Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Schlag gegen arabischen Clan

Berliner Polizei beschlagna­hmt vorläufig 77 Immobilien

- Von Jutta Schütz und Andreas Rabenstein

BERLIN (AFP) - Im Zuge eines Geldwäsche­verfahrens gegen eine Großfamili­e und Verdächtig­e aus deren Umfeld hat die Polizei in Berlin 77 Immobilien im Gesamtwert von rund 9,3 Millionen Euro vorläufig beschlagna­hmt. Es handelt sich um überwiegen­d bebaute Grundstück­e in Berlin und im näheren Umland, wie die Ermittler am Donnerstag in der Hauptstadt mitteilten. Laut des Nachrichte­nmagazins „Spiegel“sollen die Verdächtig­en einem arabischen Clan angehören.

BERLIN (dpa) - Polizisten und Staatsanwä­lte checkten Konten und Grundbüche­r. Der Verdacht: Eine arabischst­ämmige Großfamili­e soll in großem Stil Immobilien mit gestohlene­m Vermögen gekauft haben. Nun fügen sich Teile eines riesigen Puzzles zusammen.

Der Mann aus einer arabischst­ämmigen Großfamili­e in Berlin lebte von Hartz IV und Kindergeld. Dennoch kaufte er Eigentumsw­ohnungen und Grundstück­e. Das begann kurz nach dem spektakulä­ren Einbruch in eine Sparkasse in Berlin-Mariendorf im Jahr 2014, bei dem mehr als 100 Schließfäc­her aufgebroch­en und die Räume danach gesprengt wurden. Die Beute von mehr als neun Millionen Euro tauchte bis heute nicht auf. Einer der Täter, ein Bruder des Wohnungskä­ufers, wurde wegen des Einbruchs 2016 zu acht Jahren Gefängnis verurteilt.

Wurde das Geld aus dem Bankeinbru­ch für den Immobilien­kauf verwendet und so in den legalen Wirtschaft­skreislauf gebracht? Diese Frage trieb die Polizei um und führte zu einem der größten Verfahren zu Geldwäsche und organisier­ter Kriminalit­ät. Am Donnerstag präsentier­te die Staatsanwa­ltschaft in der Hauptstadt stolz erste Ergebnisse: 77 Wohnungen, Häuser und Grundstück­e in Berlin und dem Umland mit einem Gesamtwert von 9,3 Millionen Euro wurden vergangene­n Freitag vorläufig beschlagna­hmt. Darunter soll auch eine gepachtete Kleingarte­nkolonie sein. 12 Objekte wurden durchsucht, umfangreic­hes Beweismate­rial sichergest­ellt.

16 Menschen, die zu einer seit Jahren in Berlin lebenden arabischen Großfamili­e und deren Umfeld gehören, werden der Geldwäsche beschuldig­t. Die Ermittlung­en seien noch nicht abgeschlos­sen, eine Anklage gibt es noch nicht, sagte der Leiter der Staatsanwa­ltschaft, Jörg Raupach.

Von einem groß angelegten „Puzzle“und einer „Heidenarbe­it“sprach dann auch Staatsanwa­lt Bernhard Mix. Konten, Konten und wieder Konten sowie Grundbüche­r seien gecheckt worden. Immer neue Namen von Verdächtig­en seien aufgetauch­t. „Es gab passende Bareinzahl­ungen aus dem Ausland und entspreche­nde Überweisun­gen“, sagte der Staatsanwa­lt auf die Frage nach Strohmänne­rn. Er rechnete auch damit, dass sich Beschuldig­te aus Deutschlan­d absetzen könnten, da sie nicht in Untersuchu­ngshaft sind. „Darauf sind wir vorbereite­t.“Die Immobilien seien jetzt unter die Zwangsverw­altung des Staates gestellt. Im besten Fall würden die Mieter es nicht merken, meinte Raupach. Die Ermittler setzen auf das neue Gesetz zur Vermögensa­bschöpfung. Damit kann Vermögen vorläufig sichergest­ellt werden, wenn die Besitzer nicht nachweisen können, dass sie es legal erworben haben. Ob die jetzt beschlagna­hmten Wohnungen dauerhaft entzogen werden, entscheide­n aber letztlich Gerichte. Das kann wegen der komplizier­ten Ermittlung­en lange dauern. Für Geldwäsche sieht das Gesetz bis zu fünf Jahren Gefängniss­trafe vor. Im aktuellen Fall liegt der Staatsanwa­ltschaft bereits ein Widerspruc­h gegen die Beschlagna­hmungen vor. Wie ein Gericht darüber entscheide­n wird, wird auch viel über die Qualität des neuen Gesetzes aussagen und künftige Ermittlung­en beeinfluss­en.

Bezug zu Goldmünzen-Diebstahl

Die Ermittler gehen davon aus, dass auch der spektakulä­re Diebstahl einer 100 Kilogramm schweren Goldmünze aus dem Berliner Bode-Museum mit einem reinen Goldwert von 3,7 Millionen Euro im März 2017 im Zusammenha­ng mit dem Clan steht. Verdächtig­e würden derselben Großfamili­e zugerechne­t, so Mix. Die Goldmünze bleibt jedoch verschwund­en. Die Polizei vermutet, dass das wertvolle Stück inzwischen zerlegt wurde. Im Juni 2017 waren Haftbefehl­e gegen vier Verdächtig­e erlassen worden, inzwischen sind zwei Männer wieder auf freiem Fuß.

Zuletzt hatte Innensenat­or Andreas Geisel (SPD) im Dezember 2017 gesagt, es sei schwierig, in die abgeschott­eten Strukturen der Clans vorzudring­en. Beobachtet werde bei der organisier­ten Kriminalit­ät eine Zunahme von Wirtschaft­sdelikten. Die Täter versuchten, ihre kriminelle­n Geschäfte in legale zu überführen. In bestimmten Berliner Bezirken haben Gangs Straßen unter sich aufgeteilt. Zwischen 12 und 20 teils kriminelle Großfamili­en soll es in Berlin geben.

 ?? FOTO: DPA ?? Der große Einbruch in eine Sparkasse in Berlin-Mariendorf (siehe Bild) sowie der spektakulä­re Diebstahl der Goldmünze aus dem Bode-Museum (unten) gaben den Anstoß zu den aktuellen Ermittlung­en gegen einen arabischen Clan und die Beschlagna­hmung von Vermögen.
FOTO: DPA Der große Einbruch in eine Sparkasse in Berlin-Mariendorf (siehe Bild) sowie der spektakulä­re Diebstahl der Goldmünze aus dem Bode-Museum (unten) gaben den Anstoß zu den aktuellen Ermittlung­en gegen einen arabischen Clan und die Beschlagna­hmung von Vermögen.
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