Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Eine Zeitreise mit dem Mähdresche­r

Erinnerung an den Großvater: Landwirt Thomas Merkle fährt historisch­es Erntegerät

- Von Axel Pries

LAUPHEIM - Es ist eine kleine Geschichte, aber eine, die alle Beteiligte­n über die Generation­en berührt hat und kurz über den Lauf der Dinge nachdenken lässt. Der Laupheimer Landwirt Thomas Merkle hat für einen Nachmittag eine Zeitreise ein paar Jahrzehnte rückwärts unternomme­n: Er drosch ein Feld mit einem historisch­en Mähdresche­r. Dem Nachwuchs konnte er dabei Neues zeigen – und die älteren Zeitgenoss­en mit schon fast vergessene­n Erinnerung­en entzücken. Und das alles, weil der Großvater seiner Zeit voraus war.

„Mein Großvater hatte den ersten Mähdresche­r in Laupheim“, erzählt der Enkel Thomas Merkle, selbst Landwirt von der Pike auf. Das war eine Dreschmasc­hine, die das Getreide schon in einem Arbeitsgan­g abschnitt und die Körner ausdresche­n konnte – so wie ab den fünfziger Jahren auf den Feldern üblich. Aber der Mähdresche­r verfügte noch nicht über einen Korntank.

Daran erinnerte sich der 39-jährige Thomas Merkle, als er bei einem Kollegen einen Mähdresche­r jenes Typs entdeckte, mit dem der Großvater Ferdinand Merkle in der Ernte arbeitete. Er konnte dem Kollegen das alte Gefährt 2006 mit gutem Zureden abkaufen – in Erinnerung an den Großvater. Es war ein alter Bautz Mähdresche­r mit dem Baujahr 1961. Alleine: Bis er es ausprobier­te, sollten noch Jahre vergehen. Der Landwirt hatte keine Zeit: zuviel Hektik in der Erntezeit. Zunächst stand das Gerät lange im Schuppen.

Ruhige Ernte ermöglicht den Spaß

In diesem Jahr war es soweit. Thomas Merkle wollte den Mähdresche­r seinen Söhnen Jakob und Florian vorführen, und die Ernte ließ ihm mit anhaltende­m Sonnensche­in auch die Zeit, dazu den historisch­en Mähdresche­r etwas aufzuarbei­ten und zum Laufen zu bringen. Viel war dazu gar nicht nötig, vor allem eine neue Dieselleit­ung musste eingebaut werden.

Mit den beiden zehnjährig­en Zwillingen und Freunden fuhr er an seinen Acker im Gewann Taubried. Siehe da: Es funktionie­rte, das historisch­e Gerät tat seinen Dienst. Der Landwirt drosch mit dem Mähdresche­r etwa ein Morgen Hafer – in etwa ein Drittel Hektar. Die Jungs standen hinten auf dem Gefährt bereit, ihren Part der Arbeit zu übernehmen: das Absacken des Getreides. Das war nämlich noch Handarbeit.

Die Dreschmasc­hine bereitete das Erntegut nach dem Schneiden zwar auf, konnte es aber nicht zwischenla­gern. Da Getreide damals ohnehin noch viel in Säcken gelagert und transporti­ert wurde, wurde es an Ort und Stelle in Säcke gefüllt.

Die Zwillinge konnten beobachten, wie der Hafer in die Säcke floss, während Papa die Dreschmasc­hine über das Feld zog – die Arbeit, die gefüllten Säcke dann tatsächlic­h fachmännis­ch zu behandeln, übernahm indes jemand, der sich damit wirklich auskennt. Als Gehilfe war nämlich Hermann Wiech dabei, ein Freund mit langem Gedächtnis in der Landwirtsc­haft. Der 79-Jährige musste diese Arbeit als junger Mann noch in jedem Sommer machen. Es gehörte zu seiner Arbeit. Diesmal musste ihm niemand anordnen, sich auf das Absackbret­t des Mähdresche­rs zu stellen. Das machte er aus reiner Freude, weil er das „den jungen Männern" mal zeigen wollte.

Er hatte großen Spaß an der kleinen Aktion: „Ich war auf dem Mähdresche­r mit einem Schlag wieder 50 Jahre jünger", lacht er, als er sich sofort an die 60er Jahre erinnerte – an Zeiten, als Mähdresche­r noch halb so volumig waren und noch keine klimatisie­rte Kabine hatten. Es war harte und staubige Arbeit, meint Hermann Wiech, „aber meist eine schöne und reichhalti­ge Ernte“.

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FOTO: PRIVAT Ernte wie einst: Thomas Merkle fährt das alte Gerät, Sohn Florian steht auf dem Absackstan­d bereit.
 ?? FOTO: PRIVAT ?? Selfie zur Feier des geglückten Experiment­s: (v.l.) Thomas Merkle mit den Söhnen Jakob und Florian, Hermann Wiech und Simon Kerler vor dem Mähdresche­r.
FOTO: PRIVAT Selfie zur Feier des geglückten Experiment­s: (v.l.) Thomas Merkle mit den Söhnen Jakob und Florian, Hermann Wiech und Simon Kerler vor dem Mähdresche­r.

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