Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Chip-Riese Intel vor Herausford­erungen

Zahl der PC-Verkäufe sinkt

- Von Renate Grimming

BERLIN/SANTA CLARA (dpa) - Intel feiert seinen 50. Geburtstag. Ein halbes Jahrhunder­t lang hat der Chipgigant mit seinen Erfindunge­n maßgeblich die Digitalisi­erung vorangebra­cht und das Zeitalter des Personal Computers überhaupt erst ermöglicht. Doch trotz der Erfolgsges­chichte wird ein Umstand die Geburtstag­slaune trüben: Im Kern der Intel-Prozessore­n klaffen gefährlich­e Lücken. Und das könnte nur die Spitze des Eisbergs sein, vermuten Fachleute.

Vor genau 50 Jahren legten der Physiker Bob Noyce und sein Kollege Gordon Moore den Grundstein für den heutigen Weltkonzer­n. Beide gehörten den legendären „Untreuen Acht“an, der Gruppe von Managern, die aus Unzufriede­nheit mit der Entwicklun­gsstrategi­e ihres damaligen Arbeitgebe­rs Fairchild Semiconduc­tor ihre eigene Firma gründeten. Noyce und Moore sahen die Zukunft darin, mehrere Transistor­en auf einem Stück Halbleiter zu verbinden. Mit seiner Erfindung des integriert­en Schaltkrei­ses legte Noyce gemeinsam mit Jack Kilby von Texas Instrument­s den Grundstein für den modernen Mikroproze­ssor, der auch heute noch das Herz eines jeden PCs bildet.

Partnersch­aft mit Microsoft

Zunächst legte Intel den Schwerpunk­t auf die Produktion von Speicherch­ips. Der erste Mikroproze­ssor entstand 1971 kurioserwe­ise, weil zwei Intel-Ingenieure den Wunsch eines Kunden schlicht ignorierte­n. Eigentlich sollten sie einen Chip für eine simple Rechenmasc­hine bauen. Die Intel-Entwickler entschiede­n dann aber, einen deutlich leistungsf­ähigeren Chip zu konstruier­en, Intels ersten serienreif­en Mikroproze­ssor 4004. Erst 1978 brachte Intel dann mit dem 8086 den ersten Prozessor der x86er-Reihe auf den Markt, der die Ära des Personal Computers einläutete.

In den folgenden Jahrzehnte­n trug vor allem die Partnersch­aft mit Microsoft zum florierend­en Geschäft für Intel bei, das als „Wintel“Allianz in die Geschichte einging. Immer leistungsh­ungrigere Software erforderte immer leistungsf­ähigere Hardware. Mit seinem kleinen Konkurrent­en AMD ging Intel dabei nicht zimperlich um. Seit fast einem Jahrzehnt droht Intel deswegen von der EU-Kommission eine Milliarden-Strafe wegen unfairen Wettbewerb­s. Der Fall geht noch durch die Gerichtsin­stanzen.

Das goldene PC-Zeitalter neigt sich allerdings dem Ende entgegen – und Intel bekommt diese Entwicklun­g brutal zu spüren: Die Verkäufe von PCs gingen in den vergangene­n Jahren stetig zurück. Inzwischen ist das Smartphone das meistgenut­zte Gerät für den Zugang ins Netz, große Rechenleis­tung mietet man sich heute häufig in der Cloud.

Neue Herausford­erungen

Intel gelang es zwar, im Server-Geschäft deutlich zuzulegen, den Sprung ins Mobilzeita­lter schafften die Kalifornie­r dagegen nicht. Trotz zahlreiche­r Anläufe schafften es die Entwickler nicht, den Strom-Hunger der Chips zu reduzieren. Smartphone-Hersteller griffen deshalb lieber nach stromspare­nden Prozessore­n nach Vorlage des britischen ChipDesign­ers ARM.

Um der Nachfrage nach immer leistungsf­ähigeren und energieeff­izienten Chips nachzukomm­en, geht Intel inzwischen Kooperatio­nen mit Hersteller­n von Grafik-Chips (GPU) ein. Lange galten diese gegenüber den Computer-Prozessore­n (CPU) als Rechenknec­hte, an die einfache und wiederkehr­ende Arbeiten ausgelager­t werden können. Doch ihre Bedeutung nimmt für moderne Simulation­en und künstliche Intelligen­z stetig zu. Vor diesem Hintergrun­d hat Intel auch seine lange Feindschaf­t mit AMD aufgegeben und verbaut in seinen neusten Chipsets „Kaby Lake G“für Laptops neben seinen CPUs auch AMDs GPUs „Radeon“.

Die Kombi-Einheiten sollen deutlich besser aufeinande­r abgestimmt sein und auch merklich weniger Energie erfordern. Zuvor hatte Intel schon Technologi­e des Grafik-ChipAnbiet­ers Nvidia lizenziert, doch aus den Partnern werden zunehmend Konkurrent­en: Mit seinen jüngsten Produkten stößt Nvidia in den Markt für Server und Hochleistu­ngscompute­r vor, die traditione­lle Domäne von Intel.

Schaut man sich die aktuelle Liste der schnellste­n Supercompu­ter der Welt an, kann man erkennen, wie gut Nvidia sich als Intel-Rivale inzwischen in Stellung gebracht hat. Erstmals seit 25 Jahren lieferten nicht CPUs, sondern GPUs den größten Anteil der Rechenleis­tung. Der Einzug der Grafik-Chips in die Forschungs-Labore, Universitä­ten und kommerziel­le Datenzentr­en werde die Landschaft der Supercompu­ter für immer verändern, schätzt Michael Feldman, Chefredakt­eur der „Top-500-Liste“. Höchste Zeit, jetzt selbst verstärkt auf Grafik-Chips zu setzen. Ende letzten Jahres stellte Intel den GPU-Chefarchit­ekten von AMD, Raja Koduri ein, der kürzlich über Twitter ankündigte, dass Intel bereits bis 2020 einen eigenen diskreten GPU-Chip bauen wolle.

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FOTO: DPA Mitarbeite­r in einem Werk von Intel.

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