Schwäbische Zeitung (Laupheim)
„Mehr als ein Sechser im Lotto“
Telekom will Ertingen kostenlos zur Gigabit-Gemeinde machen – Bürgermeister appelliert an Bürger
ERTINGEN (wl) - „Eine Sensation.“Ertingens Bürgermeister Jürgen Köhler kann sein Glück kaum fassen: Als einzige Modellgemeinde in BadenWürttemberg bietet sich Ertingen die Chance, den Glasfaserausbau kostenfrei zu realisieren und die Anschlüsse buchstäblich „bis in die Stube“durch die Telekom verlegen zu lassen.
Noch vor Kurzem bereitete der Glasfaserausbau Köhler Kopfzerbrechen. Für die Umsetzung dieses Vorhabens stand eine Summe in Höhe von rund 15 Millionen Euro im Raum – für die Gemeinde eine enorme Belastung. Nun hat sich das Blatt gewendet. Keine direkten Kosten für die Gemeinde, befristet ein kostenloser Hausanschluss und ein vorgesehener Baubeginn schon im nächsten Jahr: „Ich kann es kaum glauben“, so der Bürgermeister.
Die Telekom verfolge das Ziel, den Breitbandausbau auch im ländlichen Raum mitzutragen, so Martin John, Regio-Manager Infrastruktur der Telekom. In diesem Zuge habe Ertingen die Chance, ganz vorne dabei zu sein. Voraussetzung dafür ist, dass zwischen September und November 850 Anschlüsse unterzeichnet werden.
Sollten die Voraussetzungen erfüllt werden, bietet die Telekom im Ausbaugebiet Bandbreiten von bis zu einem Gigabit pro Sekunde. Wer sich bis Ende November für ein Glasfaserprodukt der Telekom entscheidet, bekommt den Hausanschluss kostenfrei und spart dabei 799,95 Euro.
„Heute das Glasfasernetz bis zum Grundstück zu bringen und dafür etwa 15 Millionen Euro zu investieren, ist momentan undenkbar“, so der Bürgermeister. Die Gemeinde habe anderweitige Pflichtaufgaben zu erfüllen wie die Sanierung der Schule oder auch des Kanalnetzes. Daher sei in den nächsten drei Jahren gar nicht an einen Glasfaserausbau zu denken. Da nun die Telekom die Kosten für die komplette Installation übernimmt, bleibt an der Gemeinde „nichts hängen“. Unterstützend wird man sich aber auf jeden Fall an dem Vorhaben beteiligen, vor allem wenn es um die Koordination geht. „Wenn jemand zwei und zwei zusammenzählen kann, muss er unbedingt hier mitmachen, denn er spart Geld und hat das Netz bis in die Stube“, bewertet Köhler das Angebot.
Die Telekom werde nun zügig ein Büro beziehen, in dem sich die Bürger informieren und auch Verträge abschließen können, blickt John voraus. Diese Vorvermarktung dauert drei Monate. Wer in dieser Zeit abschließt, zahlt keine Anschlussgebühr und entrichtet ein Jahr lang einen Monatsbeitrag von 19,95 statt 38,50 Euro. „Wenn wir unser Vermarktungsziel erreicht haben, werden wir unverzüglich mit den Planungen beginnen, also Ende September“, umreißt der Regionalmanager den Zeitplan. Baubeginn wäre dann nach seiner Aussage im Jahr 2019 und die Bauzeit schätzt er auf zwei bis drei Jahre. „Der Glasfaseranschluss bietet dann alle Möglichkeiten für digitale Anwendungen wie VideoStreaming, Gaming oder Arbeiten von zu Hause. Er eignet sich auch für Technologien wie Virtual Reality, Telemedizin und Smart Home“, so John.
„Wenn wir nächstes Jahr damit starten können, bedeutet dies für Ertingen einen Quantensprung in der Digitalisierung. Das ist mehr als ein Sechser im Lotto“, so Köhler, der hofft dass die Bürger diese Chance erkennen, denn der Nutzen für die Anschlussnehmer, auch für Industrie, Handel und Gewerbe, sei groß.