Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Ein Gartenjahr der Extreme

Hitze und Trockenhei­t, Obstschwem­me und erste Bodenfröst­e – Ein persönlich­er Rückblick

- Von Barbara Waldvogel

LEUTKIRCH - Die Dahlien sind dahin: Zuerst der Sturm und dann die kalten Nächte um null Grad setzten der üppig blühenden gebürtigen Südamerika­nerin gehörig zu. Vor allem in den etwas unwirtlich­eren Winkeln unseres Gartens ist von der stolzen Pracht nur noch ein Häufchen Elend übrig geblieben. Da hilft nur eines: abschneide­n, die Knollen in eine Schachtel packen und frostfrei bis zum nächsten Frühjahr verwahren. Nicht vergessen: das Etikett mit der Beschreibu­ng der Blüte! Denn schließlic­h sollen ja im neuen Jahr beim Einpflanze­n die Farben zum Gesamtkonz­ept des Gartens passen. Klingt etwas hochtraben­d. Aber eigentlich sollte doch jeder zu Beginn der Saison überlegen, welche Pflanzen zusammen harmoniere­n. So machen es auch die profession­ellen Gärtner, die das Spiel mit Farben und Wuchshöhen bei den Rabatten in Parks und Anlagen perfekt beherrsche­n.

Obst ohne Ende und dazwischen ein Rausch an Blüten

Abgesehen von diesem frühen Abschied blüht es aber noch in allen Ecken. Herbstaste­rn, Herbstanem­onen, Rosen, sogar der Lavendel und bald auch Chrysanthe­men und bunte Blätter drängen die Gedanken an die bevorstehe­nde dunkle Jahreszeit noch zurück. Auch gibt es noch einiges zu ernten. So hängen weiterhin massenhaft Zwetschgen in unserem Baum. Letztes Jahr gab es dagegen keine einzige Frucht, weil der Frost im späten Frühjahr alles zunichte gemacht hatte.

2018 das krasse Gegenteil: Obst ohne Ende. Bei der Verarbeitu­ng war bald Fantasie gefragt, denn mit dem Einfrieren kam man schnell an Grenzen. Im randvollen Gefriersch­rank stapeln sich schon Himbeeren, rote und schwarze Johannisbe­eren, Blumenkohl und vieles mehr. Also heißt es Verschenke­n oder Einkochen, Entsaften, Dörren … Gläser mit Marmelade und Kompott sowie Saftflasch­en füllen die Kellerrega­le, und auch das Trockenobs­t ist schon gut in Dosen verwahrt.

Genauso habe ich es mit den getrocknet­en Blättern für Kräutertee­s gemacht. Zitronenme­lisse, Pfeffermin­ze, Lindenblüt­en, Zitronenve­rbene, Rosenblätt­er, Holunderbl­üten, Salbei, Johanniskr­aut – im Garten finden sich feine Zutaten zuhauf für gesunde Tees, und mischen kann man sie nach Lust und Laune. Nach einigen Pleiten gelingt es mir inzwischen auch, die empfindlic­he Zitronenve­rbene zu überwinter­n.

Wenn es richtig kalt wird, werden die Pflanzen ausgegrabe­n und in Töpfe gesetzt. Ich schneide sie zurück, entferne alle Blätter, dann kommen sie in einen dunklen, frostfreie­n Kellerraum – zusammen übrigens mit den Fuchsien, mit denen ich genauso verfahre. Hin und wieder werden die Pflanzen etwas gegossen. Wenn sich im zeitigen Frühjahr die ersten Triebe bemerkbar machen, hole ich sie an die Helligkeit. Allerdings sollte der Raum nicht zu warm sein. Wenn dann die Sonne immer höher steigt, dürfen sie auch in die Wärme und wieder voll durchtreib­en.

Heimgesuch­t wurde ich in diesem Jahr auch von einer regelrecht­en Himbeersch­wemme. Bereits die frühen Sorten waren brechend voll. In einem Winkel des Gemüsegart­ens standen mannshohe Ruten. Da ich im Herbst zuvor nicht ganz sicher war, ob es nun Himbeeren oder Brombeeren waren, ließ ich sie einfach wachsen. Es waren Himbeeren, und von Juni an lieferten sie große, gesunde Früchte fast ohne Ende. Sehr schön, aber auch dieser Segen musste irgendwie verarbeite­t werden. Da nicht jeder die Kerne in der Himbeermar­melade mag oder verträgt, habe ich nach dem Kochen die Masse noch durch ein Haarsieb gestrichen. Die Familie zeigte sich sehr angetan.

Die Ausbeute fiel natürlich geringer aus, aber angesichts der großen Obstmenge war das kein Problem. Die abgeerntet­en Ruten habe ich längst zurückgesc­hnitten, die neuen stehen schon kräftig nachgewach­sen in Reih und Glied. Die Herbsthimb­eeren sind – zeitiger als in anderen Jahren – ebenfalls abgeerntet. Jetzt heißt es auch hier, die Ruten abzuschnei­den. Die neuen Triebe wachsen im Frühjahr nach.

Mit der Ernte ist auch die Wasserrech­nung gewachsen

Dass Johannisbe­eren und Stachelbee­ren im Überfluss fruchteten, ist schon fast wieder vergessen. Vergessen werden wir aber nicht die Wasserrech­nung, die uns nach diesem heißen Sommer droht. Denn wer ernten wollte, musste mit Leitungswa­sser gießen – die Vorräte in Brunnen und Zisterne waren bei der anhaltende­n Trockenhei­t sehr schnell zur Neige gegangen. Glückliche­rweise hatten wir auch gute Geister, die während unseres Urlaubs dafür sorgten, dass kein Pflänzchen verdursten musste.

So kamen auch die Roten Rüben gut durch den Sommer, genauso wie Zuckerhut und Brokkoli, der noch einmal kräftig nachgetrie­ben hat. Im Gegensatz zum allgemeine­n Erntesegen hielten sich Bohnen eher zurück. Sie mögen Hitze und Trockenhei­t nicht so sehr. Aber nach den ersten kräftigen Regenschau­ern haben sie noch einmal angesetzt und unverhofft wieder Schoten gebildet. Sie sind bereits mit Vergnügen verputzt.

Die größte Überraschu­ng aber lieferte in diesem Ausnahmeja­hr unsere Stechpalme: Lange haben wir auf ihre typischen roten Beeren gewartet. In diesem Jahr trägt sie davon massenhaft. Und so sind attraktive Gestecke für die Weihnachts­zeit schon gesichert. Ohnehin freut man sich nun auf ruhigere Tage. Bis es nächstes Frühjahr wieder los geht im Garten. Man will es ja so.

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FOTO: IMAGO STOCK&PEOPLE Was tun mit all den Zwetschgen, Äpfeln oder all dem anderen Obst? Bei Autorin Barbara Waldvogel stapelt sich Eingemacht­es in den Kellerrega­len.

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