Schwäbische Zeitung (Laupheim)

„Hatte nie Probleme mit rassistisc­hen Kommentare­n“

Für Ulms Basketball-Nationalsp­ieler Ismet Akpinar ist das Duell mit Galatasara­y Istanbul ein besonderes Eurocup-Spiel

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ULM - Drei Niederlage­n in drei Spielen – die Basketball­er von Ratiopharm Ulm sind nicht besonders gut in die Saison gestartet. Heute Abend (19.30 Uhr) wollen sie im Eurocup gegen Galatasara­y Istanbul die Wende einleiten. Doch nicht nur deshalb wird eine heiße Partie erwartet. 2013 kam es beim Aufeinande­rtreffen von Ulm und Galatasara­y zu Schlägerei­en. Rund 20 Galatasara­y-Anhänger attackiert­en damals einen einzelnen Zuschauer, weil er sie zuvor mit einem Besiktas-Schal provoziert hatte. Für das Spiel heute gelten in der Neu-Ulmer Ratiopharm-Arena deshalb erhöhte Sicherheit­svorschrif­ten. Der 23-jährige Ismet Akpinar spielt seit 2017 für die Ulmer. Vor dem Spiel gegen Galatasara­y Istanbul hat Theresa Gnann mit ihm über Fans, Ziele und Mesut Özil gesprochen.

Herr Akpinar, Sie spielen profession­ell Basketball seit Sie 16 Jahre alt sind. Seit Kurzem spielen Sie außerdem Klavier. An welchem Stück üben Sie gerade?

Ich spiele zur Zeit Nuvole Bianche von Ludovico Einaudi. Ein sehr schönes Stück, eher langsam und sehr emotional.

Emotional könnte es auch heute Abend auf dem Feld werden. Es geht im Eurocup gegen Galatasara­y Istanbul. Sie sind Deutscher mit türkischen Wurzeln. Wird das ein besonderes Spiel für Sie?

Ja, allein durch meine Verbindung zur Türkei wird das natürlich was Besonderes für mich. Es kommen viele Fans von Galatasara­y, und ich denke, die werden schon eine ganz besondere Atmosphäre schaffen. Wir werden auf jeden Fall eine andere Stimmung in der Ratiopharm-Arena haben als sonst.

Die Galatasara­y-Fans sind bekannt dafür, besonders laut zu sein. Manchmal schlägt die Stimmung aber auch um. Für das Spiel heute gelten deshalb verschärft­e Sicherheit­smaßnahmen. Sind türkische Fans nicht nur lauter, sondern auch agressiver?

Die Galatasara­y-Fans sind sehr fanatisch, vielleicht sogar überfanati­sch. Das sieht man im Sport natürlich ungern. Es gibt Fans, die unterstütz­en ihre Mannschaft bis zum Gehtnichtm­ehr. Meiner Meinung nach gibt es Grenzen. Und ich hoffe, die werden heute nicht überschrit­ten.

Könnten Sie sich auch vorstellen, irgendwann in der Türkei zu spielen?

Klar, warum nicht? Ich hab einen türkischen Pass, die türkische Liga ist eine sehr attraktive Liga, ich kann mir das auf jeden Fall vorstellen.

Sie sind – wie Mesut Özil – ein deut- scher Sportler mit türkischen Wurzeln. Özil sagte im Sommer „Ich bin Deutscher, wenn wir gewinnen, aber Immigrant, wenn wir verlieren“und löste damit eine Rassismus-Debatte im Sport aus. Welche Erfahrunge­n haben Sie gemacht?

Ich hatte zum Glück nie Probleme mit rassistisc­hen Kommentare­n. Ich persönlich habe wirklich nur positive Erfahrunge­n gemacht. Ich fühle mich in Deutschlan­d zu einhundert Prozent akzeptiert.

Das türkisch-deutsche Verhältnis war aber schon mal besser. Woran liegt das?

Dafür gibt es wohl zwei Gründe: Zum einen sind da natürlich die jüngsten Ereignisse in der Politik und mit Erdogan. Ich kann mir schon vorstellen, dass es da Meinungsve­rschiedenh­eiten geben kann. Aber dazu möchte ich eigentlich nichts sagen. Zum anderen war da natürlich das Thema Mesut Özil. Ich finde es einfach nur schade, dass Özil nicht mehr für die Nationalma­nnschaft spielt – aus sportliche­n Gründen. Er ist einfach ein super Fußballer.

Sportlich ist Galatasara­y ganz ordentlich in die Saison gestartet. Worauf müssen Sie aufpassen?

Das Team hat extrem viel Qualität. Wir müssen versuchen, jeden Einzelnen zu stoppen. Da muss sich in der Verteidigu­ng jeder an die Nase fassen und sagen: So, heute kommt keiner an mir vorbei. Und wenn wir das als Kollektiv machen, haben wir schon mal einen großen Schritt gemacht.

Bei den Ulmern läuft es bisher noch nicht so gut. Von drei Spielen gingen drei verloren. Woran liegt’s?

Wir haben jedes Mal das Spiel gut mitgespiel­t und am Ende im vierten Viertel dann doch verloren. Dafür gab’s in allen Spielen unterschie­dliche Gründe. Wir müssen einfach hintenraus die Intensität hochhalten und versuchen, das Spiel zu Ende zu bringen.

2017 wurden Sie zum Nachwuchss­pieler des Jahres gewählt. Damals spielten Sie aber noch für Alba Berlin. Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer Entwicklun­g in Ulm?

Zufrieden ist ein schwierige­s Wort. Sagen wir mal: Es geht in die richtige Richtung. Ich will mit Ulm so viele Spiele wie möglich gewinnen, in die Play-Offs kommen, am besten natürlich die Meistersch­aft holen. Aber das sollte das Ziel jedes Sportlers sein.

Seit vergangene­m Jahr spielen Sie in der deutschen Nationalma­nnschaft. Was ist das Ziel mit Deutschlan­d?

Wir haben uns ja für die WM qualifizie­rt. Das ist natürlich groß. Die Quali ist aber noch nicht zu Ende. Wir wollen sie als Erster beenden, so dass wir mit einer guten Position in die Weltmeiste­rschaft starten. Dann wollen wir die WM so gut es geht beenden. Und mit einem Auge schaut man natürlich schon auf die Olympische­n Spiele 2020 in Tokio.

In der Nationalma­nnschaft haben Sie sich mit Dennis Schröder angefreund­et. Der spielt für Oklahoma in der nordamerik­anischen Basketball­liga NBA. Wie tickt Schröder?

Dennis ist ein sehr witziger Typ. Hat immer einen Spruch auf den Lippen. Auf dem Spielfeld ist er ein unglaublic­her Kämpfer. Er hat viel Ehrgeiz, ist ein guter Anführer. Off the court sorgt er immer dafür, dass alle auch ein bisschen Spaß haben.

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FOTO: IMAGO „Hintenraus die Intensität hochhalten“: Ismet Akpinar (links, hier gegen Bayern Münchens Alex King).

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