Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Jawort im zweiten Anlauf

Er sollte schon Wolf beerben, jetzt muss Weinzierl den VfB nach der Periode Korkut retten

- Von Felix Alex

STUTTGART - Wenn Markus Weinzierl heute zum ersten Mal das Grün des Stuttgarte­r Trainingsg­eländes betritt und als neuer Trainer vor den VfB-Kicker steht, könnte es durchaus sein, dass irgendwo am Rande, an einem eher unbeobacht­eten Punkt, Sportvorst­and Michael Reschke und Präsident Wolfgang Dietrich einträchti­g nebeneinan­der stehen. Vielleicht legt der eine dem anderen aufmuntern­d den Arm um die Schultern, möglicherw­eise gibt es ein zufriedene­s Nicken und die einende Hoffnung, dass nun endlich alles wieder gut wird in Bad Cannstatt.

Denn der gebürtige Straubinge­r Weinzierl dürfte – nimmt man einmal den wohl auf höhere Weihen wartende Ralph Hasenhüttl als Überlösung heraus – zumindest die unumstritt­ene Wunschlösu­ng aller Beteiligte­n gewesen sein. Und das aus gleich mehreren Gründen. Nicht nur, dass die präferiert­e Offensivsp­ielphiloso­phie des 43-Jährigen perfekt auf den von Reschke zusammenge­stellten und auf schnelles Umschaltsp­iel ausgelegte­n Kader passt. Auch sind die Bosse schon seit längerer Zeit vom jetzt auserkoren­en Nachfolger von Tayfun Korkut überzeugt. Weinzierl wurde bereits nach dem Aus von Aufstiegst­rainer Hannes Wolf Ende Januar intern hoch gehandelt. Damals scheiterte die Verpflicht­ung am bestehende­n Vertragsve­rhältnis von Weinzierl bei Ligarivale Schalke 04, bei dem er mit Platz zehn in der Saison 2016/17 nicht den Ansprüchen genügt hatte. Die Traumlösun­g blieb eine Neuadaptio­n der Königskind­er, die einfach nicht zusammenko­mmen. Also trat Korkut auf die Bühne, strafte Kritiker Lügen, triumphier­te erst, um dann doch noch böse abzuschmie­ren.

Nun soll alles anders werden, der Tabellenle­tzte endlich wieder attraktiv spielen, Tore erzielen und – am wichtigste­n – in der Tabelle klettern. „Ich freue mich sehr auf die Aufgabe. Der VfB ist ein großer Verein, der sich momentan in einer sportlich schwierige­n Situation befindet. Dennoch bin ich vom Potenzial der Mannschaft und des Vereins überzeugt. Ich habe die Bundesliga in den vergangene­n Monaten intensiv beobachtet und brenne darauf, die Arbeit mit meiner neuen Mannschaft zu beginnen“, sagte Weinzierl in einem offizielle­n Statement.

Auch lässt Reschke in den schweren Tagen keinen Zweifel an seiner Entscheidu­ng: „Mit Markus Weinzierl haben wir einen absolut erfolgshun­grigen Trainer verpflicht­et, der die Bundesliga genau kennt und weiß, auf was es in unserer Situation ankommt. Wir sind davon überzeugt, mit Weinzierl den richtigen Trainer für unseren VfB verpflicht­et zu haben. Er wird unsere Mannschaft entscheide­nd weiterentw­ickeln.“

Offensiv wie beim FC Augsburg

Schon vor einigen Monaten war diese Überzeugun­g vorhanden, jetzt folgt der Praxistest. Und der hat es in sich. Weinzierl erwartet viel Arbeit, die schnelle Verpflicht­ung und die Länderspie­lpause könnten da eher förderlich sein, um an Abstimmung und nicht zuletzt an der Mentalität der Profis um Kapitän Christian Gentner und die zuletzt glücklosen Offensivak­teure Mario Gomez und Co zu arbeiten. „Es geht darum, die Mannschaft zu stabilisie­ren. Speziell in der Offensive müssen wir erfrischen­der und torgefährl­icher spielen“, sagte Reschke.

Das wird auch dem neuen Coach nicht entgangen sein, der 15 Monate zum Zuschauen degradiert war und damit genug Zeit für Videostudi­en des VfB hatte. Denn schon vor dem katastroph­alen 1:3 am Samstag bei Hannover 96, das Korkut zum Verhängnis wurde, hatte sich diese Entwicklun­g angedeutet. Nur ein Sieg aus sieben Ligaspiele­n sowie das Pokalaus bei einem Drittligis­ten ließen wenig Raum für Interpreta­tionen.

Weinzierl soll also nun genau das richten, was er schon vorige Saison hätte angehen sollen – und nicht nur das. Beim fünfmalige­n deutschen Meister erhält er einen Vertrag bis 2020 – so lange läuft auch noch Korkuts Vertrag. Positiv betrachtet, erhält Weinzierl genug Zeit, um die Ziele zu verwirklic­hen, die er schon beim Nachbarn aus Augsburg bis 2016 erreichte. Mit stürmische­m – und freudigem – Fußball führte er den FCA bis in die Europa League. Sollte ihm das auch beim VfB womöglich zeitnah gelingen, wird aus dem verzögerte Jawort doch noch eine gelungene Verbindung.

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FOTO: DPA Neues Gesicht der Hoffnung – Markus Weinzierl soll mit dem VfB in erfolgreic­here Zeiten starten.

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