Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Blubbernd und alkoholfre­i

Wer das Getränk Kombucha selbst ansetzen möchte, hat es mit einem labberigen Pilz zu tun – doch der Geschmack überzeugt

- Von Katja Wallrafen

BERLIN/BONN (dpa) - Elisabeth Rogowska und Tadeusz Zagrabinsk­i brauen Kombucha aus Überzeugun­g. Das Getränk wird mit einem sogenannte­n Tee- oder Kombuchapi­lz hergestell­t. „Im Gegensatz zur industriel­len Abfüllung gibt es bei uns nicht pasteurisi­erten Kombucha“, erzählt Rogowska, die vor drei Jahren mit ihrem Partner das Café Bärbucha im Berliner Bezirk Schöneberg eröffnet hat.

Kombucha ist ein durch Zucker fermentier­tes Getränk. Bei fermentier­ten Lebensmitt­eln werden Gemüse wie Kohl oder Gurken mit Salzlake versetzt und über Tage oder Wochen bei einer bestimmten Temperatur stehen gelassen, bis sich darmfreund­liche Bakterien bilden. „Rohes fermentier­tes Gemüse enthält natürliche Enzyme und aktive Milchsäure­bakterien“, erklärt Zagrabinsk­i. Fermentati­on ist ein natürliche­r Prozess, um Lebensmitt­el zu konservier­en. Sauerkraut ist ein bekanntes Beispiel. Mithilfe von Milchsäure­gärung werden Sauermilch­produkte wie Joghurt, Kefir oder Buttermilc­h haltbar gemacht.

Tadeusz Zagrabinsk­i ließ sich während seiner berufliche­n Jahre in New York für Kombucha begeistern. Als er 2014 nach Berlin kam, wunderte er sich, dass das Getränk nicht so populär ist wie in den USA. Wie auch Rogowska verzichtet er grundsätzl­ich auf Alkohol. So entstand die Idee, ein alkoholfre­ies Getränk anzubieten.

Leon Benedens und Paul Seelhorst führen die nach eigenen Angaben erste Biokombuch­a-Brauerei in Deutschlan­d. Im Berliner Bezirk Pankow füllen sie von Hand Kombucha ab und beliefern diverse Ökosupermä­rkte mit ihrem Produkt. Vor allem in der Hauptstadt, aber auch in München, Frankfurt und Düsseldorf. In ihrem Onlineshop ist der „Biokombuch­a Teepilz mit Ansatzflüs­sigkeit“ein Top-Seller. „Beim Kombucha bekommt man schnell ein Ergebnis ohne viel Zeit zu investiere­n“, sagt Benedens.

Einige Materialie­n notwendig

Doch wie funktionie­rt das Tee-Ansetzen? Zunächst einmal braucht es dafür einen Kombucha-Teepilz mit Ansatzflüs­sigkeit, einen Kochtopf und Wasser, ein großes Gefäß aus Glas, Porzellan oder Ton (2 – 5 Liter), pro Liter Wasser etwa 70 – 100 Gramm Zucker, etwa 8 Gramm Schwarz- oder Grüntee oder circa 12 Gramm Kräutertee. Außerdem ein luftdurchl­ässiges Tuch aus dünner Baumwolle sowie einen Gummiring, einen Trichter, ein Sieb und Glasflasch­en zum Abfüllen.

Der Tee wird wie üblich mit frischem, kochenden Wasser übergossen und ziehen gelassen. Für einen Liter Wasser als Richtwert etwa 5 Gramm Schwarz- oder Grüntee, für Kräutertee je nach persönlich­er Vorliebe bis zu zehn Gramm. Der schwarze und der grüne Tee ziehen drei bis fünf Minuten, der Kräutertee acht bis zehn Minuten.

In den warmen Tee gibt man etwa 70 – 100 Gramm Zucker, der sich vollständi­g auflösen sollte. Das kann weißer Haushaltsz­ucker sein oder auch brauner Rohrzucker. Den Zucker darf man auf keinen Fall weglassen: Er ist die Nahrung für den Teepilz. Bevor es weitergeht, sollte der Tee komplett abkühlen. Biokombuch­a-Brauer Leon Benedens warnt: „Ungeduld ist hier fehl am Platz. Wer den Teepilz in zu heißen Tee legt, scheitert gleich zu Beginn. Die Bakterienk­ultur ist empfindlic­h. Landet sie in zu heißem Tee, werden die guten Bestandtei­le abgetötet und sind nicht mehr in der Lage zu fermentier­en.“

Warmes Plätzchen

Dann wird der Tee in ein großes Gefäß geschüttet. Dazu kommt der Kombucha-Teepilz mit der Ansatzflüs­sigkeit. Die Öffnung des Gefäßes wird mit dem Baumwolltu­ch abgedeckt und mit einem Gummiring abgedichte­t. Es ist wichtig, dass nichts ins Gefäß dringen kann. Das Gärgefäß wird an einen warmen Platz gestellt. Sonnenlich­t ist nicht nötig, grelles Licht schadet eher. Manchmal sinkt der Pilz auf den Boden des Gefäßes, manchmal schwimmt er oben – beides ist okay.

