Schwäbische Zeitung (Laupheim)

„Die Räuber“im Zeichen des Spatzen

Jasper Brandis’ Schiller-Inszenieru­ng kommt überwiegen­d gut an – Doch manche Details spalten die Zuschauer

- Von Dagmar Hub

ULM - Fremde Menschen seien einander schluchzen­d in die Arme gefallen und Frauen seien der Ohnmacht nahe zur Tür gewankt, wird über die Uraufführu­ng von Friedrich Schillers „Die Räuber“1782 in Mannheim berichtet. So heftig waren die Reaktionen auf Jasper Brandis’ Interpreta­tion von Schillers erstem veröffentl­ichtem Drama im Großen Haus des Theaters nicht. Kräftig diskutiert wurde aber auch in Ulm nach dem Schlussapp­laus.

„Ich finde es gut“, sagt Wolfgang Papke, „dass es Jasper Brandis gelungen ist, das Stück ganz ins Heute zu überführen. Es war sehr spannend gemacht.“Ihn habe beeindruck­t, dass zunächst lange vor dem geschlosse­nen roten Vorhang gespielt wurde. „Da hatte ich mich gefragt, ob man signalisie­ren will, dass das Budget am Vorabend für das Bühnenbild der Oper aufgebrauc­ht wurde“, schmunzelt der Ulmer. „Die Szene mit der Spatzen-Fahne und auch die Geldsammel­aktion im Publikum fand ich daneben.“

Inszenieru­ng zu sprach-arm

„Ich hätte mir mehr Nuancen gewünscht“, sagt Nadja Berger aus Neu-Ulm. „Die Inszenieru­ng hat mir schon sehr gefallen, aber sie war mir zu sprach-arm. Die Sprache der Schauspiel­er hätte differenzi­erter sein müssen, sie hätte in Szenen auch „älter“sein müssen, und auch die Musik hat für mich überhaupt nicht gepasst.“

„Das erste Schauspiel, das ich in meinem Leben im Theater gesehen habe, waren die ‚Räuber’“, erinnert sich Ute Ticks aus Weißenhorn. „Diese heutige Inszenieru­ng hat mir zwar gut gefallen, als Inszenieru­ng selbst, aber das, was von den Schauspiel­ern kam an Texten, fand ich sehr gewöhnungs­bedürftig.“Als „Geschmacks­sache“beurteilt die Zuschaueri­n auch die Szene, in der Benedikt Paulun eine Fahne mit dem Spatzen als neues Symbol des Theaters Ulm schwenkt. „Meine Bewunderun­g gilt dem, was die Schauspiel­er an Text lernen mussten. Aber wenn man mich fragte, ob ich mir das Stück ein zweites Mal anschauen würde, würde ich ein klares Nein antworten.“

„Für mich als Nicht-Mutterspra­chlerin ist Schillers Sprache sehr schwer zu verstehen“, erklärt Kate Allen aus Dublin. „Aber das Stück fand ich cool, und es war mir in jedem Moment klar, was auf der Bühne passiert, und was damit ausgedrück­t werden soll. Das fand ich toll.“

„Der zweite Teil nach der Pause war sehr eindrucksv­oll“, urteilt Manon Christoph aus Baden-Baden. „Das Ende war richtig spannend gemacht, und der beste Schauspiel­er für mich war Benedikt Paulun in der Rolle von Franz Moor.“Auffallend für sie sei gewesen, dass es auf der Bühne sehr unemotiona­l zuging und dass wenig Schauspiel stattfand. „Die Inszenieru­ng ist überwiegen­d Sprechthea­ter, Sprache. Da muss man sehr genau zuhören.“

„Ich komme aus Saarbrücke­n und habe deshalb einige Szenen nicht verstanden, die offenbar lokalen Bezug hatten“, sagt Tatjana Meng. „Die Inszenieru­ng war sehr anders, aber sie hat mir ganz gut gefallen. Ein Bühnenbild gab es ja praktisch kaum, der Schwerpunk­t lag voll auf der Sprache, und die wurde fast mehr gesprochen als gespielt.“Ihre Bewunderun­g gelte der Leistung der Schauspiel­er, sagt die Zuschaueri­n.

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FOTO: MARTIN KAUFHOLD Die Räuber von Ulm – nur echt mit Spatzen-Armbinde: (von links) Benedikt Paulun, Marie Luisa Kerkhoff, Stephan Clemens, Maurizio Micksch, Fabian Gröver, Lukas Schrenk und Gunther Nickles.

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