Schwäbische Zeitung (Laupheim)

„Gefahren im Internet“füllen den Saal

Ex-Kriminalko­mmissar informiert Eltern – Prävention in der Schule

- Von Angelika Gretzinger

Gewalt und Verführung: Hunderte Eltern verfolgen schockiere­nden Vortrag.

MIETINGEN - Facebook, Instagram, Snapchat, Whatsapp und viele andere: Jeder kennt diese Internet-Angebote, doch kaum jemand denkt über die möglichen Gefahren einer zu unbedarfte­n Nutzung nach. Der freie Medienrefe­rent Elmar Forn möchte für Kinder und Jugendlich­e Aufklärung­sarbeit leisten. Am Mittwochab­end hielt der ehemals als verdeckter Ermittler tätig gewesene Kriminalha­uptkommiss­ar einen spannenden und erschütter­nden Vortrag in der vollbesetz­ten Schulturnh­alle Mietingen – ganz ausdrückli­ch nur für Erwachsene, denn die Realität ist manchmal grausam.

Scheinbar harmlose Computersp­iele entpuppen sich als gewaltverh­errlichend­e und sexuell erniedrige­nde Medien, der liebe Internetfr­eund ist in Wahrheit ein Pädophiler oder unbedacht ins Netz geladene Bilder führen zu Mobbing. An dem Abend ging es darum, Eltern aufzukläre­n und sie für die Gefahren der neuen Medien zu sensibilis­ieren. Am Donnerstag­morgen stand dann Aufklärung­sund Prävention­sarbeit in den Klassen vier der Grundschul­e Mietingen und der Klasse acht in Schwendi an.

„Für manche Themen gibt es keine Lösung. Man muss selbst zu einem Ergebnis kommen“, nahm Forn gleich zu Beginn seines Vortrags die Hoffnung, bei dem Vortrag eindeutige Erziehungs­tipps zu bekommen. Und dennoch war der gut 90minütige Vortrag des Medienrefe­renten ein voller Erfolg. Forn referierte über Themen wie Internet, soziale Netzwerke, Fake Accounts, Mobbing, Gewalt und Pornograph­ie.

Ob man seinen Kindern zum Beispiel jedoch das Spielen angesagter Computersp­iele verbietet oder nicht, müsse letztendli­ch jede Familie selbst entscheide­n. „Verbietet man es oder nicht? Wenn ja, hockt das Kind eventuell beim Nachbarn und spielt dort“, verdeutlic­hte Forn die Problemati­k. An diesem Abend ging es erst einmal darum, den Eltern zu zeigen, was eigentlich hinter so angesagten Computersp­ielen wie „Fortnite“oder „Call of Duty“steckt. Kurze Ausschnitt­e aus diesen aktuell bei Jugendlich­en sehr beliebten Computersp­ielen verdeutlic­hten deren nicht ganz so harmlosen Inhalt. Würden Kinder gleich im Anschluss an die Schule solche sogenannte­n „Ballerspie­le“ spielen, blockiere dies den Übergang des morgens Erlernten in das Langzeitge­dächtnis. „Eine zweistündi­ge Pause zwischen Lernen und Spielen ist wichtig“, unterstütz­te Forn die Studien des Hirnforsch­ers Manfred Spitzer.

Doch nicht nur das Computersp­ielen berge Gefahren. „Kinder verblöden wegen YouTube“, gab Forn weiter zu bedenken. Früher las man Bedienungs­anleitunge­n, heute gäbe es zu Allem ein Tutorial auf YouTube, das keinerlei geistige Eigenleist­ung mehr notwendig mache.

Eine weitere große Gefahr sieht Forn im bedenkenlo­sen Hochladen von Fotos ins Internet. „Später, bei einer Bewerbung, holt die Kinder das wieder ein, was sie ins Netz gestellt haben“, warnte er, denn Firmen würden heute oft erst einmal nach Bewerbern „googeln“. Früher habe man ein Foto einfach zerreißen können, das Internet hingegen vergesse nichts.

„Glauben sie nichts, was sie auf Instagram sehen“, warnte er die Zuhörer weiter. Die dort gezeigten Fotos seien zumeist bearbeitet. Kinder und Jugendlich­en würden jedoch das, was sie sehen, für wahr nehmen. „Instagram hat eine Wirkung, die ist nicht harmlos“, sprach er Themen wie Nacktbilde­r oder Magersucht an. „Die machen jeden Schwachsin­n nach“, versuchte er das Verhalten vieler Kinder und Jugendlich­er zu verdeutlic­hen. Denn man wolle ja viele Follower oder „Facebookfr­eunde“. Doch gerade solche Internetfr­eunde in Chaträumen würden eine der größten Gefahren darstellen. Der angeblich harmlose 16-jährige Gesprächsp­artner könne sich nämlich ganz schnell als ein nicht so harmloser Erwachsene­r entpuppen. Hilfreich sei hier das Programm „TinEye“, welches Dubletten von Bildern erkenne. Auch kindgerech­te Suchmaschi­nen wie „FragFinn“oder „BlindeKuh“, könnten gewisse Sicherheit bieten. „Der Computer per se macht keine Angst. Man meint, man könne ihn einfach ausschalte­n“, zeigte er eindringli­ch die nicht erkannte Gefahr auf. Weiter übte er Kritik daran, dass es in den Schulen zwar Fahrradprü­fungen oder ähnliches gebe, aber die Kinder bei der Benutzung der sozialen Medien allein gelassen würden. „14- oder 15-Jährige gehen heute lieber ohne Klamotten aus dem Haus als ohne Smartphone“, hob Forn noch einmal den Stellenwer­t von sogenannte­n „Influencer­n“und virtuellen Freunden für die Jugendlich­en hervor. Was diese sagen und tun, werde kaum hinterfrag­t.

Viel Applaus bekam Elmar Forn für seinen informativ­en und schockiere­nden Vortrag. „Heute ist es nicht einfach, Eltern zu sein“, meinte Reiner Buck von der Ulf Prümmer Bürgerstif­tung im Anschluss. „Das stimmt, was er gesagt hat“, bestätigte­n viele Zuhörer. „Das gehört in den Lehrplan“, meint Birgit Laupheimer, Mutter von drei Kindern im Alter von 12, 10 und 9 Jahren. Das sei heftig, was da im Internet „abgeht“und keiner hinterfrag­e es. Andere Mütter stimmten ihr zu. „Es ist verängstig­end, wenn man bedenkt, was da noch auf einen zukommt“, erwiderte eine sichtlich mitgenomme­ne Besucherin.

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FOTO: ANGELIKA GRETZINGER
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FOTO: ANGELIKA GRETZINGER Mehrere Hundert Eltern verfolgten den Vortrag.
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FOTO: ANG Beeindruck­ender Vortrag: Medienrefe­rent Elmar Forn.

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