Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Regierung rudert im Fall Maaßen zurück
SPD-Chefin Nahles: „Wir haben uns alle drei geirrt“– AfD profitiert von der Koalitionskrise
BERLIN - Wende in der Causa HansGeorg Maaßen: Auf Drängen der in ihrer Partei unter Druck geratenen SPD-Vorsitzenden Andrea Nahles wollen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Innenminister Horst Seehofer (CSU) die umstrittene Beförderung des Verfassungsschutzchefs zum Staatssekretär neu verhandeln. Nahles hatte dies in einem Brief an die Vorsitzenden der Unionsparteien vorgeschlagen. Dort hieß es weiter: „Die durchweg negativen Reaktionen aus der Bevölkerung zeigen, dass wir uns geirrt haben. Wir haben Vertrauen verloren, statt es wiederherzustellen.“Sie sei der Meinung, „dass die Spitzen der Koalition noch einmal zusammenkommen sollten“. Merkel erklärte sich daraufhin am Freitag zu Neuverhandlungen bereit. Sie kündigte an, schon „im Laufe des Wochenendes eine gemeinsame, tragfähige Lösung“finden zu wollen.
Die CDU-Chefin sagte am Freitagabend in München, Seehofer, Nahles und sie seien übereingekommen, „die Lage erneut zu bewerten“. Sie halte das „für richtig und für notwendig“. Auch Seehofer zeigte sich offen. „Ich denke, eine erneute Beratung macht dann Sinn, wenn eine konsensuale Lösung möglich ist. Darüber wird jetzt nachgedacht“, sagte der CSU-Chef. Die drei Parteivorsitzenden hätten auch miteinander am Telefon gesprochen, berichtete er. Nahles hatte zuvor bei einem Termin in Würzburg gesagt: „Wir haben uns alle drei geirrt.“
Die außer Kontrolle geratene Koalitionskrise hat aktuell nur eine Gewinnerin: Die AfD erreichte erstmals 18 Prozent im neuen ARDDeutschlandtrend und ist somit zweitstärkste Partei. Die Oppositionsparteien Grüne, FDP und Linke sehen die andauernden Streitigkeiten in der Koalition als Ursache. Die Wähler verpassten den Regierungsparteien „die verdiente Quittung für ihre verfehlte Politik“, sagte LinkenChef Bernd Riexinger. FDP-Fraktionsvize Michael Theurer warf der Regierung vor, Selbstbeschäftigung zu betreiben statt Probleme zu lösen. Erfreut über die Umfragewerte zeigte sich AfD-Fraktionschefin Alice Weidel. „SPD überholt, jetzt nehmen wir die CDU ins Visier“, schrieb sie bei Twitter. Die Union liegt in der ARD-Umfrage nur noch bei 28 Prozent, die SPD bei 17 Prozent.
Volker Kauder, der Unionsfraktionsvorsitzende aus Tuttlingen, sagte dazu am Freitag der „Schwäbischen Zeitung“: „Die Rechtspopulisten können nur dadurch stärker werden, wenn wir selbst uns nicht stark präsentieren.“Die AfD lasse sich nur dadurch bekämpfen, dass die Koalition das Land gut regiere. „Das ist das A und O“, sagte der 69-Jährige. „In allen wichtigen Bereichen – Wohnen, Pflege, Rente, Digitalisierung – hat die AfD keine Antworten. Sie versucht allein mit dem Thema Zuwanderung zu punkten und verzerrt hier die Lage in menschenverachtender Weise.“