Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Bildungsplattform Ella ist kaum noch zu retten
Entwickler bekommen letzte Frist vom Land – Jetzt müssen sie in New York verhandeln
STUTTGART - Die Zukunft der Bildungsplattform Ella sieht düster aus. Bis Ende August müssen die Entwickler von Iteos einen Vertrag mit einem Dienstleister vorlegen, sonst will Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) das Projekt einstampfen. Das Problem: Der Dienstleister Fluid Ops ist von der amerikanischen Firma Veritas gekauft worden. Seitdem ist die Kooperation schwierig. Um Ella doch noch zu retten, treffen sich Iteos-Spitzen mit Veritas – und fliegen dafür nach New York.
Kurz vor dem Start gestoppt
Das Ringen um Ella dauert seit Monaten an. Eisenmann hatte das Projekt kurz vor dessen Start im Februar gestoppt – zu gravierend seien die Mängel gewesen. Auch der Bildungsausschuss des Landtags hat sich schon zweimal intensiv mit dem Thema befasst. Am Donnerstag befragten die Abgeordneten nun erstmals die Spitzen von Iteos. Das ist der Entwickler, der aus dem kommunalen Zweckverband „Kommunale Datenverarbeitung Baden-Franken“(KIVBF) hervorgegangen ist.
Es klang ernüchternd, was IteosGeschäftsführer William Schmitt und der stellvertretende Verbandsvorsitzende Stefan Dallinger, CDULandrat aus dem Rhein-NeckarKreis, vorbrachten. Über Jahre hatte ihr Verband mit Fluid Ops zusammengearbeitet. Die Firma aus Walldorf ging aber Ende Februar an das US-Unternehmen Veritas. Für die Weiterentwicklung von Ella braucht es nun einen neuen Vertrag mit Veritas. Aber: „Die wissen, dass wir hier unter Zugzwang stehen und erpressbar sind“, sagte Iteos-Geschäftsführer Schmitt. Der Kontakt laufe schleppend. Fragen der Haftung, der Wartung und der Zeitdauer, bis wann Ella an den Start gehen kann, seien offen. Ebenso, wie teuer sich Veritas seine Arbeit bezahlen lassen will. Bislang seien insgesamt 6,2 Millionen für die Entwicklung geflossen, erklärte Eisenmann. Sie habe die Zahlungen im Februar gestoppt. Bis 2019 sind im Haushalt rund 28 Millionen Euro für das Projekt eingestellt.
Die Kultusministerin sprach auch im Namen von Innen- und Digitalisierungsminister Thomas Strobl, als sie sagte: „Bis zum 31. August wollen wir ein unterschriftsreifes Vertragswerk mit Veritas vorgelegt bekommen.“Diese Aufgabe hatte Iteos eigentlich schon bis Mitte Juli. Außerdem sei fraglich, ob man mit so einem Partner in Zukunft weiter arbeiten könne. „Mein Vertrauen hält sich in Grenzen“, so Eisenmann. Wird bis dahin kein Vertrag geschlossen, oder einer, mit dem sie und Strobl unzufrieden seien, werde Ella „rückabgewickelt“.
Iteos legte den Abgeordneten einen möglichen Zeitplan für die Einführung von Ella vor – so das Projekt denn fortgesetzt wird. Im Mai 2019 sollen demnach fünf Schulen Zugriff auf die Bildungsplattform haben. Im September soll sie dann flächendeckend ausgerollt werden. Und falls das nicht klappt? „Wir haben im Hintergrund einen Plan B“, sagte Schmitt. Dieses vertragliche Problem wäre ohnehin aufgetreten – unabhängig von den technischen Mängeln, sagte KIVBF-Verbandsvize Dallinger zur „Schwäbischen Zeitung“. Für den schwierigen Umgang mit Veritas machte er die Kultusministerin mit verantwortlich – Eisenmann hatte ihren Unmut über Iteos seit Monaten deutlich geäußert. „Jede öffentliche Äußerung während Vertragsgesprächen ist nicht gerade förderlich“, sagte Dallinger der „Schwäbischen Zeitung“.
Opposition: „Es herrscht Chaos“
Die Opposition ist sauer – auf Iteos, aber auch auf die Ministerin. „Die Sitzung hat gezeigt, dass das totale Chaos herrscht“, sagte Timm Kern (FDP) nach dem Bildungsausschuss und forderte: „Wir brauchen ein eigenständiges Digitalisierungsministerium mit Profis.“Er sieht ein politisches Versagen: Das Projekt sei von den Verantwortlichen nicht gemanagt worden. Er habe schon vor Monaten für einen Neustart der Bildungsplattform plädiert, so Kern.
Für Stefan Fulst-Blei (SPD) ist Eisenmann ihrer Führungsaufgabe nicht gerecht geworden. Stattdessen sei sie damit beschäftigt, anderen die Schuld zuzuschieben. „Sie muss entweder führen, oder ihr Amt abgeben.“
Klaus Dürr (AfD) betonte: „Wir brauchen eine Bildungsplattform.“In die aktuellen Partner habe er indes kein Vertrauen.