Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Meisterhaf­t mit vier Händen

Lisa Hummel und Marius Mack gaben ein ungewöhnli­ches Duo-Orgelkonze­rt

- Von Günther Vogel

LAUPHEIM - In der Laupheimer Marienkirc­he gaben Lisa Hummel und Marius Mack ein ungewöhnli­ches Duo-Orgelkonze­rt an der RenschOrge­l von 1998: Sie spielten vierhändig an der „Königin der Instrument­e“– und boten dabei eine meisterhaf­te Leistung. Lisa Hummel ist Organistin in der Gemeinde St. Petrus und Paulus in Laupheim. Ihr Kommiliton­e Marius Mack ist Kantor in der Kirchengem­einde Villingen.

Titel ihres Konzerts: „Mit vier Händen und Füßen.“Es gibt kaum Original-Literatur für ein Orgelduo. Die beiden Interprete­n spielten deshalb ausschließ­lich Bearbeitun­gen. Die hatten es aber in sich, sowohl von der kompositor­isch-klangliche­n Potenz als auch von den großartige­n interpreta­torischen Fähigkeite­n der beiden Musiker.

Sie eröffneten mit dem „Concerto C-Dur“des Komponiste­n und regierende­n Herzogs Johann Ernst Prinz von Sachsen-Weimar, der nur 19 Jahre alt wurde (1696-1715) – und der 19 Konzerte komponiert­e, dabei auch Bach beeinfluss­te. Dessen Klavierkon­zert C-Dur, BWV 984, entstand nach einem Violinkonz­ert des Prinzen.

Es folgten zwei Sätze aus Griegs „Peer Gynt Suite“, bearbeitet von den beiden Organisten. „Morgenstim­mung“ist die klanggewor­dene bildhafte Vorstellun­g eines kühlen, sonnenhell­en skandinavi­schen Morgens, eröffnet mit weichem lyrischem Flötenregi­ster – Nachtigall­entöne. Dann geht die Sonne auf. Die Intimität wird zum Strahlen, der Ton wird breiter. Weitere Vogelstimm­en kommen hinzu. Die Organisten gestalten mit schierem Klangzaube­r. „Anitras Tanz“ist eine Mazurka, mit der die orientalis­che Prinzessin Peer Gynt in exotische Gefilde lockt.

Und dann drei Ohrwürmer aus der Suite „Karneval der Tiere“von Camille Saint-Saëns. „Der Elefant“kommt wuchtig tänzerisch, dreiertakt­ig mit schwerfäll­iger Eleganz.

Der Komponist zitiert hier seinen Kollegen Hector Berlioz aus dessen „Fausts Verdammnis.“

Lustig und gezwitsche­rintensiv geht es in dem „Vogelhaus“zu, ganz auf das Flötenregi­ster zugeschnit­ten. Schließlic­h der balletöse Schlager aller Schlager, der „Schwan“, als tänzerisch­es Highlight Standardre­pertoire aller Primaballe­rinen als „Sterbender Schwan.“

Nur Pedale im Einsatz

Eine sehr originelle Bearbeitun­g sind Johann-Strauß-Melodien, die nur mit den Pedalen gespielt wurden. Lisa Hummel: „Getanzt wird auch mit den Füßen; wir spielen mit den Füßen.“Die beiden spielten großartig, aber musikalisc­h überschrit­ten die Bearbeitun­gen eine geschmackl­iche Grenze. Seien es die „Geschichte­n aus dem Wienerwald“, sei es der „Fledermaus-Walzer“, die tieflagige Umarbeitun­g kann nicht annähernd die Eleganz und auch den unwiderste­hlichen Schmelz der Originale wiedergebe­n.

Krasser Wechsel nach Argentinie­n: Der „Libertango“von Astor Piazolla in Bearbeitun­g von Lisa Hummel, eines seiner berühmtest­en Stücke. Der Titel kombiniert „Libertad“(Spanisch für Freiheit) und „Tango", symbolisie­rt Piazzollas Übergang vom klassische­n Tango zum Tango Nuevo. Es ist eine bewegende und melancholi­sche und zugleich auch aggressive und lebendige Musik.

Zum Schluss ein weiterer Höhepunkt populärer großer Musik: Maurice Ravels „Bolero“mit wunderschö­n registrier­ten melodische­n Phrasierun­gen auf durchgehen­dem rhythmisch­em Klangbett. Ein einsätzige­r Tanz, sehr langsam und ständig gleich bleibend. Das Ganze Werk ist ein bruchloses Endlos-Crescendo. Überliefer­t ist, was Ravel über seine Kompositio­n zu Arthur Honegger sagte: „Ich habe nur ein Meisterwer­k gemacht, das ist der Bolero; leider enthält er keine Musik.“Darüber ließe sich lange diskutiere­n.

Die Organisten spielten mit meisterhaf­ter Könnerscha­ft, mit höchster Präzision und Intensität. Die beiden zeigten die enorme klangliche und expressive Bandbreite der Orgel mit ihrer Wandelbark­eit, ihrer eigenwilli­gen klaren Sprache mit klangstark­en großen Registern, mit die Kirche durchdröhn­enden Fortissimi und zart duftenden lyrischen Phrasierun­gen.

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FOTO: GÜNTHER VOGEL Meisterhaf­tes Duo an der Orgel: Lisa Hummel und Marius Mack beim Konzert.

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