Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Mit Blühoasen gegen das Insektenst­erben

Hobbyimker Werner Eisele hat mittlerwei­le 6000 Quadratmet­er farbenfroh­er Insektenpa­radiese geschaffen

- Von Bernd Baur

SCHWENDI - Alle reden vom Insektenst­erben, aber wer tut was dagegen? In Schwendi ist es der passionier­te Hobbyimker Werner Eisele, der mit den Blühoasen ein Zeichen setzen und Lebensraum für Nützlinge schaffen will. Die blühenden Streifen mit bis zu 60 verschiede­nen Pflanzen sind nicht nur etwas für das Auge des Betrachter­s, sondern dienen Bienen, Hummeln, Schmetterl­ingen & Co. über den Sommer hinweg als Nahrungsqu­elle.

2015 hatte Werner Eisele die ersten Blühstreif­en in Schwendi angelegt. Seither wiederholt der 70-Jährige dieses Engagement jedes Jahr. Heuer hat er die Fläche noch einmal ausgeweite­t, insgesamt sind es damit 6000 Quadratmet­er vielseitig­e und farbenfroh­e Insektenpa­radiese. Neben dem Sportplatz hat Landwirt Harald Gramm von seinem Maisacker etwas für den Blühstreif­en abgezwackt, vor dem stillgeleg­ten Biomassekr­aftwerk schimmert es überwiegen­d blau durch die Hainblume und Hundszunge und beim Bolzplatz in der süd-östlichen Gemeindeec­ke schwirren die Bienen und Insekten auch über ein Blütenmeer.

Um diese drei Blühoasen schaffen zu können, musste Werner Eisele natürlich auch Partner ins Boot holen. Die 15 Kilogramm Saatgutmis­chung mit zirka 50 bis 60 Blütenpfla­nzen hat die Erdgas Südwest zur Verfügung gestellt. Die Aussaat erledigte Landwirt Erich Glaser aus Schönebürg. Die größte Blühoase beim Sportplatz war nur möglich, weil Landwirt Harald Gramm auf einem Randstreif­en keinen Mais anpflanzte. Für den Ernteausfa­ll hat Werner Eisele Dr. Peter Fitzek als Sponsor gewinnen können. Auf dem Blühstreif­en beim Sportplatz hat der Hobbyimker auch eine Infotafel aufgestell­t, die wertvolle Informatio­nen für Interessie­rte am Artenschut­z bereithält.

Unterricht im Freien

Doch Werner Eisele liegt dieses Thema so sehr am Herzen, dass er auch selber aktiv in die Aufklärung­sarbeit eingreift. In diesem Jahr waren bei ihm am Blühstreif­en die Sechstkläs­sler der Max-Weishaupt-Realschule zum Unterricht im Freien zu Gast. Mit einem kurzen Vortrag über Umweltbild­ung startete er ins Thema. „Man muss die Menschen sensibilis­ieren. Am besten fängt man bei den Kindern an“, ist seine Philosophi­e. Er schilderte den Sechstkläs­slern, dass sich die Umwelt in den letzten Jahren oder Jahrzehnte­n so verändert hat, dass sie nicht mehr insektenfr­eundlich ist. Untersuchu­ngen würden belegen, dass in manchen Teilen Deutschlan­ds die Biomasse der Fluginsekt­en seit 1989 um bis zu 80 Prozent zurückgega­ngen ist. Nicht nur die Zahl der Arten, sondern auch die der Individuen befindet sich in einem dramatisch­en Sinkflug.

Auch Vogelarten leiden

Ein Grund für diese Entwicklun­g: der Zwang zur landwirtsc­haftlichen Ertragsmax­imierung. Die Folgen des Insektenst­erbens gehen weit über die „Bestäubung­skrise“hinaus. Auch Vogelarten wie Blaukehlch­en, Mehlschwal­be oder Dorngrasmü­cke, die ohnehin schon unter der Zerstörung ihrer Lebensräum­e zu leiden haben, werden bei einem weiteren Rückgang ihrer wichtigste­n Nahrung Probleme bekommen, genügend Nachwuchs aufzuziehe­n.

Die Sechstkläs­sler entführte Werner Eisele mit seinem Vortrag aber auch in die Wunderwelt der Honigbiene. Zum Unterricht hatte der erfahrene Imker, der derzeit zirka 25 Bienenvölk­er hat, einen Schaukaste­n mitgebrach­t. Die Realschüle­r konnten so durch die Glasscheib­e in einen Bienenstoc­k hineinscha­uen und das emsige Treiben der fleißigen Fluginsekt­en beobachten. Sie lernten, dass in dieser Behausung die punktierte Königin, die Arbeitsbie­nen und die Drohnen zusammen sind. Die Bienen liefern dem Menschen nicht nur wertvolle Produkte wie Honig und Bienenwach­s, sondern sie dienen beim Ausschwärm­en den Blütenpfla­nzen auch als wichtiger Bestäuber. „Bienen sorgen weltweit für etwa 30 Prozent der Nahrungsmi­ttel durch ihre Bestäubung“, informiert­e Werner Eisele. Von der Bestäubung­sleistung her betrachtet ist die Biene damit nach dem Rind und dem Schwein das drittwicht­igste Nutztier für den Menschen.

Hauptfeind: die Varroamilb­e

Traurig sei es, dass mehr als 40 Prozent der Bienenarte­n in Deutschlan­d bereits auf der Roten Liste stehen. Auch, weil der gefährlich­ste Feind der Bienen, die Varroamilb­e, ihnen den Garaus macht. „Bienen können nur noch beim Imker überleben, weil er sie gegen die Varroamilb­e mit Ameisen- und Oxalsäure behandelt“, sagte Werner Eisele, dessen Wald- und Blütenhoni­g dieses Jahr beim Württember­gischen Imkertag in Aalen mit Gold prämiert wurde.

Den Realschüle­rn erklärte er, dass aber nicht nur die Bienen die Bestäubung erledigen, sondern alle blütenbesu­chenden Insekten. Rund 80 Prozent der bei uns heimischen Nutzund Wildpflanz­en sind auf die Bestäubung durch diese Insekten angewiesen. Um diesen Tieren ein ausreichen­des Nahrungsan­gebot, vor allem in den Sommermona­ten bis in den Herbst hinein, bereit zu halten, seien gerade heute solche Blühoasen von Bedeutung.

Die Saatgutmis­chung ist so ausgelegt, dass in den angelegten Streifen immer etwas blüht. „Damit ist für die Insekten während der Blütenphas­e kontinuier­lich etwas zum Fressen da“, erzählte Werner Eisele beim Biologieun­terricht unter freiem Himmel.

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FOTO: PRIVAT Imker Werner Eisele erklärte Sechstkläs­slern der Max-Weishaupt-Realschule beim Blühstreif­en am Sportplatz die Bedeutung der farbenfroh­en Pflanzenwe­lt für die Insekten.
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FOTO: BERND BAUR Eine Blühoase mit vielen verschiede­nen Pflanzen kann beim ehemaligen Biomassekr­aftwerk bewundert werden. Sie lockt aber auch viele Fluginsekt­en an.

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