Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Asylminister
Im Fall Sami A. sitzt NordrheinWestfalens FDP-Integrationsminister Joachim Stamp mit Bundesinnenminister Horst Seehofer von der CSU in einem Boot: Beide müssen sich des Verdachtes erwehren, dass sie, um einen Gefährder abzuschieben, es mit den Regeln des Rechtsstaats nicht so genau nehmen. Das sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die beiden Minister sonst wenig verbindet: Ein seit Langem für diese Woche angesetztes Treffen wurde kurzfristig abgesagt – es seien auf Arbeitsebene noch zu viele Fragen offen geblieben, wie es hieß.
Zwar will Stamp Gefährder und kriminelle Asylbewerber konsequenter abschieben als die rot-grüne Vorgängerregierung und dafür „alle rechtlichen Möglichkeiten ausreizen“. Gleichzeitig wirbt er für ein Bundeseinwanderungsgesetz und für eine Stichtagsregelung. Diese soll Migranten einen langfristigen Aufenthalt in Deutschland ermöglichen, wenn sie Arbeit gefunden haben und nicht kriminell sind. Ausdrücklich bekennt sich Stamp zu einer „Willkommenskultur“. Das würde man von Seehofer so nicht hören.
Als er mit dem Regierungswechsel in NRW zum stellvertretenden Ministerpräsidenten aufstieg, hatte Stamp beim Zuschnitt seines Ressorts freie Hand. Er holte den Bereich Ausländerrecht vom Innenministerium in sein neu gebildetes Familienund Integrationsministerium. Inzwischen ist er für die FDP auch über NRW hinaus ein wichtiges Gesicht in asylpolitischen Fragen. Für die Partei, der vor nicht allzu langer Zeit noch vorgeworfen wurde, medial nur aus Christian Lindner zu bestehen, ist das ein erheblicher Gewinn. Ulrich Mendelin