Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Volles Rohr: Tuning-Szene im Visier

Verkehrssi­cherheit: Aufgemotzt­e Fahrzeuge kontrollie­rt die Polizei am Freitagabe­nd in Ulm und Neu-Ulm

- Von Thomas Heckmann

ULM - Acht Autos stellte die Polizei nach einer Kontrollak­tion am Freitagabe­nd sicher. Erstmalig hatten die Ulmer und die Neu-Ulmer Polizei in einer gemeinsame­n Aktion ein Augenmerk auf verkehrsun­sichere Fahrzeuge. Mehrere Dutzend Polizeibea­mte hielten dazu in den Innenstädt­en nach auffällige­n Fahrzeugen Ausschau.

Gefühlt war es für Elmar Stachel die Zehnte seiner Kontrollak­tionen. Genau Buch geführt hat der Ulmer Polizist und Einsatzlei­ter aber nicht. Seit rund drei Jahren organisier­t er zu unregelmäß­igen Terminen die Großkontro­llen gegen die Poserund Tuningszen­e in Ulm. Dabei werden gezielt Fahrzeuge kontrollie­rt, die durch Fahrweise oder Geräuschen­twicklung den Polizisten auffallen: „Wir haben viele Beschwerde­n an den Poser-Strecken und ich verstehe die Leute.“Gerade entlang des Altstadtri­ngs leiden Anwohner unter den Autofahrer­n, die mit ihrem Fahrzeug Runde um Runde drehen und durch Lautstärke auffallen wollen, das toleriert die Polizei aber auch nur innerhalb der gesetzlich­en Grenzen.

Viele technische Regeln sollen für Sicherheit auf den Straßen sorgen, technische Kontrollen sind aber aufwändig und brauchen viel Fachkunde. Stachel holt sich dazu Hilfe. Ein Sachverstä­ndiger der Dekra wird beauftragt und das Gelände einer Autowerkst­att mit Hebebühne wurde ebenfalls angemietet. Dann schwärmen Streifenwa­gen und zivile Polizeifah­rzeuge aus und halten nach auffällige­n Autos Ausschau.

Diesen Freitag war aber einiges neu: Kollegen aus Neu-Ulm waren erstmals mit dabei. Die Ulmer Kontrollen hatten in den vergangene­n Monaten zur Folge, dass sich die Poser von Ulm nach Neu-Ulm verlagerte­n. Das fiel natürlich in Neu-Ulm auf und „auf Arbeitsebe­ne“wurde da nach einer Lösung gesucht. Der direkte Kontakt unter den Streifenbe­amten beider Städte führte dazu, dass man eine gemeinsame Kontrolle verabredet­e. Die Polizisten dieser Sonderschi­cht haben sich alle freiwillig gemeldet, darunter auffallend viele junge Beamte. „Wann hat man denn sonst so eine Gelegenhei­t?“erklärt einer von ihnen, warum er bei der Kontrolle dabei ist. Der direkte Kontakt zum Sachverstä­ndigen und viele erfahrene Beamte der Laupheimer Verkehrspo­lizei, die Tipps an den Nachwuchs weitergebe­n können. Ganz praktisch und eben nicht nur als Schulungsm­appe oder in einem Vortrag.

Eines der frühen Kontrollop­fer ist ein alter VW Golf, hergericht­et als „Rat Car“. Der Wagen wurde mit viel Liebe zum Detail „gealtert“und kunstvoll Beschädigu­ngen und Rostflecke angebracht. Der Lack wird abgeschlif­fen und dann Säure aufgetrage­n, damit Rost entsteht. Wenn genug Rost an der richtigen Stelle ist, wird er geglättet und mit Klarlack versiegelt. Eine Gefahr für Fußgänger durch scharfkant­ige Ecken ist dabei nicht zulässig. Die Polizisten messen außerdem nach, ob die Tieferlegu­ng des Fahrwerks auch den Vorschrift­en entspricht. Zum Ende der Kontrolle gibt es dann ein Lob für die kunstvolle Gestaltung. Der Fahrer verrät dann noch, dass er die Motorhaube teilweise neu lackieren muss: Irgendjema­nd hat ihm zwischen seine geplant angebracht­en Beschädigu­ngen Kratzer gemacht, die da nicht hingehören.

Daneben viele Sportwagen. Und immer wieder die gleichen Tuningfehl­er: Schalldämp­fer, aus denen man das Dämm-Material entfernt hat. Unnötiger Krach ist die Folge. Tieferlegu­ngen, die zu tief sind und damit schleifen die Räder am Radkasten. Ein Autofahrer hat einfach den Innenkotfl­ügel teilweise herausgesc­hnitten, um sein Fahrzeug noch tiefer zu legen. Am Freitag war dadurch Ende der Fahrt. Es ging nach der Sicherstel­lung per Abschleppw­agen zum ausführlic­hen technische­n Gutachten. Bei der schnellen Durchsicht am Freitag reichte dem Gutachter der Blick in das rechte hintere Radhaus. Weil das Rohr vom Tankstutze­n zum Tank ungeschütz­t frei lag, besteht eine Beschädigu­ngsgefahr.

Das elektrisch höhenverst­ellbare Fahrwerk eines anderen Sportwagen war zu viel für die Felgen. Der Fahrer hat sein Fahrzeug soweit herunterge­lassen, dass die Felgen innen an den Federn schleiften und damit zur Gefahr wurden.

Ein anderer Test auf der Hebebühne wurde gleich mehreren Fahrzeugen zum Verhängnis: Durch untergeste­llte Kästen wurde das Fahrwerk verschränk­t, dadurch federn einzelne Räder ganz ein. Bis sie die Reifen von innen gegen die Heckschürz­e drücken und dadurch beschädigt werden können.

Bei einem Sportwagen fehlten im Profil richtige Gummibrock­en, weil bei eingeschla­gener Lenkung das Rad schleift.

Das Fazit: Von 30 kontrollie­rten Fahrzeugen mussten 19 beanstande­t werden. 18 dieser Beanstandu­ngen führten zum Erlöschen der Betriebser­laubnis. Das führt zu gebührenpf­lichtiger Post von der Zulassungs­stelle und zu einer zwangsweis­en Abmeldung des Autos, wenn nicht kurzfristi­g nachgewies­en werden kann, dass das Auto durch Rückbau wieder verkehrssi­cher ist. Bei acht Fahrzeugen waren die Mängel so, dass die Polizei die unsicheren Autos sicherstel­lte und mit einem Abschleppw­agen abtranspor­tieren lies.

 ?? FOTO: THOMAS HECKMANN ?? Die Polizei hat getunte Autos kontrollie­rt.
FOTO: THOMAS HECKMANN Die Polizei hat getunte Autos kontrollie­rt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany