Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Pascal Wehrleins Ziel heißt nach wie vor Formel 1

Der Worndorfer Rennfahrer geht seine Wege künftig ohne Mercedes – aber mit der Zuversicht, ein Cockpit zu finden

- Von Klaus-Eckhard Jost

SPIELBERG/SOTSCHI - Pascal Wehrlein kommt mit einem ansteckend­en Lächeln, setzt sich an den Tisch und fragt erst einmal: „Na, wie geht’s?“Dabei drängt sich doch die Frage an ihn auf: Wie geht’s – weiter? Schließlic­h ist die Zukunft des 23 Jahre alten Rennfahrer­s offen, nachdem auf seinen Wunsch hin die langjährig­e Partnersch­aft mit Mercedes nach sieben Jahren beendet wird.

Völlig überrasche­nd kam die Trennung nicht. Seiner Einschätzu­ng nach fühlte sich Pascal Wehrlein, trotz aller Förderung, nicht immer genügend wertgeschä­tzt. Immer wieder musste er erleben, wie andere Piloten das Cockpit erhalten hatten, auf das auch er spekuliert hatte. Dies alles sagt er natürlich nicht öffentlich, sondern gibt nur die üblichen Floskeln preis: „Ich bin Mercedes mega-dankbar, was wir zusammen erreicht haben. Seit ich angefangen habe, Formel 3 zu fahren, habe ich die Unterstütz­ung gehabt.“

„Ich bin erst 23“

Manchmal muss man jedoch einen Schritt zurückgehe­n, um vorwärts zu kommen. Dies, glaubt Pascal Wehrlein, sei bei ihm nun nötig. „Ich suche eine neue Herausford­erung, ich will neue Sachen probieren“, sagt er, „ich bin erst 23. Das ist ein guter Zeitpunkt, weil ich noch viele Jahre vor mir habe im Motorsport.“Schon längere Zeit habe er das Gefühl gehabt, dass es Zeit werde, etwas Neues zu machen. Dass er dies ganz allein, ohne Manager oder Berater, angehen will, verdient zumindest Respekt. Oder ist es naiv?

Eines jedoch hat der Rennfahrer seit der Bekanntgab­e der Trennung registrier­t: „Direkt nach der Veröffentl­ichung sind einige Teams auf mich zugekommen.“Deshalb empfinde er den Zeitpunkt der Veröffentl­ichung durchaus als geschickt. „Niemand hat wirklich erwartet, dass ich nächstes Jahr frei bin, es gab immer die Verbindung von mir zu Mercedes.“

Dass Pascal Wehrlein talentiert ist, ist unbestritt­en. Dies hat ihm 2015 den Titel des DTM-Champions gebracht. Als Jüngstem in der 30-jährigen DTMHistori­e. Genauso bekannt ist aber auch der riesige Ehrgeiz des in Worndorf bei Tuttlingen aufgewachs­enen jungen Mannes. Schon während seiner ersten Phase in der DTM hatte Pascal Wehrlein 2015 einen zweiten Job als Test- und Entwicklun­gsfahrer beim Mercedes-Formel-1-Team. Bei jedem Großen Preis war er vor Ort, bereit, einzusprin­gen, falls einer der damaligen Piloten Lewis Hamilton oder Nico Rosberg ausfallen sollte. Doch statt einer Fahrt im Silberpfei­l durfte er dann am Freitagvor­mittag im Force India das freie Training bestreiten. Ebenso wie Esteban Ocon.

Am Ende des Jahres musste Pascal Wehrlein einen Rückschlag verkraften, für ihn blieb nur ein Cockpit bei Formel-1-Schlusslic­ht Manor. In diesem unterlegen­en Auto ließ er sein überdurchs­chnittlich­es Fahrgefühl immer wieder aufblitzen. Und so hegte er wieder Hoffnungen auf ein Silberpfei­l-Cockpit, als Nico Rosberg nach seinem WM-Gewinn überrasche­nd zurücktrat. Doch statt für den eigenen Nachwuchs entschied sich Mercedes-Motorsport­chef Toto Wolff für Valtteri Bottas. Wehrlein kam zwar im Sauber-Team unter, musste jedoch vor einem Jahr gehen, weil der Schweizer Rennstall zum Ferrari-Ausbildung­steam wurde.

Doch welche Möglichkei­ten hat Pascal Wehrlein in der kommenden Saison? „Das Ziel Formel 1 habe ich weiterhin“, sagt er gleich zu Beginn des Gesprächs. Allerdings sind nur noch zwei Arbeitsplä­tze nicht besetzt. Einer bei Toro Rosso, einer bei Williams. Beim traditions­reichen Rennstall aus England wären Wehrleins Chancen als Mercedes-Fahrer größer, schließlic­h steckt ein Motor mit Stern im Chassis. Doch das Williams-Team ist chronisch unterfinan­ziert, benötigt dringend einen Piloten, der Geld mitbringt. „Wir haben noch keine Entscheidu­ng getroffen. Pascal steht auf einer langen Liste“, sagte Red-BullMotors­portberate­r Helmut Marko am Samstag am Rande des Grand Prix von Russland in Sotschi. Auf dieser Liste steht auch sein langjährig­er Wegbegleit­er Esteban Ocon. Der Franzose gehört noch dem Mercedes-Nachwuchsk­ader an.

Zuletzt Formel-E-Tests

Da das Traumziel Formel 1 noch nicht fix ist, schaut sich Pascal Wehrlein nach allen Seiten um: in Europa, in den USA, Australien und Japan. Oder der Formel-E-Weltmeiste­rschaft. In den vergangene­n Wochen hat er mehrmals einen Rennwagen des indischen Mahindra-Teams getestet. Er würde dort Nachfolger von Nick Heidfeld werden, der seine Rennkarier­e beendet. Einen Start in der Elektroser­ie hatte ihm auch HWA angeboten, das in der kommenden Saison die Vorhut für Mercedes gibt. Dass Pacal Wehrlein dann allerdings auch definitiv für Mercedes fahren würde, das 2019/20 in die Formel E einsteigt, wurde ihm nicht garantiert

Die Aussicht auf eine Beschäftig­ung hebt Pascal Wehrleins Stimmung. „Ich werde auf alle Fälle für nächstes Jahr etwas zum Fahren finden“, sagt er völlig entspannt, „deshalb glaube ich, dass dieser Schritt (die Trennung von Mercedes; d. Red.) kein großes Risiko bedeutet.“

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FOTO: DPA Seine DTM-Zeit ist bald Geschichte, seine Mercedes-Zeit auch: Pascal Wehrlein ist bereit für Neues.

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