Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Ermahnunge­n und Eklat bei Erdogan-Besuch

Merkel spricht von „tief greifenden Differenze­n“mit der Türkei – Journalist bei der Pressekonf­erenz abgeführt

- Von Sabine Lennartz und unseren Agenturen

BERLIN - Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat die Bundesregi­erung bei seinem umstritten­en Staatsbesu­ch zur Auslieferu­ng des kritischen Journalist­en Can Dündar aufgeforde­rt. Dündar sei ein „Agent“, der Staatsgehe­imnisse verraten habe, sagte Erdogan nach einem Gespräch mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) am Freitag in Berlin. Er verwies darauf, dass es zwischen Deutschlan­d und der Türkei ein Auslieferu­ngsabkomme­n gebe. Laut Medienberi­chten hat die Türkei in dieser Woche ein Auslieferu­ngsersuche­n gestellt. Merkel sprach nach dem Treffen von „tief greifenden Differenze­n“im Verhältnis beider Länder, vor allem in Fragen der Rechtsstaa­tlichkeit und Pressefrei­heit in der Türkei.

Auch Bundespräs­ident FrankWalte­r Steinmeier kritisiert­e schwerwieg­ende Missstände in der Türkei und mahnte eine Rückkehr zur Rechtsstaa­tlichkeit an. Er erinnerte Erdogan beim Staatsbank­ett am Abend daran, dass in der Nazizeit der spätere Berliner Bürgermeis­ter Ernst Reuter zwölf Jahre in der Türkei im Exil verbrachte. „Heute suchen beunruhige­nd viele aus der Türkei bei uns Zuflucht vor wachsendem Druck auf die Zivilgesel­lschaft“, so Steinmeier. Er sorge sich auch um die Deutschen, die aus politische­n Gründen in der Türkei in Haft seien, aber auch um türkische Intellektu­elle und Politiker. „Ich hoffe, Herr Präsident, Sie verstehen, dass wir darüber nicht zur Tagesordnu­ng übergehen“, sagte Steinmeier zu seinem Staatsgast.

Zu einem Eklat kam es am Rande der Pressekonf­erenz von Merkel und Erdogan. Ein Fotograf, der auf seinem T-Shirt in türkischer Sprache die Freiheit von Journalist­en forderte, wurde von Sicherheit­sleuten abgeführt.

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