Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Weltweit fließt Bier durch Handtmann-Rohre
SZ-Leser erfahren, mit welchen Neuheiten sich die Armaturenfabrik für die Zukunft rüstet
BIBERACH - Wenn irgendwo auf der Welt Bier getrunken wird, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass dieses zuvor in der Brauerei durch Rohrleitungssysteme geflossen ist, die in der Handtmann-Armaturenfabrik hergestellt wurden. Dass das Biberacher Unternehmen aber nicht nur auf dem Brauereisektor aktiv ist, erfuhren SZ-Leser bei einem exklusiven Firmenbesuch.
Mit ihren rund 170 Mitarbeitern ist die Armaturenfabrik zwar köpfemäßig eher ein kleiner Teil des 3600 Mitarbeiter umfassenden Handtmann-Universums. Blickt man aber in die Brauereibranche, dann gehören die Anlagenbauer aus der Arthur-Handtmann-Straße weltweit zu den ganz Großen. „Wir produzieren zu 95 Prozent für den Export“, erläuterte Geschäftsführer Rainer Zech den SZ-Lesern bei ihrem Besuch. So zählen acht der zehn größten Brauereien in den USA zu den Handtmann-Kunden. Auch die sogenannten Craft-Brauer – kleine, unabhängige Brauereien in Amerika – sorgen dafür, dass das Geschäft für die „Handtmänner“in den Staaten brummt. Aber auch Brauereien auf den anderen Kontinenten werden von Biberach aus mit Armaturen, Ventilen und Prozessanlagen beliefert.
Handtmann baut für Brauereien, den sogenannten Kaltblock. Laienhaft ausgedrückt umfasst das die Rohr- und Filtersysteme zwischen Sudhaus und Abfüllung. Daneben stellt die Armaturenfabrik auch Filterund Adsorbertechnik für die Milch-, Lebensmittelund Kosmetikindustrie sowie für die Biotechnologie und die chemische Industrie her.
Eine besondere Anlage bekamen die SZ-Leser noch zu sehen, bevor sie auf die weite Reise nach Neuseeland geschickt wurde. Dort wird sie von einer Firma eingesetzt, um aus Kuhmilch das Protein Lactoferrin herauszulösen. Dieses wird vor allem als Nahrungsergänzungsmittel für Sportler und Frühgeborene verwendet und am Weltmarkt zu Preisen von bis zu 2000 Euro pro Kilo gehandelt. Rund 50 Kilo Lactoferrin kann die Handtmann-Anlage pro Tag erzeugen.
„In diesem Bereich sind wir der Anbieter mit dem weltweit höchsten Reinheitsgrad“, sagte Zech. Derartiges „Functional Food“, das einen positiven Einfluss auf die Gesundheit haben soll, gewinne an immer größerer Bedeutung und sei ein Geschäftsfeld, auf dem sich Handtmann noch stärker etablieren wolle, so Zech.Dieses Agieren auf verschiedenen Geschäftsfeldern fordert von den Mitarbeitern in der Armaturenfabrik und deren Organisation eine hohe Flexibilität, wie beim Rundgang durch die Produktionshalle deutlich wurde. Zum einen baut Handtmann für Brauereien in aller Welt Anlagen nach individuellen Wünschen und in verschiedenen Größen. So wünscht sich der große Bierbrauer in einem Erdbebengebiet eine besonders standfeste Anlage; andere, die auch Besucher durch ihre Brauereien führen, wollen, dass die Anlage auch optisch etwas hermacht. Zum anderen liefert Handtmann auch Ersatzteile für seine Anlagen und muss dafür eine Serienfertigung sicherstellen. „Um individuelle Produktion und Serienfertigung möglichst ohne große Zeitverluste und lange Wegstrecken innerhalb der Firma hinzubekommen, optimieren wir gerade unsere Abläufe“, erläutert Zechs Kollege Christian Molt den SZ-Lesern.
Diese staunen vor allem über die großen Maschinen, wie das neue Dreh- und Fräszentrum, das zwischen vier und 20 Minuten für die komplizierte Bearbeitung von Werkstücken benötigt. „Ich habe selbst lange in der Metallindustrie gearbeitet und mag diesen Werkstattgeruch“, geriet eine Leserin ins Schwärmen.
Ein anderer wollte wissen, wie umkämpft der Markt weltweit in der Anlagentechnik ist und ob Handtmann hier auch in Zukunft führend sein kann. Das Geschäft werde in Zukunft noch herausfordernder, antwortete Zech. „Es gibt Firmen in anderen Ländern, die ebenfalls sehr innovativ sind“, sagte er und nannte als Beispiel China. „Die kopieren nicht mehr nur wie früher, sondern haben inzwischen eigene Ideen.“Die Handtmann Armaturenfabrik wolle mit einer neuen Generation von Ventilen nun auch den Sprung in die Pharmazie schaffen, so Zech.
„Die kopieren nicht mehr nur wie früher, sondern haben inzwischen eigene Ideen.“Geschäftsführer Rainer Zech über China