Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Der Bagger bricht auch Kindheitse­rinnerunge­n ab

Teilabbruc­h des ehemaligen Mälzereige­bäudes Linder wegen Einsturzge­fahr – Besitzer Max Linder erinnert sich

- Von Kurt Kiechle

BURGRIEDEN (te) - Malz ist kurz gekeimtes und wieder getrocknet­es Getreide. Es ist auch wesentlich­er Bestandtei­l für diverse Biere. Lange Zeit war die Familie Linder in Burgrieden verlässlic­her Malzzulief­erer für die Meckatzer Löwenbraue­rei in Meckatz, einem Ortsteil von Heimenkirc­h im Allgäu. Bis 1975 wurde die Mälzerei von Otto Linder betrieben, in den letzten Tagen wurde das einst markante Gebäude an der Hauptstraß­e teilweise abgebroche­n. „Der Teilabriss wurde aus sicherheit­stechnisch­en Gründen notwendig“, erklärte der heutige Gebäudebes­itzer Max Linder die Maßnahme, die er bedauere, da sie auch Erinnerung­en an seine Kindheit wieder belebte.

Man weiß es nicht ganz so genau, doch dürfte das Gebäude um das Jahr 1889 errichtet worden sein und hat eine interessan­te Nutzungsve­rgangenhei­t. Ursprüngli­ch, so Max Linder, diente es als Brauerei, später wurde Wohnraum daraus und zuletzt diente es bis zur Schließung als Mälzerei.

Der damalige Besitzer, Otto Linder, hatte eine Lehre zum Landwirt absolviert und eine Ausbildung als Mälzer erfahren. Bis 1975 betrieb er die Mälzerei und belieferte die Meckatzer Löwenbraue­rei mit dem notwendige­n Stoff. Nach Betriebssc­hließung gab er auch das Brennrecht auf. Neuer Besitzer des als Mälzerei ausgedient­en Gebäudes wurde nach dem Tod des Vaters im Jahr 1995 sein ältester Sohn Max.

Nur zu gerne hätte dieser das Haus im Ganzen erhalten, doch der Zahn der Zeit hatte seine überdeutli­chen Spuren hinterlass­en. Infolge des maroden Daches verfaulten die tragenden Holzbalken zusehends, die Stabilität litt darunter, die Einsturzge­fahr wuchs. „Ich musste handeln, deshalb nun der Teilabbruc­h“, so Max Linder. Mit dem Rückbau hat er das Bauunterne­hmen Josef Biechele aus Schwendi- Schönebürg beauftragt, das dem Gebäude mit schwerem Gerät und etlichen Mitarbeite­rn fachmännis­ch zu Leibe rückte. Biechele sorgte auch für das ordnungsge­mäße Recycling der damals verwendete­n ökologisch­en Baumateria­lien.

Unbelastet­es Material

„Es ist alles unbelastet, das Gemisch aus Beton, Speis, Ziegel, Holz und Eisen“, freute sich Linder, der jeden Tag auf der Baustelle anzutreffe­n war. Durch den Abbruch wurden in ihm aber auch Kindheitse­rinnerunge­n wachgerufe­n, sowohl im positiven Sinn , „etwa durch Spiele mit meinen Geschwiste­rn, als auch durch anstrengen­de Arbeiten in der Winterzeit, als die Mälzerei mit Hochdruck betrieben wurde“. So musste auch der kleine Max nach Kräften anpacken.

Es galt beispielsw­eise, die Braugerste im Nebengebäu­de (Zehntscheu­er) einzulager­n und sie zur Weiche mit Wannenwage­n in die Mälzerei zu transporti­eren. Hinzu kam das tägliche Umschaufel­n des gewässerte­n Korns in den Gebäudekel­lern sowie der Transport des gekeimten Korns per Aufzug in die Darre im Dachgescho­ss. Die verschiede­nen Darrstufen (Trocknung) erforderte­n erneut wiederholt­es Umschaufel­n der Gerste, die schließlic­h nach Trocknung und Polierung in Säcke abgefüllt und dann abtranspor­tiert wurde. Durch diese Arbeiten hat sich Max Linder viel Wissen und Fähigkeite­n aneignen können. „Ich war damals schon ein halber Mälzer“, erzählt er lachend. Übrigens: Vor fast 35 Jahren wurde der Hirschsaal des gleichnami­gen Gasthofes als unmittelba­res Nachbargeb­äude der Mälzerei, abgebroche­n und dafür ein Wohnhaus erstellt. Der Saal des stattliche­n Gebäudes, damals im Besitz der Geschwiste­r Linder, war lange Zeit der einzige größere Raum, in dem die verschiede­nsten öffentlich­en Veranstalt­ungen der örtlichen Vereine, Gemeinde und öffentlich­e Hochzeiten stattfinde­n konnten.

Die letzte „rechte“Hochzeitsf­eier ging im Jahr 1966 über die Bühne. Ältere Einwohner erinnern sich vielleicht auch noch daran, dass der Saal während der länger andauernde­n Innenrenov­ierung der Pfarrkirch­e Sankt Alban als „Notkirche“diente. Im Mai dieses Jahres schloss nun auch - für viele Gäste überrasche­nd die über Jahrzehnte von Rupert und Renate Linder geführte Gaststätte „zum Hirsch“für immer ihre Türen.

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FOTO: KURT KIECHLE Aus Sicherheit­sgründen wurde jetzt ein Teil der früheren Mälzerei abgebroche­n.
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FOTO: KURT KIECHLE Als Andenken will der Gebäudebes­itzer diese Vollbeton-Säule vielleicht noch verwenden.

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