Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Sprung über den Atlantik wird konkreter
„Strategie 2025“: Rentschler Biopharma will einen Standort in den USA aufbauen
LAUPHEIM - Die Überlegungen beim Familienunternehmen Rentschler Biopharma, künftig nicht nur am Firmensitz in Laupheim, sondern auch im Ausland für den biopharmazeutischen Markt zu entwickeln und zu produzieren, werden konkreter. „Sondierungen in den USA haben begonnen mit dem Ziel, dort einen Standort aufzubauen“, sagte das Vorstandsmitglied Ralf Otto der „Schwäbischen Zeitung“.
Die Expansionspläne sind Teil einer „Strategie 2025“genannten Agenda, wie sich Rentschler in den nächsten Jahren aufstellen will, um unabhängig zu bleiben und nachhaltig zu wachsen. Den geografischen Aspekt hatte der Vorstandsvorsitzende Frank Mathias bereits im vergangenen Jahr in einem SZ-Interview unterstrichen: „Unsere Kundschaft ist international. Um wettbewerbsfähig und nah an den Kunden zu sein, müssen auch wir uns internationalisieren.“
„Erste Priorität haben für uns die USA“, sagt Ralf Otto, der seit 1. Februar im Unternehmen die Bereiche Entwicklung, Produktion, Qualität und Engineering verantwortet. Die Vereinigten Staaten sind der weltweit größte Markt für Biopharmazeutika, mit weiterhin hohen Zuwachsraten. „Regelmäßig tragen amerikanische Kunden den Wunsch an uns heran: Produziert doch bei uns“, berichtet Otto. „Auf diese Weise würden wir auch neue Kunden gewinnen.“In einem zweiten Schritt wäre ein Werk in Asien denkbar.
Eines indes werde sich nicht ändern, versichert Otto: „Laupheim bleibt die Nummer eins, der Hauptstandort von Rentschler Biopharma. Er wird definitiv weiter gestärkt.“Die „Strategie 2025“sieht unter anderem vor, Kapazitäten auszuweiten und Arbeitsabläufe und Geschäftsprozesse zu optimieren.
Die Innovationskraft stärken
Um wettbewerbsfähig zu bleiben, will Rentschler die Fähigkeiten in der Bioprozessentwicklung gezielt ausbauen. An erster Stelle nennt Ralf Otto „Designer Biologics“. Diese hochkomplexen, biotechnologisch erzeugten Wirkstoffe werden aus Bestandteilen kombiniert, die in der Natur nicht zusammen vorkommen; sie wirken multifunktional, zum Beispiel gegen Krebszellen. Noch innovativer sind die sogenannten „New Modalities“: Mit ihrer Hilfe lassen sich genetische Defekte, die Krankheiten auslösen, durch eine Gentherapie ausgleichen. Moleküle, die eine „Übersetzung“des fraglichen Gens tragen, werden in den Patienten eingeschleust und produzieren in seinem Körper das heilende Protein.
Am Leistungsspektrum von Rentschler – Bioproessentwicklung, Produktion biopharmazeutischer Substanzen für klinische Studien und für die Marktversorgung, begleitendes Projektmanagement, Unterstützung bei der Zulassung von Arzneien – soll sich nichts ändern. Jedoch will sich das Unternehmen verstärkt auf Kunden konzentrieren, zu denen ein partnerschaftliches Verhältnis angestrebt wird. „Wir wollen Premium-Ansprüchen genügen und zusammen mit strategischen Partnern die ganze Wertschöpfungskette anbieten“, sagt Otto. So hat die Familie Rentschler in Vorarlberg ein Werk gebaut (Rentscher Fill Solutions), das demnächst in Betrieb geht und als Dienstleister für Kunden aus der Pharmaindustrie biopharmazeutische Wirkstoffe abfüllt. Die in Martinsried ansässige Firma Leukocare kümmert sich im Rahmen einer strategischen Allianz um die Wirkstoffformulierung.
Ein Buffet für gute Arbeit
Apropos Qualität: „Wir haben aktuell einem Kunden aus den USA geholfen, die Zulassung für ein Medikament beschleunigt zu erhalten“, erzählt Ralf Otto. „Es ist das erste Medikament überhaupt für eine seltene Blutkrankheit.“Als Dankeschön hat der Kunde für die 150 beteiligten Mitarbeiter in Laupheim Kuchen und ein Buffet auffahren lassen.