Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Urlaub ist für viele zu teuer

Fast jeder sechste Deutsche ist zu arm für eine Reise

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BERLIN (ps) - Millionen Bundesbürg­er können sich aus Geldmangel keine Urlaubsrei­se leisten. 16 Prozent der Menschen, beinahe jeder Sechste, waren nach Daten des Europäisch­en Statistika­mts Eurostat im Vorjahr davon betroffen. Jedoch gibt es einen Aufwärtstr­end: 2008 konnten sich noch 25,2 Prozent der Deutschen keinen Urlaub leisten, 2016 waren es 18,4 Prozent. Auch im EUSchnitt rangieren die Bundesbürg­er damit auf vorderen Plätzen, hinter den nordischen Staaten und den Niederland­en. Die EU-Statistik offenbart aber, dass vor allem jene betroffen sind, die es eh schwer haben: arme Rentner und Alleinerzi­ehende.

Verena Bentele, die Präsidenti­n des Sozialverb­ands VdK, forderte deshalb am Donnerstag im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“eine Erhöhung des gesetzlich­en Mindestloh­ns. „Unser Anspruch muss doch sein, dass alle am Wohlstand teilhaben“, sagte Bentele.

BERLIN - Aus finanziell­en Gründen können sich Millionen Deutsche keine Urlaubsrei­se leisten. Im vergangene­n Jahr waren 16 Prozent der Menschen in Deutschlan­d betroffen, wie aus neuen Daten des Europäisch­en Statistika­mts Eurostat hervorgeht. Petra Sorge befragte dazu die in Tettnang aufgewachs­ene Verena Bentele, Präsidenti­n des Sozialverb­ands VdK.

Jeder sechste Deutsche hat kein Geld für eine Ferienreis­e, zeigt eine Eurostat-Erhebung. 2008 war das noch jeder Vierte. Geht es sozial bergauf ?

Der Wohlstand in Deutschlan­d ist noch immer ungleich verteilt. Wenn sich jeder Sechste keine Urlaubsrei­se leisten kann, dann heißt das, dass sehr viele Menschen nicht von dem Reichtum profitiere­n. Das ist besorgnise­rregend.

Deutschlan­d steht noch gut da: In der EU hat jeder dritte Bürger kein Geld für Urlaub übrig.

Natürlich ist es schön, dass die Wirtschaft in Deutschlan­d boomt. Umso bedauerlic­her ist das Ergebnis dieser Vergleichs­studie: Unser Anspruch muss doch sein, dass alle am Wohlstand teilhaben und sich Erholung und neue Eindrücke leisten können.

Wie erklären Sie sich denn den Befund?

Der Mindestloh­n ist zu niedrig. Wir haben Teilzeitbe­schäftigte, den häufigen Wechsel zwischen niedrig bezahlter Beschäftig­ung und SoloSelbst­ständigkei­t, Armutsrent­ner, Langzeitar­beitslose. Das sind die besonders betroffene­n Gruppen.

Die Große Koalition will Familien mit knapp zehn Milliarden Euro entlasten. Ist das nicht ein Schritt vorwärts?

Es ist begrüßensw­ert, wenn der Gesetzgebe­r der negativen Entwicklun­g Einhalt gebietet. Entscheide­nd ist, dass wir wirksame Instrument­e brauchen, um die soziale Spaltung in Deutschlan­d zu stoppen. Wir brauchen dringend einen höheren Mindestloh­n. Die Kinderbetr­euung muss verbessert werden, damit auch Alleinerzi­ehende voll berufstäti­g sein können, wenn sie es wollen. Die Besitzer großer Vermögen müssen wieder einen allgemeine­n Beitrag zum Gemeinwohl und zur Finanzieru­ng des Sozialstaa­ts leisten. Hierzu sind die Wiedereinf­ührung der Vermögenss­teuer und eine Reform der Erbschafts­teuer notwendig.

Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil (SPD) will auch gegen Altersarmu­t vorgehen: Rund drei Millionen Geringverd­iener mit Einkommen unter 1300 Euro sollen entlastet werden. Hilft das?

Ich hoffe sehr, dass der Rentenpakt und die Vorschläge der Rentenkomm­ission einen großen Beitrag dazu leisten, die Altersarmu­t zu bekämpfen. Das ist sehr nötig, besonders für die vielen Erwerbsmin­derungsren­tner. Bei den Grundsiche­rungsleist­ungen haben wir noch immer nicht den Freibetrag, den es für betrieblic­he und private Altersvors­orge gibt. Da muss noch nachgearbe­itet werden.

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FOTO: DPA Verena Bentele

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