Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Auf ein Stinkkäses­chnitzel, einen Schmarren und ein Schwätzche­n in die Meyerei

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Es ist einfach gemütlich hier, in der Meyerei Aichstette­n, und man sieht, dass sich das Lokal fest in weiblicher Hand befindet. Die Dekoration wirkt trotz der vielen Komponente­n weitgehend gelungen: Hirschgewe­ih trifft auf Filzherzen, ländlicher Charme mit rot-weiß karierten Tischtüche­rn, die Ecke des ausgedehnt­en Gastraums schmückt ein geschnitzt­es Holzkruzif­ix.

Der Außenberei­ch – und somit die Meyerei insgesamt – bildet das Zentrum des Ortes nahe der bayerische­n Landesgren­ze. Ansonsten wirkt der Dorfplatz wegen der grauen Steinplatt­en kahl, kalt und fast abweisend. Umso herzerwärm­ender ist da der Eindruck, den die junge und flinke Bedienung vermittelt, als sie die Speisekart­e mit einem gastfreund­lichen Lächeln an den Tisch trägt.

Was da geschriebe­n steht, ist mit Zwiebelros­tbraten,

Kässpätzle & Co. durchaus geeignet, dem Allgäuer Freude zu machen. Exotischer Ausreißer: das Schnitzel Meyerei. Dabei handelt es sich um ein längliches Stück Fleisch, auf dem geröstete Zwiebeln unter einer Schicht geschmolze­nem Limburger liegen. Das als Stinkkäse verschriee­ne Milchprodu­kt macht seinem Ruf alle Ehre und erfüllt den Raum sogleich mit einem, nun ja, herausford­ernden Duft. Diese kulinarisc­he Idee hat den Nachteil, dass der Käse in seiner wuchtigen Dominanz alles andere in den Schatten treten lässt, sodass das Fleisch samt Zwiebeln dagegen etwas farblos wirkt, zumal das Schwein ein bisschen saftiger hätte sein können.

Da hatte zuvor der hübsche und knackfrisc­he Blattsalat mit Zander einen deutlich positivere­n Eindruck hinterlass­en: Die in Backteig gehüllten Fischstück­e verfügen über einen saftigen Kern, der sich mit einem lustvollen Knuspern offenbart. Das dazu als Limetten-Grüntee-Marinade angepriese­ne Dressing begleitet gut, und auch die anderen Komponente­n des Salattelle­rs sind wohldosier­t abgeschmec­kt – sei es nun der leicht am Gaumen zwickende Rettich oder die süßliche Karotte. Einzig den Gurkensche­iben fehlt es an vitaler Spannkraft, sodass sie erschlafft auf dem Teller liegen und entspreche­nd lustlos schmecken.

Die Bedienung hatte auf Nachfrage ehrlich eingeräumt, dass etwa Maultasche­n und Apfelküchl­e nicht hausgemach­t sind – und damit nicht geeignet, Rückschlüs­se auf die Qualität der Küche zuzulassen. Also fällt die Wahl zum Abschluss auf den Kaiserschm­arren, der Mehlspeise­nfreunde mit satter Reichlichk­eit erfreut: Rosinen, Mandelblät­tchen, etwas aufgeschni­ttenes Obst sowie ein Gläschen Apfelmus begleiten das Dessert. Der Schmarren selbst ist eher kompakt als luftig, die Stücke sind dafür schön karamellis­iert. Was ihm aber fehlt, ist der sonst typische und wichtige Buttergesc­hmack.

Wahrschein­lich will die Meyerei – offenbar benannt nach der Inhaberin Heidi Meyer – gar kein hochtraben­des Speiseloka­l sein. Mehr ein Ort für jeden Tag und jedermann im Dorf, der neben einem anständige­n Happen ein bisschen Ansprache sucht und ein Gespräch über Gott und die Welt. Diesen Zweck erfüllt die Meyerei trotz anderer kleiner Schwächen bravourös und hält damit das Dorf gesellscha­ftlich zusammen.

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FOTO: NYF Süßer Abschluss: Ein Kaiserschm­arren mit Apfelmus im Gläschen als Dessert.
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Von Erich Nyffenegge­r

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