Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Israel verabschiedet umstrittenes Gesetz zu jüdischem Nationalstaat
Ursprüngliche Version deutlich entschärft – Arabische Minderheit spricht dennoch vom „Tod der Demokratie“
JERUSALEM (dpa) - Unter heftigen Protesten hat das israelische Parlament ein Gesetz verabschiedet, das Israels Status als jüdischer Nationalstaat verankert. Hebräisch wird zur offiziellen Landessprache erklärt, während Arabisch – bisher zweite Amtssprache – nur noch einen „Sonderstatus“erhält. Der Bau jüdischer Gemeinden in Israel soll besonders gefördert werden. 62 von 120 Abgeordneten stimmten in der Nacht zum Donnerstag dafür, 55 dagegen, wie israelische Medien berichteten. Der Rest war abwesend oder enthielt sich. Der ursprüngliche Entwurf des kontroversen „Nationalitätsgesetzes“wurde deutlich entschärft.
Der umstrittenste Artikel sollte ursprünglich die Errichtung ausschließlich jüdischer Wohnorte ermöglichen. Die neue Version enthält allerdings nur noch die Formulierung: „Der Staat sieht die Entwicklung jüdischer Gemeinden als nationalen Wert an und wird diese ermutigen und fördern.“Zuvor hieß es, Gemeinden könnten Menschen etwa wegen ihrer Religion oder Nationalität ausschließen.
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu sprach von einem „Schlüsselmoment“in der Geschichte des Zionismus und des Staates Israel. Arabische Abgeordnete reagierten dagegen mit lauten Protestrufen und zerrissen den Gesetzentwurf in einer symbolischen Geste. Der arabische Abgeordnete Ahmed Tibi sprach von einem rassistischen Gesetz, das den „Tod der Demokratie“in Israel bedeute.
Auch der palästinensische Ministerpräsident Rami Hamdallah sprach von einem „rassistischen Gesetz“. Es sei ein „weiterer Versuch, die arabisch-palästinensische Identität auszulöschen und eine Apartheid-Politik zu institutionalisieren und legitimieren, anstatt den Frieden voranzubringen“. Eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini äußerte sich „besorgt“. „Demokratie und Gleichberechtigung – auch bei Minderheitsrechten – sind grundlegende Werte, die unsere Gesellschaften definieren“, sagte sie.
Der Sprecher des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan sagte nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu, sein Land verurteile das Gesetz „aufs Schärfste“. Das sei ein „rassistischer Schritt“. Er appellierte an die internationale Gemeinschaft, auf „diese Ungerechtigkeit“zu reagieren.
Israel hatte vergangene Woche den EU-Botschafter Emanuele Giaufret gerügt, weil er rassistische Tendenzen in dem Gesetz kritisiert hat. Es sei besonders diskriminierend gegen arabische Israelis. Rund 20 Prozent der etwa neun Millionen Israelis sind Araber, rund 75 Prozent Juden. Kritik wird auch innerhalb der Regierungspartei Likud laut. Der Abgeordnete Benny Begin, Sohn des Likud-Gründers und ehemaligen Ministerpräsidenten Menachem Begin, enthielt sich bei der Abstimmung. Er begründete dies damit, dass das Gesetz die Rechte der arabischen Minderheit verletze.
Das Gesetz sieht auch eine Stärkung der Beziehungen zwischen Israel und jüdischen Gemeinden in der Diaspora vor. Das American Jewish Committee (AJC) reagiert jedoch „tief enttäuscht“auf den Vorstoß.