Schwäbische Zeitung (Laupheim)
„Gefahren im Internet“füllen den Saal
Ex-Kriminalkommissar informiert Eltern – Prävention in der Schule
Gewalt und Verführung: Hunderte Eltern verfolgen schockierenden Vortrag.
MIETINGEN - Facebook, Instagram, Snapchat, Whatsapp und viele andere: Jeder kennt diese Internet-Angebote, doch kaum jemand denkt über die möglichen Gefahren einer zu unbedarften Nutzung nach. Der freie Medienreferent Elmar Forn möchte für Kinder und Jugendliche Aufklärungsarbeit leisten. Am Mittwochabend hielt der ehemals als verdeckter Ermittler tätig gewesene Kriminalhauptkommissar einen spannenden und erschütternden Vortrag in der vollbesetzten Schulturnhalle Mietingen – ganz ausdrücklich nur für Erwachsene, denn die Realität ist manchmal grausam.
Scheinbar harmlose Computerspiele entpuppen sich als gewaltverherrlichende und sexuell erniedrigende Medien, der liebe Internetfreund ist in Wahrheit ein Pädophiler oder unbedacht ins Netz geladene Bilder führen zu Mobbing. An dem Abend ging es darum, Eltern aufzuklären und sie für die Gefahren der neuen Medien zu sensibilisieren. Am Donnerstagmorgen stand dann Aufklärungsund Präventionsarbeit in den Klassen vier der Grundschule Mietingen und der Klasse acht in Schwendi an.
„Für manche Themen gibt es keine Lösung. Man muss selbst zu einem Ergebnis kommen“, nahm Forn gleich zu Beginn seines Vortrags die Hoffnung, bei dem Vortrag eindeutige Erziehungstipps zu bekommen. Und dennoch war der gut 90minütige Vortrag des Medienreferenten ein voller Erfolg. Forn referierte über Themen wie Internet, soziale Netzwerke, Fake Accounts, Mobbing, Gewalt und Pornographie.
Ob man seinen Kindern zum Beispiel jedoch das Spielen angesagter Computerspiele verbietet oder nicht, müsse letztendlich jede Familie selbst entscheiden. „Verbietet man es oder nicht? Wenn ja, hockt das Kind eventuell beim Nachbarn und spielt dort“, verdeutlichte Forn die Problematik. An diesem Abend ging es erst einmal darum, den Eltern zu zeigen, was eigentlich hinter so angesagten Computerspielen wie „Fortnite“oder „Call of Duty“steckt. Kurze Ausschnitte aus diesen aktuell bei Jugendlichen sehr beliebten Computerspielen verdeutlichten deren nicht ganz so harmlosen Inhalt. Würden Kinder gleich im Anschluss an die Schule solche sogenannten „Ballerspiele“ spielen, blockiere dies den Übergang des morgens Erlernten in das Langzeitgedächtnis. „Eine zweistündige Pause zwischen Lernen und Spielen ist wichtig“, unterstützte Forn die Studien des Hirnforschers Manfred Spitzer.
Doch nicht nur das Computerspielen berge Gefahren. „Kinder verblöden wegen YouTube“, gab Forn weiter zu bedenken. Früher las man Bedienungsanleitungen, heute gäbe es zu Allem ein Tutorial auf YouTube, das keinerlei geistige Eigenleistung mehr notwendig mache.
Eine weitere große Gefahr sieht Forn im bedenkenlosen Hochladen von Fotos ins Internet. „Später, bei einer Bewerbung, holt die Kinder das wieder ein, was sie ins Netz gestellt haben“, warnte er, denn Firmen würden heute oft erst einmal nach Bewerbern „googeln“. Früher habe man ein Foto einfach zerreißen können, das Internet hingegen vergesse nichts.
„Glauben sie nichts, was sie auf Instagram sehen“, warnte er die Zuhörer weiter. Die dort gezeigten Fotos seien zumeist bearbeitet. Kinder und Jugendlichen würden jedoch das, was sie sehen, für wahr nehmen. „Instagram hat eine Wirkung, die ist nicht harmlos“, sprach er Themen wie Nacktbilder oder Magersucht an. „Die machen jeden Schwachsinn nach“, versuchte er das Verhalten vieler Kinder und Jugendlicher zu verdeutlichen. Denn man wolle ja viele Follower oder „Facebookfreunde“. Doch gerade solche Internetfreunde in Chaträumen würden eine der größten Gefahren darstellen. Der angeblich harmlose 16-jährige Gesprächspartner könne sich nämlich ganz schnell als ein nicht so harmloser Erwachsener entpuppen. Hilfreich sei hier das Programm „TinEye“, welches Dubletten von Bildern erkenne. Auch kindgerechte Suchmaschinen wie „FragFinn“oder „BlindeKuh“, könnten gewisse Sicherheit bieten. „Der Computer per se macht keine Angst. Man meint, man könne ihn einfach ausschalten“, zeigte er eindringlich die nicht erkannte Gefahr auf. Weiter übte er Kritik daran, dass es in den Schulen zwar Fahrradprüfungen oder ähnliches gebe, aber die Kinder bei der Benutzung der sozialen Medien allein gelassen würden. „14- oder 15-Jährige gehen heute lieber ohne Klamotten aus dem Haus als ohne Smartphone“, hob Forn noch einmal den Stellenwert von sogenannten „Influencern“und virtuellen Freunden für die Jugendlichen hervor. Was diese sagen und tun, werde kaum hinterfragt.
Viel Applaus bekam Elmar Forn für seinen informativen und schockierenden Vortrag. „Heute ist es nicht einfach, Eltern zu sein“, meinte Reiner Buck von der Ulf Prümmer Bürgerstiftung im Anschluss. „Das stimmt, was er gesagt hat“, bestätigten viele Zuhörer. „Das gehört in den Lehrplan“, meint Birgit Laupheimer, Mutter von drei Kindern im Alter von 12, 10 und 9 Jahren. Das sei heftig, was da im Internet „abgeht“und keiner hinterfrage es. Andere Mütter stimmten ihr zu. „Es ist verängstigend, wenn man bedenkt, was da noch auf einen zukommt“, erwiderte eine sichtlich mitgenommene Besucherin.