joseph Cahot, der sich „Le Poète“( der Dichter) nannte, eine gestochen schöne Handschrift pflegte und gern Pralinen schickte. Ursula Klinkers letzter Brief an ihn kam wenige Stunden nach seinem Ableben im Tal der Béthune an. Cahots Anverwandte gaben ihn dem Verstorbenen mit auf die letzte Reise.
Dutzende Besucher aus der Normandie hatten Klinkers in ihrem Haus zu Gast, darunter alle Pfarrer – „das hat sich so ergeben“. Im August 1984 schrieben „Bruno et Véronique“ins Gästebuch, Baustetten sei wie ein guter Wein: „Wer einmal davon gekostet hat, kommt nicht mehr daran vorbei.“Braucht es der Worte mehr?
„Wir sind voller Vorfreude“, sagt der Ortsvorsteher Dietmar Kögel.