Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Vom See zur ISS
Auf der Mainau funken Schüler mit Alexander Gerst
MAINAU - Inmitten von tropischen Bäumen blicken 170 Schüler gebannt auf einen riesigen Bildschirm. Sie haben viele Fragen an den Mann, der am Dienstag live ins Palmenhaus auf der Insel Mainau zugeschaltet wird. Für einen LiveCall mit dem Astronauten aus Künzelsau, Alexander Gerst, sind sie gekommen. Er ist Pate für den aktuellen Schülerwettbewerb „Beschützer der Erde 2.0“, den das deutsche Luftraum-Management im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie und mit dem Max-Planck-Institut für Ornithologie in Radolfszell am Bodensee ins Leben gerufen hat. Der Schülerwettbewerb sucht Ideen dafür, wie die Daten für das Tierforschungsprojekt Icarus auf der Raumstation ISS sinnvoll genutzt werden könnten.
Was bedeutet es, wenn Zugvögel ihre Flugroute verändern? Was könnten Ursachen sein? Und wie lassen sich negative Entwicklungen vermeiden? Das sind Fragen, die mit dem Projekt Icarus ( International Cooperation for Animal Research Using Space) und der ISS beantwortet werden sollen.
Die Ideen von „Beschützer der Erde“unterstützen diese Forschungen. Unter den Schülern im Palmenhaus ist auch Isabelle Rozée, Icarus-Botschafterin für das Hegau-Gymnasium in Singen. Seit drei Jahren forscht sie am Max-Planck-Institut. „Das ist eine einmalige Chance mit so einem wichtigen Forscher aus Deutschland zu sprechen“, sagt Isabelle über den LiveCall mit Gerst. Die 14-Jährige stellt fest: Sie forscht an denselben Fragen am Boden wie der Geophysiker im Weltraum.
Entscheidend für beide sind kleine Sender, die Vögeln auf den Rücken geschnallt werden. „Die Sender wiegen etwa fünf Gramm, sind zwei Kubikzentimeter groß und haben eine 15 Zentimeter lange Drahtantenne. Sie übermitteln nicht nur die Position des Tiers, sondern auch seine Beschleunigung, die Ausrichtung zum Magnetfeld der Erde, die Umgebungstemperatur sowie Luftdruck und Feuchtigkeit“, erklärt Martin Wikelski, Leiter der Icarus-Initiative am Max-PlanckInstitut. „Bald können wir mit der Datenübertragung für Icarus beginnen“, sagt er. Rund 300 Amseln sind bereits mit dem kleinen Peilsender ausgestattet worden. Weitere Vogelarten sollen folgen. Die Daten sollen Aufschluss über die Wanderungen von Zugvögeln geben und so auch zum Schutz der Arten beitragen.
Planet B gibt es nicht
Ob der Blick auf die Erde vom Weltraum aus die Probleme der Menschen kleiner erscheinen lässt, das will eine Schülerin von Gerst wissen. „Nicht unbedingt. Von hier oben aus gesehen wird deutlich: Wir haben keine zweiten Planeten B. Planet A ist in keinem guten Zustand und mit dem Klima geht es den Bach runter“, stellt der Astronaut klar.
Für den Anruf mit Alexander Gerst ragen Kameras und Mikrofone zwischen den Palmen heraus. In einem Eck stehen Mischpulte mit Hunderten von Reglern. Ein Videoanruf aus dem All bedeutet auf der Erde viel Aufwand. „Zuerst muss die Verbindung über eine Zentrale in Neu-Mexiko in den USA hergestellt werden, dann geht das Signal zur Station in Houston“, erklärt Esa-Astronaut Reinhold Ewald auf der Mainau. „Anschließend läuft das Signal an einen kommerziellen Sender im All.“Bild und Ton werden dabei getrennt.
Der LiveCall mit Gerst hallt bei den Schülern wohl noch lange nach. „Ich bin auch kein Superheld, bin einmal wegen einer Fünf in Englisch fast sitzen geblieben. Damit will ich euch sagen: lasst euch nicht abhalten von euren Träumen. Bleibt offen und neugierig“, spornt er die Schüler am Ende seines Anrufs an. „Ich bin gespannt, was bei seinen Forschungen rauskommt“, sagt Isabelle Rozée mit Blick auf die Leinwand. Der Anruf mit Gerst hat sie inspiriert. Später einmal, das wisse sie jetzt schon, will sie auch Forscherin werden.
Videos von der Veranstaltung sehen Sie unter www.schwäbische.de/call