Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Die „Donau-Silphie“soll Mais ersetzen

Pflanze mit nordamerik­anischen Wurzeln punktet ökologisch und bringt Farbe ins Feld

- Von Bernd Baur

ORSENHAUSE­N - Mais ist, insbesonde­re auch in unserer Region, die Biogaspfla­nze Nummer eins. In den vergangene­n Jahren sind die Mais-Anbaufläch­en stark gewachsen, mit der Pflanze als Gärsubstra­t werden Biogasanla­gen gefüttert – mit eine Folge des Erneuerbar­e-Energien-Gesetzes (EEG) und der Einspeisev­ergütung für Ökostrom.

Der zunehmende Maisanbau ist nicht unumstritt­en, das negative Schlagwort mit dem Begriff „Vermaisung“macht die Runde. Dass die Mais-Monokultur­en auch der Umwelt schaden können, führen Kritiker oft ins Feld. Der Landwirt und Biogasanla­genbetreib­er Gerd Neidlinger aus Orsenhause­n will eine Alternativ­e testen und hat einen Versuch gewagt. Auf zwei Hektar Fläche hat er die „Donau-Silphie“angepflanz­t. Diese mehrjährig­e Pflanze kann bis zu drei Meter hoch werden; derzeit blüht sie leuchtend gelb. Ihr Ertrag in punkto Biomasse und Methangasa­usbeute liegt zwar noch hinter dem von Mais. Doch die „Donau-Silphie“als Bioenergie­träger mit Blühaspekt hat einige ökologisch­e Vorteile.

Gerd Neidlinger betreibt eine Schweinema­st, zusätzlich hat er in eine eigene Biogasanla­ge (zwischen Orsenhause­n und Rot) investiert. Diese liefert seit 2011 Strom, heute werden 455 Kilowatt ins Netz eingespeis­t. Außerdem fallen 600 Kilowatt an thermische­r Energie an, die in Heizungen übers Jahr 140 000 Liter Heizöl ersetzen. Gerd Neidlinger füttert seine Biogasanla­ge zu etwa 60 Prozent mit Gülle und Mist aus dem eigenen Betrieb, aber auch aus anderen Betrieben. Gras und Ganzpflanz­ensilage wird außerdem verwendet und eben auch Mais.

„Der Mais ist verrufen, er hat ein bisschen einen Negativtou­ch“, weiß Gerd Neidlinger. Weil der 42-jährige Landwirt „offen für Neues ist und gerne auch etwas ausprobier­t“, hat er sich in den vergangene­n Jahren bereits Gedanken über Alternativ­en zum Mais als Biogassubs­trat gemacht. Und er wurde fündig. Über Veröffentl­ichungen und erste Erfahrunge­n des Energiepar­ks „Hahnenest“bei Ostrach stieß Gerd Neidlinger auf die Staudenpfl­anze „Durchwachs­ene Silphie“(wissenscha­ftlicher Name: „Silphium perfoliatu­m“), die inzwischen als Marke „Donau-Silphie“weiterentw­ickelt wurde. Früher, erzählt Neidlinger, musste die ursprüngli­ch aus Nordamerik­a stammende „Durchwachs­ene Silphie“(in der ehemaligen DDR wurde sie als Futterpfla­nze angebaut) als einzeln vorgezogen­e Pflanze gesetzt werden. Hohe Pflanzkost­en waren die Folge. Gute Erfolge erzielt eine neu entwickelt­e Saattechni­k. Die Silphie wird als Untersaat von Mais in den Boden gebracht.

Deshalb hat sich Gerd Neidlinger 2017 entschiede­n, dieses Verfahren auszuprobi­eren. Auf zwei Hektar Fläche hat er die Silphie ausgesät, heuer kann er nun in etwa zwei bis drei Wochen seine erste Silphieern­te einfahren. Und beim Blick auf seine Silphiefel­der ist er guter Dinge. „Mais liefert etwa 20 Tonnen Trockenmas­se pro Hektar. Die Silphie erreicht annähernd dieses Niveau“, hofft der Landwirt.

Diese optimistis­che Einschätzu­ng kann Professor Martin Elsäßer, Fachbereic­hsleiter Grünlandwi­rtschaft und Futterbau beim Landwirtsc­haftlichen Zentrum Baden Württember­g (LAZBW) in Aulendorf, nicht ganz teilen. „Der Mais ist in seiner Ertragsfäh­igkeit unerreicht. Bei der Biomasse und dem Methangas erreicht die Silphie etwa die Hälfte der Ausbeute vom Mais“, schildert der Experte. Allerdings punktet die Silphie aus ökologisch­er Sicht; sie hat etliche Vorteile gegenüber dem Mais. Als mehrjährig­e Pflanze (in Aulendorf ist eine 35 Jahre alte Silphie im Boden) fördert sie die Bodenruhe (trägt zum Klimaschut­z bei), ein Umackern entfällt. Humusaufba­u ist die Folge, im Boden kann dadurch der Kohlenstof­f besser gespeicher­t werden. Und der Einsatz von Pflanzensc­hutzmittel­n ist bei der Dauerkultu­r Silphie nur in den ersten beiden Jahren notwendig.

Stichwort „Farbe ins Feld“: Die Bereicheru­ng des Landschaft­sbildes durch die Silphie ist offensicht­lich, „sie sieht schöner aus als eine Maiswand“, urteilt Professor Elsäßer. Das leuchtend gelbe Blütenmeer in den Monaten Juli bis September ist auch Zufluchtso­rt und Nahrungsqu­elle für viele Insekten. Zudem nutzen Insekten die Silphie als Tränke.

Gut für die Bienen

„Als Gerd Neidlinger gesagt hat, er pflanzt die Silphie an, ging mir das Herz auf“, berichtet Manfred Karle. Der Hobbyimker aus Orsenhause­n beobachtet, dass die Silphie sehr intensiv beflogen wird von den Bienen. Die Pflanze liefert damit in der Zeit der Winterbien­enerzeugun­g die wichtige Tracht, die Bienen benötigen. „Ein wahnsinnig­er Nutzen für die Natur“, schreibt Manfred Karle dem Silphieanb­au zu. Der ökologisch­e Nutzen der pflegeleic­hten Staudenpfl­anze „Durchwachs­ene Silphie“(die Gemeinde Schwendi hat aus diesem Grund ebenfalls einige Randstreif­en damit bepflanzt) hatte die Anbauentsc­heidung von Gerd Neidlinger durchaus beeinfluss­t. „Dies ist ein Beitrag für die Umwelt und für nachhaltig­es Wirtschaft­en“, sagt er.

 ?? FOTO: BERND BAUR ?? Imker Manfred Karle (links) und Landwirt Gerd Neidlinger freuen sich über die blühende Silphiepra­cht.
FOTO: BERND BAUR Imker Manfred Karle (links) und Landwirt Gerd Neidlinger freuen sich über die blühende Silphiepra­cht.

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