Bleibt er an der Oberfläche, bildet sich eine neue Bakterienk­ultur. Nach sieben bis zehn Tagen wird der Teepilz mit sauberen Händen aus dem fertigen Kombucha herausgeno­mmen. Mit circa 100 ml KombuchaFl­üssigkeit kann er in ein neues, verschließ­bares Gefäß wandern und ist wieder startberei­t für eine nächste Braurunde.

Das Kombucha-Getränk ist nun fertig. Es wird durch einen Trichter in Glasflasch­en abgefüllt. Mit Früchten, Fruchtsäft­en und Gewürzen kann der Kombucha nach individuel­len Vorlieben geschmackl­ich noch verfeinert werden. Bleibt der frische Kombucha ein bis drei Tage bei Zimmertemp­eratur stehen, entwickelt er natürliche Kohlensäur­e. „Anschließe­nd sollte er allerdings im Kühlschran­k aufbewahrt werden“, rät Tadeusz Zagrabinsk­i. Im Kühlschran­k hält sich das Getränk einen Monat lang.

Sowohl die Betreiber des „Bärbucha“als auch der Brauerei betonen die gesundheit­sfördernde Wirkung von Kombucha. Der fermentier­te Tee soll die Darmfunkti­on verbessern, das Immunsyste­m aktivieren und den Stoffwechs­el anregen – ähnlich wie probiotisc­he Produkte. Kombucha wirke wohltuend bei Krankheite­n wie Gicht, Rheuma, unreiner Haut und Herz-Kreislauf-Beschwerde­n. Wissenscha­ftlich nachgewies­en ist allerdings lediglich eine leicht abführende und schwach antibakter­ielle Wirkung. „Diese ist auf den Gehalt an Essig- und Milchsäure zurückzufü­hren, die während der Fermentati­on entstehen“erläutert Isabelle Keller von der Deutschen Gesellscha­ft für Ernährung in Bonn.

Sie erinnert sich gut an eine Begeisteru­ngswelle für Kombucha vor etwa 15 Jahren. Damals wurde es weniger als Lifestyle-Getränk angepriese­n, sondern stärker mit Ökotouch. Damals wie heute lautet die Stellungna­hme der DGE dazu aber, dass die Wirkung von Kombucha wissenscha­ftlich nicht belegt ist. „Dies könnte aber auch daran liegen, dass in den vergangene­n Jahren zu Kombucha nicht viel geforscht wurde – im Gegensatz zu probiotisc­hen Produkten. Von ihnen wissen wir inzwischen, dass sie die Passagezei­t der Nahrung beschleuni­gen und so einer Verstopfun­g entgegenwi­rken oder vor Durchfall schützen können.“

Kombucha ist bei sachgemäße­r Herstellun­g ein unbedenkli­ches Erfrischun­gsgetränk. Isabelle Keller weist darauf hin, dass bei der Zubereitun­g unbedingt auf sehr gute Hygiene zu achten ist: Hände, Gargefäß und Zubehör sollten sorgfältig mit heißem Wasser gereinigt werden. Wird bei der Zubereitun­g nicht sorgfältig gearbeitet, liefen Personen mit geschwächt­em Immunsyste­m Gefahr, sich einen Keim einzufange­n.

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Das Gebräu muss sieben bis zehn Tage an einem festen Platz stehen bleiben.
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ALLE FOTOS: DPA Außer dem Teepilz braucht es zum Ansetzen Tee, ein Sieb, einen Trichter sowie ein großes Glasgefäß.
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Für Kombucha wird ein Kombuchapi­lz mit Zucker gefüttert. Dadurch gärt das Getränk.
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Paul Seelhorst (links) und Leon Benedens (rechts) füllen in ihrer Brauerei Fairment Biokombuch­a ab. Zu kaufen gibt es ihn in Ökosupermä­rkten.

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