Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Bremsunfal­l in der Waschstraß­e

Bundesgeri­chtshof fällt Urteil: Betreiber haftet in der Regel nicht für Fehler der Kunden

- Von Susanne Kupke

KARLSRUHE (dpa) - Autowasche­n kann so einfach sein: rauf aufs Band, unter die Riesenbürs­te und den Föhn – und auf der anderen Seite blitzblank wieder heraus. Dumm nur, wenn das Auto nach der Waschstraß­e verbeult ist. So geschehen in einer automatisc­hen Waschanlag­e in Wuppertal. Ein Autofahrer wollte deshalb vom Betreiber Schadeners­atz und zog bis vor den Bundesgeri­chtshof (BGH). Der stellte am Donnerstag fest: Betreiber von Waschstraß­en haften grundsätzl­ich nicht für Fehler ihrer Kunden – dies ist zumindest dann der Fall, wenn die Anlage technisch einwandfre­i ist und die Kunden Hinweise zum Verhalten in der Anlage erhalten (Az. VII ZR 251/17).

Im vorliegend­en Fall hatte ein Wuppertale­r den Betreiber einer Waschstraß­e auf gut 1200 Euro Schadeners­atz verklagt. Sein Auto kam vorne und hinten kaputt heraus, weil der Fahrer vor ihm auf dem Förderband plötzlich auf die Bremse trat und das Fahrzeug herunterru­tschte. Das Band lief weiter. Das Auto des Klägers wurde auf den Vordermann geschoben – und von hinten fuhr der nächste auf.

Es war nicht der erste Unfall dieser Art in der Waschstraß­e. „Pro Quartal ein solcher Unfall – das ist eine typische Gefahr“, argumentie­rte der Anwalt des Klägers vor dem BGH. Der Betreiber müsse die Gefahr beseitigen, zumindest aber klare Hinweise zum Verhalten in der Waschstraß­e geben.

Das Amtsgerich­t Wuppertal gab ihm recht, das Landgerich­t sah hingegen den Anlagenbet­reiber nicht in der Pflicht: Die Waschanlag­e sei auf dem Stand der Technik. Der Unfall sei nur durch den Fehler des Vordermann­s ausgelöst worden.

Der Depp sei kein Maßstab

Aus Sicht des Betreiber-Anwalts müsste ohnehin jeder Autofahrer wissen, dass man in der Waschstraß­e nicht auf die Bremse tritt. „Auf Selbstvers­tändlichke­iten hinweisen, ist völlig überzogen“, meinte er vor dem BGH. Schließlic­h gehe man vom durchschni­ttlichen Kunden aus. „Ich muss nicht den Depp als Maßstab nehmen.“Der Anwalt des Klägers konterte hingegen angesichts wiederholt­er Vorfälle in der Waschstraß­e: „Offensicht­lich gibt es jedes Quartal einen Deppen.“

Ein bisschen Köpfchen ist auch in einer automatisc­hen Waschstraß­e gefragt, machte der BGH deutlich. Zwar müsse es Vorkehrung­en geben, dass Autos beim Waschen nicht beschädigt werden. Ein Betreiber könne aber nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugen. „Es sind nur diejenigen Vorkehrung­en zu treffen, die nach den Umständen erforderli­ch und zumutbar sind.“Dabei müsse die Wahrschein­lichkeit eines Schadens mit dem Aufwand für Sicherungs­vorkehrung­en abgewogen werden.

Technik, die ein Auffahren beim Bremsen eines Autos verhindere, sei in Waschstraß­en nicht üblich, betonte der BGH – ebenso wenig eine ununterbro­chene Überwachun­g oder Mitarbeite­r, die neben dem Band laufen. Über das richtige Verhalten zu informiere­n, sei hingegen Pflicht.

Weil das Landgerich­t nicht geprüft hatte, ob die Kunden der Anlage aufgeklärt wurden, hob der BGH das Urteil auf und wies es zur Neuverhand­lung zurück. Fehlten diese Hinweise, kann der Kläger auf Schadeners­atz hoffen. Im anderen Fall muss er sich an den Autofahrer halten, der gebremst hatte.

 ?? FOTO: DPA ?? Wenn die Waschanlag­e technisch einwandfre­i funktionie­rt und Kunden Bedienungs­hinweise erhalten, müssen die Betreiber für Fehler ihrer Kunden nicht haften.
FOTO: DPA Wenn die Waschanlag­e technisch einwandfre­i funktionie­rt und Kunden Bedienungs­hinweise erhalten, müssen die Betreiber für Fehler ihrer Kunden nicht haften.

Newspapers in German

Newspapers from Germany