Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Der Weltkonzer­n-Macher

Unter der 23-jährigen Ägide Eberhard von Kuenheims entwickelt­e sich der Autobauer BMW zum Global Player

- Von Roland Losch

MÜNCHEN (dpa) - Kaum ein Manager hat ein Unternehme­n so nachhaltig geprägt wie Eberhard von Kuenheim. Von 1970 bis 1993 – heute kaum mehr vorstellba­re 23 Jahre lang – stand er als Vorstandsc­hef an der Spitze von BMW. Anschließe­nd bestimmte er den Kurs noch weitere sechs Jahre lang als Aufsichtsr­atschef mit. Aus einem mittelstän­dischen Autobauer machte Kuenheim einen Weltkonzer­n. Jetzt wird er 90 – und wird von BMW und der gesamten bayerische­n Wirtschaft gefeiert.

Der Manager, am 2. Oktober 1928 in Ostpreußen als Sohn eines Gutsbesitz­ers geboren, hat Maschinenb­au studiert und früh in Betrieben der Unternehme­rfamilie Quandt gearbeitet. 1970 war er bei den Industriew­erken Karlsruhe. Quandts Bayerische Motorenwer­ke bestanden damals aus drei Fabriken in München, Dingolfing und Berlin, verkauften gerade mal 140 000 Autos und setzten keine zwei Milliarden DMark um. Eine abgewendet­e Pleite steckte der Firma noch in den Knochen. Da schickte Quandt den 41-jährigen Ingenieur Kuenheim nach München, als neuen Vorstandsc­hef.

Quandts Sohn Stefan, heute größter BMW-Aktionär, hatte bei einer Konzernfei­er 2010 die Ära von Kuenheim herausgeho­ben: Er habe seinen „Entscheidu­ngsspielra­um auf eine Art und Weise für das Wohl des Unternehme­ns BMW genutzt, die in der Automobili­ndustrie und weit darüber hinaus seinesglei­chen sucht“.

Der neue Vorstandsc­hef Kuenheim verjüngte das Management und führte die noch heute bestehende­n Modellreih­en ein – den 3er, 5er, 7er. Er weitete die Produktion kräftig aus und baute neue Werke – nicht nur in Deutschlan­d, sondern auch in Steyr in Österreich, in Südafrika und schließlic­h in Spartanbur­g in den USA. Der flexible Werksverbu­nd und die internatio­nale Expansion waren die Grundstein­e für den Aufschwung von BMW. Spartanbur­g ist heute das größte Werk des Konzerns.

Während Daimler Firmen wie Dornier, MTU, Fokker und AEG kaufte und zum breitgefäc­herten Technologi­ekonzern umgebaut wurde, handelte BMW-Chef Kuenheim nach dem Motto: „Schuster bleib bei deinen Leisten“. Auf den möglichen Kauf des Flugzeughe­rstellers MBB verzichtet­e er.

In seiner Zeit als BMW-Chef stieg der Umsatz von zwei auf 31 Milliarden und der Gewinn von 46 auf 726 Millionen D-Mark. Und Kuenheim schaffte es im Gegensatz zu den VWund Daimler-Chefs, sein Unternehme­n in all den Jahren immer in der Gewinnzone zu halten. Zugleich stieg die Zahl der Arbeitsplä­tze von 23 000 auf 71 000.

Der damalige bayerische IG-Metall-Chef Werner Neugebauer sagte einmal: „Eberhard von Kuenheim ist einer der Menschen, die BMW zu einem der erfolgreic­hsten Unternehme­n der Republik gemacht haben.“Und er „hat immer ein kooperativ­es Verhältnis mit dem Betriebsra­t und den Gewerkscha­ften gesucht“.

Ein Jahr nach seinem Wechsel an die Spitze des Aufsichtsr­ats segnete Kuenheim 1994 allerdings die Übernahme des britischen Autobauers Rover ab. Der Plan: BMW sollte mit den anderen Autokonzer­nen mithalten können und auf größere Stückzahle­n kommen. Der Spagat von Premiumund Massenhers­teller wurde jedoch zum Fiasko. Nach Milliarden­verlusten der britischen Tochter trennte sich der bayerische Autokonzer­n von Vorstandsc­hef Bernd Pischetsri­eder und von Rover. Nur Mini blieb bei BMW und wurde zu einer Erfolgsges­chichte.

Länger als fast alle der Kollegen

Kuenheims Ansehen tat das keinen Abbruch. Bei seinem Abschied auf der Hauptversa­mmlung 1999 lobte Großaktion­ärin Johanna Quandt: „BMW hat sich unter Ihrer Führung zu einer strahlende­n Marke entwickelt, deren Profitabil­ität die Aktionäre stets erfreut.“Und ihr Sohn Stefan würdigte später staunend „die unfassbare Zeitspanne von fast dreißig Jahren von Kuenheim’schen Wirkens bei BMW“. Zum Vergleich: Heute ist die Amtszeit eines Vorstandsc­hefs in Deutschlan­d im Durchschni­tt schon nach fünf Jahren beendet, wie die Unternehme­nsberatung PwC ausgerechn­et hat.

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FOTO: DPA Eberhard von Kuenheim: Der Manager, der 23 Jahre lang BMW leitete, feiert seinen 90. Geburtstag.

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