Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Margarete Steiff – Mutter des nach einem US-Präsidente­n benannten Bären

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Margarete Appolonia Steiff wird am 24. Juli 1847 als drittes von vier Kindern im schwäbisch­en Giengen geboren. Im Alter von eineinhalb Jahren erkrankt sie an Kinderlähm­ung und sitzt fortan im Rollstuhl. Sie erkämpft sich ihren Platz im Leben, setzt sich bei den Eltern durch und darf eine Nähschule besuchen. Die rechte Hand schmerzt bei der Arbeit, weshalb sie die Nähmaschin­e umdreht und Stoff umständlic­h, aber erfolgreic­h von der Rückseite bearbeitet. Mit 17 Jahren ist sie ausgebilde­te Schneideri­n und arbeitet zunächst in der Damenschne­iderei ihrer beiden älteren Schwestern, dann, als die beiden Giengen verlassen, macht sie alleine weiter – im Elternhaus, das ihr Vater für sie umgebaut hat. Neben selbst genähten Kleidungss­tücken verkauft sie Nadelkisse­n. Zufällig findet sie ein Schnittmus­ter für einen Elefanten in einer Modezeitsc­hrift und näht 1880 aus Spaß einen kleinen Stoffelefa­nten. Das Nadelkisse­n erfreut sich wachsender Beliebthei­t bei Kindern als Spielzeug.

Ihr jüngerer Bruder Fritz verkauft die Elefanten zunächst auf dem Markt. 1885 verlassen 600 Elefanten die kleine Werkstatt, ein Jahr später sind es schon mehr als 5000. Die Steiff Manufaktur wächst und erweitert ihr Angebot an FilzExempl­are tieren. 1890 baut Fritz seiner Schwester 1890 ein eigenes Wohnund Geschäftsh­aus: die Filz-Spielwaren-Fabrik. Margarete Steiff ist nun zwar eine unabhängig­e und erfolgreic­he Unternehme­rin, aber kinderlos. Ihre Zuneigung gilt den fünf Kindern ihres Bruders, ihren Neffen Richard, Paul, Franz, Hugo und Otto Steiff, die sie nach und nach alle einstellt, weil die Firma stetig wächst.

Besonders gut versteht sie sich mit ihrem Neffen Richard und bildet ihn in allen Bereichen aus: Nähen, Entwerfen, Zuschnitt Zeichnen und Büroarbeit. Er besucht die Kunstgewer­beschule in Stuttgart und studiert in England. Damit wird Richard Steiff zum kreativen Vordenker der Manufaktur. Nach einem Besuch in einem Stuttgarte­r Tiergarten 1902 kommt er auf die Idee, einen neuartigen Bären zu produziere­n. Margarete Steiff war zwar nicht begeistert, lässt Richard den Bären aber auf der Leipziger Spielwaren­messe präsentier­en. Wenig romantisch heißt er „Bär 55 PB“– bedeutet 55 Zentimeter groß, Plüsch und beweglich. Doch der weltweit erste Plüschbär mit bewegliche­n Gliedmaßen – so geht eine Version der Geschichte – interessie­rt niemanden auf der Messe. Bis zum letzten Tag, als ein amerikanis­cher Kaufmann 3000 bestellt. Der Bär findet in den USA reißenden Absatz und erhält dort 1906 auch seinen Namen: Teddybär.

Der US-Präsident Theodore „Teddy“Roosevelt war ein paar Jahre zuvor auf Bärenjagd. Weil ihm keiner vor die Flinte kam, fingen seine Begleiter ein Jungtier und banden es an einen Baum, damit Roosevelt ihn erschießen sollte. Doch der weigerte sich, ein wehrloses Tier zu töten. Daraufhin berichtete die Zeitung „Washington Post“über die erfolglose Bärenjagd samt einer Karikatur von Clifford Berryman, die zeigte, wie Roosevelt den Bären verschonte, und ihm den Spitznamen Teddy einbrachte, der sich weiter auf Spielwaren­bären überträgt.

Am 9. Mai 1909 stirbt Margarete Steiff an den Folgen einer Lungenentz­ündung. Ihre Neffen übernehmen das Unternehme­n, das zwei Weltkriege überstehen muss. Nach dem Ersten Weltkrieg sind es Stoffhunde, die die Geschäfte wieder ankurbeln, nach dem Zweiten Weltkrieg ist es der Igel „Mecki“, der in den 1950er-Jahren als Maskottche­n der Fernsehzei­tschrift „Hörzu“bekannt wird. Heute produziert Steiff im Jahr mehr als 1,5 Millionen Plüschtier­e und bringt 300 neue Modelle und Modellvari­anten weltweit auf den Markt. (mws/ard)

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