Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Zweiter Skripal-Attentäter war wohl Militärarz­t

Recherchen­etzwerk will Verdächtig­en identifizi­ert haben

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MOSKAU/LONDON (dpa) - Der zweite russische Verdächtig­e beim Giftanschl­ag auf den Ex-Agenten Sergej Skripal ist von investigat­iven Journalist­en als Militärarz­t des Geheimdien­stes GRU enttarnt worden. Fast täglich machen Rechercheu­re in Russland und Großbritan­nien derzeit Details aus dem Innenleben des Dienstes öffentlich. Sie setzen die militärisc­hen Aufklärer, Speerspitz­e des Kremls in vielen internatio­nalen Konflikten, in schlechtes Licht.

Das Recherchen­etzwerk Bellingcat hat nach eigener Mitteilung den Mann identifizi­ert, der nach britischen Angaben unter dem Decknamen Alexander Petrow agiert hat. Alexander Mischkin soll er heißen, geboren am 13. Juli 1979 im Dorf Lojga bei Archangels­k in Nordrussla­nd, Marinearzt. Zeugen hätten dessen Identität bestätigt, schrieben Bellingcat und das russische Portal The Insider am Montag. Am Dienstag ergänzten sie: Präsident Wladimir Putin habe Mischkin 2014 den Titel „Held Russlands“verliehen.

Moskau weist Vorwürfe zurück

Der russische Doppelagen­t Skripal und seine Tochter Julia hatten Anfang März eine Vergiftung mit dem in der früheren Sowjetunio­n entwickelt­en chemischen Kampfstoff Nowitschok knapp überlebt. Eine unbeteilig­te Frau starb durch Kontakt mit dem Gift. Der zweite Mann bei dem Anschlag im Städtchen Salisbury in England nannte sich Ruslan Boschirow. Er ist als Oberst Anatoli Tschepiga in Diensten des GRU identifizi­ert worden.

Der Fall Skripal hat bereits schwere internatio­nale Verwicklun­gen ausgelöst, Dutzende Diplomaten wurden ausgewiese­n. Doch Moskau bleibt dabei, alle Vorwürfe zurückzuwe­isen. Auch am Dienstag sagte Kremlsprec­her Dmitri Peskow, man werde sich nicht über die Medien mit den Recherchen­etzwerken auseinande­rsetzen. Dabei hat Putin deren Ehrgeiz womöglich erst angeheizt, als er im September sagte, die Herren Petrow und Boschirow seien harmlos. In einem skurrilen Interview mit dem Staatssend­er RT stellten sie sich als Verkäufer von Sportlerna­hrung dar, die als Touristen das wunderschö­ne Salisbury besucht hätten.

Relativ schnell kamen Bellingcat und The Insider an deren Passanträg­e, in denen nichts zu einem Vorleben stand. Dafür wurde auf eine Telefonnum­mer des Verteidigu­ngsministe­riums verwiesen. Die Endziffern der Passnummer­n folgen dicht aufeinande­r, auch der Pass eines dritten enttarnten GRU-Spions gehört in diese Serie. Das legt die Frage nahe, ob der Geheimdien­st unvorsicht­igerweise nicht noch mehr Agenten mit solchen Pässen ausgestatt­et hat.

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FOTO: BELLINGCAT/AP/DPA Die von die Recherche-Webseite Bellingcat zur Verfügung gestellte undatierte Aufnahme soll den Reisepass von Alexander Mischkin zeigen.

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